From Dust
Mit der Hand in Gottes Sandkasten
Hinweis: Braucht ihr Hilfe beim Spiel? In unserer Komplettlösung zu From Dust findet ihr Tipps und Lösungswege.
Gestern unter der Dusche: Mit der Zahnbürste im Mundwinkel beobachte ich, wie das Wasser seine Runden über dem Ausguss dreht, um auf Nimmerwiedersehen im verchromten Loch in der Emaille zu verschwinden. Sah eigentlich ganz harmlos aus. Harmlos und vor allem irgendwie unrealistisch.
From Dust ist mal wieder eines dieser seltenen Spiele, deren Bildsprache und Mechanismen auch lange nach dem Genuss noch nachglühen, um sich zu jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit über euren Alltag zu legen. Assassin's Creed war so eines, weil man danach auf dem Weg zur Arbeit die Häuser seiner Nachbarschaft nach dem kürzesten Weg aufs Dach absuchte. Und Gran Turismo sorgte 1997 dafür, dass man sich doch ein bisschen über die "komische" Steuerung des Fahrschul-Golf-3's wunderte.
Allen drei Spielen ist die beinahe anfassbare Qualität ihrer Welt gemeinsam - und From Dust treibt diesen Begriff mehr oder weniger auf die Spitze. In dieser Götter-Simulation von Eric Chahi, dem Franzosen, dem wir den Amiga-Klassiker Another World und - später - Heart of Darkness für die PSone zu verdanken haben, bewegt ihr überaus realistisch animierte Land- und Wassermassen, um einen Stamm exotisch maskierter Frühmenschen vor den Naturgewalten zu beschützen.
Ihr seid nicht mehr als ein schlangenhafter Cursor, der wo er mag in die Erde greift und den Klumpen Dreck dann zu einer Düne anhäuft. Nach und nach verkehrt ihr auf diese Weise Täler ins Gegenteil oder lasst sogar ganz neue Inseln aus der wogenden See sprießen. Ihr schichtet Brücken über Lavaströme auf oder leitet Flüsse um wie, ja, wie ein junger Gott. Selten hat man sich in einem Spiel so mächtig gefühlt.
Und dennoch wird man sich schnell bewusst: Auch wenn es nicht euer Leben ist, das hier auf dem Spiel steht, sondern "nur" das eurer im Einzelnen prinzipiell entbehrlichen Untertanen, so seid auch ihr dem periodischen Muskelspiel der Elemente doch eigentlich ausgeliefert. Lava und Wasser könnt ihr bremsen, umleiten, verdampfen lassen oder kurzzeitig in Gelatine verwandeln, um für eure Jünger anschließend das Meer zu teilen. Letzten Endes werden die Elemente die Welt aber immer mehr beeinflussen und formen als ihr, was regelmäßig für beeindruckende Kettenreaktionen sorgt.
Eine zufällig freigelegte Wasserquelle ergießt sich ins Tal, anstatt sie aber wieder zu schließen, schaut man lieber zu, wie der pittoreske Fluss physikalisch korrekt in der Senke am Fuße eures ersten Dorfes einen nett anzusehenden See bildet. Das kann sich allerdings schnell als schwerer Fehler entpuppen, denn, wenn Titanic uns eines gelehrt hat, dann das: Wasser ist heimtückisch.
Dieser Fluss könnte nämlich durch das Abtragen der Erdmassen - die an anderer Stelle sogar wieder ansehnlich sedimentieren, wodurch sich teilweise die ganze Insel ein Stück verlagern kann - weitere Quellen freilegen, die nach und nach dafür sorgen, dass schnell die halbe Karte unter Wasser steht.