God of War 2
Der Herr hat's gegeben...
Hellas! Vielleicht sollten wir eines klären: Ich werde diesen Artikel nicht mit einer Abhandlung darüber beginnen, wie toll doch God of War war. Das ist es heute noch, keine Frage, aber das wisst Ihr doch schon lange (und solltet Ihr es noch nicht wissen, habt Ihr Euch vermutlich bei der URL vertippt). Ich werde ebenfalls darauf verzichten, Euch mit bedeutungsschwangeren Phrasen und gewollt vehementer Wortwahl auf den Tonfall des Nachfolgers einzustimmen. Denn neben den brutal-morbiden Fantasien und der schieren Gigantomanie eines God of War 2 sind die Worte eines Sterblichen nichts weiter als ein klägliches Wimmern – Schall und Rauch, die wirkungslos vor dem Ziel vergehen. Und obgleich sie nicht ganz unbedeutend ist, schließe ich diese Einleitung auch nicht mit der obligatorischen Frage, ob God of War 2 besser ist als sein Vorgänger, der seit 2005 bei allen Action-Freunden einen Stein von der Größe der Peleponnes im Brett hat.
Aber warum eigentlich nicht? Nun, das alles wäre viel zu einfach, zu schnöde, zu langweilig für ein Spiel, das sich selbst die allergrößte Mühe gibt, Sekunde für Sekunde zu unterhalten. Ein Spiel, das darauf bedacht ist, dass sein Nutzer keinen Schritt umsonst tut und Tonnen an Kreativität darauf verwendet, jederzeit aufregender zu sein, als noch Augenblicke zuvor. Das hier ist endlich mal wieder Spielen um des Spielens Willen, ohne auf dem Weg zur Endstation Meter um Meter platt getretenes Füllmaterial mit den Sandalen zu wienern. Sony Santa Monica inszeniert God of War 2 gekonnt im Hier und Jetzt - stets mit dem Blick auf Kratos‘ spektakuläre Agenda, aber immer mit beiden Sandalen im aktuellen Level. Das Abenteuer passiert eben unterwegs und nicht erst mit dem Fall des finalen Bosses. The end begins – und Ihr seid jede Minute dabei!
Große Taten erforden ja bekanntlich große Männer. Beste Vorraussetzungen also für den "Geist von Sparta", schließlich ist er nach seinem Triumph über Kriegsgott Ares selbst in die olympischen Ränge aufgestiegen und misst nunmehr geschätzte 326 Meter vom kleinen Zeh bis zum großzügig dimensionierten Scheitel. Da alte Gewohnheiten bekanntlich selten mal wirklich sterben, nimmt es Kratos mit seiner neuen Berufsbezeichnung „Kriegsgott“ allerdings ein wenig zu genau. Zumindest für die Begriffe von Zeus und Co. Man kennt das ja: Die Vorgesetzten sehen in dem kriegstreibenden Emporkömmling eine Bedrohung und so werden kurzerhand „Umstrukturierungsmaßnahmen“ beschlossen, die Kratos seinen Job, Dienstwagen, Personalparkplatz und am besten auch noch den markanten Kopf kosten sollen.
Das zumindest ist das Thema einer der aufregendsten Eröffnungssequenzen aller Zeiten. Während das breite Grinsen, der starre Blick und die bis zum Anschlag hochgezogenen Augenbrauen das Gesicht des Spielers zu einer bizarren Maske verformen, ist dieser sich sicher: Die einleitende Schlacht gegen den gigantischen Koloss von Rhodos allein hätte anderen Herstellern als festliches Finale für ihren Weihnachtsblockbuster genügt. Sony Santa Monica hingegen setzt uns ganz zu Beginn in den ersten Wagen dieser emotionalen Achterbahn und deutet damit vortrefflich das Spektakel an, das den Spieler noch erwartet. Nach der Demo hatte ich insgeheim schon ein bisschen Angst, dass die Kalifornier dieses Tempo eventuell nicht halten können und das Erlebnis von da an eine Talfahrt mit nur vereinzelten Spitzen werden würde. Schließlich konnte ich mir seinerzeit nicht vorstellen, wie der Rest des Spieles dieses Inferno noch hätte toppen können. Im Nachhinein muss ich darüber schon ein bisschen schmunzeln, denn die Kreativen von der West Coast halten (An-)Spannung, Einfallsreichtum und Herausforderung tatsächlich auf konstant hohem Niveau.
Ein Kunststück, das gelingt, weil die Szenarien mit ihren Aufgaben und Widersachern nichts anderes sind als eine Aneinanderreihung von „Wow“s. Es ist, als ob ein mehrere hundert Köpfe umfassendes Team der besten Spieledesigner monatelang nur mit der Frage beschäftigt hätte, was sie selbst gerne mal erleben würden und anschließend all diese Ideen zu einem Spiel komprimiert hätten. Ob man nun auf dem Titanen Atlas herumkraxelt, der die Erdkugel auf seinem Rücken trägt oder über eine kilometerlange Kette, deren Last selbst Godzilla das Rückgrat brechen würde, zu einem Gespann unbeschreiblich großer Pferdestatuen aufbricht: Dieses Spiel wartet mit gestalterischen Superlativen auf, von denen man noch nicht einmal wusste, dass sie existieren. Unabhängig von der Plattform. Selbst (oder „gerade“) Next-Gen Freaks haben keine Ausrede, dieses technische Meisterwerk nicht zu besitzen. Vor allem nicht, solange PS3 und Xbox 360 noch eine vergleichbare künstlerische Qualität und grafische Erhabenheit vermissen lassen. Entschuldigt ist nur, wer unter einer starken Tearing-Allergie leidet, denn auch in diesem Segment stellt God of War 2 einen neuen Rekord auf. Mich hat es nur selten gestört, dennoch scheint es an manchen Stellen, als würde Kratos selbst das Bild mit einem Hieb in zwei Hälften teilen.