GC: Robert Ludlum's Bourne Conspiracy
Identitätsprobleme
Seit ich denken kann, sind Filmumsetzungen ein schwieriges Thema. Nur wenigen Titeln ist es gelungen, die Atmosphäre des Films einzufangen und daraus ein gutes Spiel zu stricken. Viel zu oft werden unter viel Zeitdruck lieblose Versoftungen auf den Markt geworfen, um vom enormen Marketing der Blockbuster zu profitieren. Insofern haben die Entwickler von Robert Ludlum's Bourne Conspiracy Glück gehabt. Bis ihr Werk veröffentlicht wird, sind die drei Spionage-Thriller mit Matt Damon schon lange aus dem Kino verschwunden und spuken nur noch in der Videothek umher. Deshalb können sie sich alle Zeit der Welt lassen, um die kraftvollen Action-Streifen ohne Abstriche auf den heimischen Bildschirm zu holen.
Die High Moon Studios gehen sogar noch einen Schritt weiter und werden im Rahmen der Spielhandlung auch Abschnitte zeigen, die auf der Kinoleinwand nicht zum Zuge gekommen sind. „Bourne ist eine 30 Milllionen Dollar teure Waffe, die erst später fehlgeleitet wurde“, erklärt Chief Creative Officer Emmanuel Valdez. Deshalb wollen sie Geschichten erzählen, in der die Bourne Identität noch als Auftragskiller für die Regierung arbeitete. Dadurch soll das Spiel Fans und Neueinsteiger gleichermaßen in seinen Bann ziehen.
Auch der Stunt-Koordinator der drei Kino-Blockbuster ist mit von der Partie, um das Kampfsystem authentisch auf den Bildschirm zu zaubern. Allein Bourne selbst, der Schauspieler Matt Damon, wird im Spiel durch eine andere Figur ersetzt, weil der amerikanische Jungschauspieler nach dem Bourne Ultimatum (gerade angelaufen) seinen Rücktritt als meist gesuchter Verräter der USA bekannt gegeben hat.
Langweiliger Hauptdarsteller, klasse Inszenierung
Auch wenn Matt Damon – meiner Meinung nach – die perfekte Besetzung für die Rolle des unschein- und nahezu unsichtbaren Bourne darstellt, ist ein Austausch der Spielfigur nicht zwangsläufig ein Beinbruch. Doch leider wurde eine so langweilige Figur entwickelt, dass man sich Hände ringend Matt Damon herbeiwünscht. Das Allerweltsgesicht wirkt dank einiger hässlicher Klamottendetails fast lächerlich und enttäuscht auf ganzer Linie – Höhepunkt ist der grässlichste Neopren-Anzug der Spielgeschichte.
Das alles fällt umso dramatischer aus, weil das Spiel sonst nur so von innovativen Ideen sprudelt. Emmanuel Valdez bestätigt auf unsere Nachfrage, dass sie selbst noch nicht mit ihrer Wahl zufrieden sind. Dafür zeigt er uns, mit wie viel Liebe zum Detail die Kamera und das Kampfsystem umgesetzt wurde. Wie schon beim Leinwand-Vorbild ist der Blickwinkel nicht hinter Bourne fixiert, sondern fängt seine Bewegungen und Aktionen immer wieder ein. Während der Kämpfe zoomt sie zum Beispiel heran und liefert meistens eine Seitenansicht, um die Schläge besser koordinieren zu können. Bei Sprüngen über einen Absprung zoomt die Kamera wieder heraus und zeigt den Abgrund.
Wenn man hinter einer Deckung kauert, sorgt ein schneller Schnitt für den perfekten Überblick und beim Einsatz von Waffen blickt sie über die Schulter. So ist es den Entwicklern gelungen, die Dynamik des Films einzufangen und erlebbar zu machen. Dieser Ansatz wurde übrigens auch bei den Zwischensequenzen umgesetzt, die zum Teil direkt im Spiel ablaufen. Als Besonderheit kann man die Skripte sogar unterbrechen, sich dadurch aber auch das Leben schwer machen.
Ähnlich gut präsentiert sich auch das Kampfsystem. Mit nur einem Button können schon recht komplexe Attacken ausgelöst werden, die stark vom Timing und vor allem von nahen Gegenständen bestimmt werden. Bei mehreren Gegnern lösen Quicktime-Abfolgen brutale Schlagserien aus, die oft das Ende der Kampfhandlungen bedeuten. Die Animationen erinnern dabei stark an die Film-Choreographien und begeistern durch ihre direkte und fast schon elegante Ausführung.