Ghost Trick: Schöpfer Shu Takumi erzählt uns von den Vorzügen einer toten Hauptfigur
Von winzigen Details zu geheimen Tracks: Das Team verrät alles zum Phantom-Detective
Ghost Trick: Phantom-Detektiv ist ein alter Krimi für den DS, der nach einem zeitlosen Prinzip funktioniert: Spannung, Rätsel, Geheimnisse und ein paar erinnerungswürdige Charaktere. Der große Twist: Ein toter Protagonist wird dazu gezwungen, seinen eigenen Tod aufzuklären. Die Geschichte schreibt Shu Takumi selbst, nachdem bereits sein ungewöhnlicher Anwalt Phoenix Wright für internationale Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Zwölf Jahre später entscheidet sich Capcom dazu, Ghost Trick als Remaster für aktuelle Konsolen zu veröffentlichen, um einen alten Geist wieder aufleben zu lassen.
Wir durften mit Shu Takumi über das Remaster sprechen. Außerdem wollen wir natürlich wissen, wie es mit Ghost Trick weitergehen könnte. Zusätzlich halten Atsushi Maruyama, Leiter der Neuauflage, und die Komponisten Yasumasa Kitagawa und Masakazu Sugimori ebenfalls spannende Einblicke in die Arbeit am Spiel bereit.
Eurogamer.de: Gibt es eine persönliche Geschichte hinter Ghost Trick? Gab es bestimme Medien, die einen Protagonisten inspirierten, der zu Beginn des Spiels tot ist?
Shu Takumi: Es gab keinen bestimmten medialen Einfluss, der mich dazu brachte einen Hauptcharakter zu nutzen, der von Anfang an tot ist. Ich wollte, dass sich Ghost Trick von Ace Attorney unterscheidet. Das Erste, woran ich dachte, sind Ensemblefilme. Ein Konzept, bei dem ein Geheimnis von verschiedenen Figuren gehütet wird. Meine erste Idee war eigentlich eine Reihe von Wohnungen, in die man hineinschauen kann, um ihre Bewohner zu beobachten. Dann müsste man herausfinden, was sie verheimlichen.
So habe ich überlegt, was für ein Protagonist am besten in dieses Szenario passt und es gab nur eine richtige Antwort: Ein Geist! Dann habe ich darüber nachgedacht, welche Fähigkeiten so ein Geist wohl hätte und so sind wir bei einem spannenden Drama mit zeitlich limitierten Rätseln gelandet, in dem es darum geht herauszufinden, wie die Hauptfigur gestorben ist.
Eurogamer.de: Was waren die größten Herausforderungen dabei, das Spiel vom Nintendo DS für aktuelle Konsolen umzugestalten? Wie seid ihr vorgegangen, um zwei Bildschirme auf einen zu reduzieren, ohne dabei die Atmosphäre und Spielelemente aus dem Original zu verlieren?
Atsushi Maruyama: Die größte Aufgabe war wohl die Benutzeroberfläche. Diese hat einen Einfluss auf das gesamte Spiel, deshalb war es uns wichtig jedes Element richtig zu platzieren. Am schwierigsten fiel uns dabei die Funktion, mit der Sissel Gegenstände kontrollieren kann. Wir haben immer aus der Perspektive eines Spielers gedacht, um die richtige Positionierung zu finden, denn diese Funktion ist entscheidend für den Spielablauf.
Eurogamer.de: Ich persönlich mag den Pixellook vom Original, aber das HD-Remaster scheint mehr an der Optik getan zu haben, als nur die Kanten zu glätten. Welche Änderungen habt ihr vorgenommen?
Maruyama: Mit der höheren Auflösung sieht man nun alle Details der Charaktere - erst recht, wenn sie sich bewegen. Wir haben deshalb Kleinigkeiten, wie Gesichtsausdrücke oder Kleidung, überarbeitet. Somit wollen wir die Atmosphäre des Originals und den Eindruck, den jede einzelne Figur hinterlässt, beibehalten
Eurogamer.de: Wie man gut in der Demo sehen kann, durchbrechen die Witze in Ghost Trick gerne mal die vierte Wand. Entstehen diese Witze auf eine natürliche Weise beim Schreiben oder priorisiert das Team Humor absichtlich während der Entwicklung?
Takumi: Die wichtigsten Elemente im Spiel sind Geheimnisse und Humor. Ein mysteriöses Gefühl kann mit den Rätseln erzeugt werden, die Spielerinnen und Spieler überraschen. Der Humor entsteht in skurrilen Situationen und dem Dialog zwischen den Figuren. Ich selbst hab keinen Einblick in die Lokalisierung, heißt also ich weiß nicht, in welchem Kontext die Witze transportiert werden. Ich frage mich deshalb oft, ob alle an den gleichen Stellen im Spiel lachen!
Eurogamer.de: Die Geschichte des Spiels kann richtig emotional werden. Viele meiner Freunde mussten beim Original weinen. Hat das Team während der Entwicklung ebenfalls ein paar Tränen vergossen?
Takumi: Oh, das würde ich jetzt auch gerne wissen. Um ehrlich zu sein, hatte ich so viel zu tun, dass ich nicht einmal bemerkt habe, ob sie weinen mussten oder nicht (lacht). Allerdings musste ich selbst beim Schreiben oft weinen. Wie auch immer, dass ihr beim Spielen geweint habt, nehme ich auf jeden Fall als Kompliment!
Eurogamer.de: Wie seid ihr an den Soundtrack rangegangen? Es gibt ganze 37 neue Arrangements und sogar einen ganz neuen Track. Habt ihr alles komplett neu aufgenommen?
Yasumasa Kitagawa: Die verschiedenen Klänge haben wir ganz neu aufgenommen, aber die Musik konnte dank MIDI-Dateien präzise wiederhergestellt werden. Das war wichtig für das Timing der Noten, denn ich fürchte ein typisches Re-Arrangement, in dem ich neue Musik in einen alten Track einbinde oder in der sich die Abfolge ändert, wäre nicht das, was sich Fans wünschen. Als Ghost Trick Fan weiß ich, dass Menschen, die das Spiel lieben, auch eine große Hingabe zum Soundtrack haben. Ich wollte, dass dieser Teil des Spiels dem Original so treu wie möglich bleibt.
Masakazu Sugimori: Der neue Track ist eine Idee, die ich schon lange für das Spiel hatte. Als mir angeboten wurde, neue Musik beizusteuern, konnte ich die Idee endlich in die Tat umsetzen. Übrigens gibt es einen weiteren Track für Ghost Trick von dem nur Shu Takumi selbst weiß... Ich hoffe, der wird irgendwann ebenfalls das Licht der Welt erblicken!
Eurogamer.de: Nicht nur der Soundtrack fällt auf, sondern auch (ähnliche wie bei Ace Attorney) die Sound-Effekte. Ob es ein Geräusch ist, wenn eine Figur etwas bemerkt, der Tausch von Objekten oder das Geräusch, das Kamilas Kopfhörer machen, wenn sie Musik hört - Wie entwickelt das Team solche Geräusche und wie schafft ihr es, das perfekte Timing dazu zu finden?
Takumi: Die Person, die bei Ghost Trick diese Effekte macht, ist dieselbe, wie bei Phoenix Wright: Ace Attorney. Der Klang ist seinem makellosen Geschmack zu verdanken. Beide Titel habe ich unzählige Male gespielt und dann selbst entschieden, wann diese Klänge eingesetzt werden. Der perfekte Zeitpunkt eines Effekts und der Start der Musik hängt von der Bedeutung in der Szene selbst ab - und von einem Gefühl der Unumgänglichkeit. Wir Entwickler freuen uns immer darüber, wenn Spieler dieses Gefühl bemerken.
Eurogamer.de (an Shu Takumi): Was ist an Krimis so faszinierend und warum fühlen Sie sich dazu hingezogen, diese Geschichten anhand von Videospielen zu erzählen?
Takumi: Egal in welchem Unterhaltungsformat liebe ich Überraschungen. Meine Motivation liegt darin, Spieler zu überraschen, wenn sie Lösung eines Rätsels oder ein Geheimnis aufdecken. Irgendwann kommen die Andeutungen zusammen und ergeben das unerwartete Finale. Ich denke, Videospiele sind das perfekte Werkzeug dafür. Schließlich lösen die Menschen vor dem Bildschirm die Rätsel selbst, dadurch sitzt das Überraschungsmoment noch tiefer.
Eurogamer.de (an Shu Takumi): In einem Magazin erwähnten Sie mal, dass Sie gerne ein Ace Attorney Crossover mit Ghost Trick sehen würden. Sehen Sie das immer noch so, obwohl das mittlerweile zehn Jahre her ist?
Takumi: Habe ich das wirklich gesagt? (lacht) Das habe ich total vergessen, aber das klingt nach einer lustigen Idee. Ich würde mich freuen, wenn jemand anderes das macht, dann könnte ich das Werk mehr genießen!
Wir bedanken uns bei dem Team für die vielen Einblicke zum Remaster von Ghost Trick: Phantom-Detektiv. Das Remaster erscheint am 30.06.2023 für PC, Xbox, PlayStation und Switch. Eine Demo ist bereits spielbar.