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Grand Theft Auto IV

Großes Kino beim Besuch in London

London, Stadtteil Chelsea, King's Road 555: Ein einfacher Backsteinbau unweit des Fußballstadions symbolisiert eindrucksvoll die Informationspolitik des verschwiegendsten Entwicklers der Spielebranche. Rockstar möchte weder ungebetene Gäste noch begeisterte Fanmassen. Kein Klingelschild und kein noch so kleiner Hinweis sind von außen zu erhaschen. Stattdessen werden wir zum Hintereingang geführt, wo wir über eine nackte Sprechanlage endlich Zugang in die heiligen Hallen erhalten, um eine erste Version des Next Generation-GTAs bestaunen zu können.

Dabei ist unser Besuch an sich schon eine kleine Sensation. Normalerweise rücken die Engländer erst kurz vor der Veröffentlichung mit spielbarem Material heraus. Doch diesmal geht es um mehr als nur ein weiteres Sequel. Diesmal möchte Rockstar das eigene Genre neu erfinden und die Kritiker Lügen strafen. Denn nach den beiden gelungenen PSP-Ausflügen, sorgten die PlayStation 2-Umsetzungen von Liberty City Stories und Vice City Stories für Unmut unter den Fans. Zu sehr rochen sie nach Abzocke und Innovationslosigkeit.

Deshalb muss Grand Theft Auto IV ein großer Wurf werden. Und zum Beweis wurden wir nach Chelsea geschickt und bekommen jetzt auf einem gewaltigen 65 Zoll Plasma-Fernseher einen ansehnlichen Demo-Level vorgeführt. An den Pads: PR Director Hemish Brown und Product Manager Hugh Michaels. Auf dem Bildschirm: Immigrant Nico Belic und der Stadteil Broker.

I'm an Alien in New York

Tarnmodus an: Kein Schild und keine Klingel, stattdessen Überwachungskameras.

Der osteuropäische Einwanderer dachte eigentlich, dass er in einem Schlaraffenland ankommt. Sein Cousin Roman erzählte ihm das große Märchen von Reichtum, dicken Autos und Frauen. Worauf der Gangster seine Sachen packte und nach Liberty City auswanderte. Doch statt ein Leben voller Saus und Braus zu führen, arbeitet sein Cousin in einem schäbigen Taxiunternehmen. Mitten in Broker, das den New Yorker Stadtteil Brookyln darstellen soll, sitzt nun Nico und muss sehen, was er aus der Situation macht. Er ist ein Außenseiter in einer gewaltigen und vor allem unfreundlichen Stadt. Er hat keine Arbeit, kein Geld und seine Fähigkeiten beschränken sich auf Raub, Diebstahl und Menschenschmuggel.

Während die Demo startet und wir uns in dem schäbigen Warenhaus von Romans Taxizentrale befinden, erzählen uns die beiden Reiseführer von der Stadt, die diese düstere Geschichte tragen soll. Der Titel spielt zwar in der Gegenwart, doch in Rockstars Version von New York hat es den Aufschwung der letzten Jahre nicht gegeben. Die Straßen und Gebäude sind herunter gekommen. Die Verbrechensrate befindet sich auf dem Niveau vor Bürgermeister Rudolph Guilianis Sicherheitsoffensive „Zero Tolerance“. Manhatten beziehungsweise Algonquin ist vor allem nachts ein gefährlicher Ort.

Ein Anti-Held, wie er im Buche steht: Hässlich, hinterhältig und gemein.

Doch als wir in GTA IV eintauchen, herrscht noch strahlender Sonnenschein. Die Sonne bricht durch die Deckenfenster des Warenhauses und taucht das Szenario in ein unwirkliches Licht. Aus einem Radio schallt Ruslanas Eurovision-Song „Wild Dances“ aus dem Jahr 2004. Draußen sieht man durch die Fenster Passanten vorbei laufen, die ihrem normalen Tagesgeschäft nachgehen. Ein Kameraschwenk in Richtung Sonne blendet uns. Gleichzeitig sorgt der tief stehende Feuerball für lang gezogene Schatten, die durch die runden Kanten extrem realistisch wirken. Nico selbst sieht heruntergekommen aus. Er ist in einen speckigen Trainingsanzug gekleidet und man merkt ihm sein Alter von weit über 30 deutlich an. Mit ein paar Joystick-Bewegungen führt Hugh Michaels unseren Protagonisten auf die Straße.

Eine Stadt voller Leben

Mitten in Broker dominieren alte Backsteingebäude das Straßenbild. Passanten gehen ihren Geschäften nach, sitzen auf Bänken oder unterhalten sich mit Freunden. Neben den herausragenden Details fällt sofort die Natürlichkeit des Szenarios ins Auge. Keine Stereotypen, sondern echte Menschen scheinen sich hier durchs Leben zu schlagen. Aus diesem Grund wollen uns die Rockstars auch keine filmischen Vorbilder nennen. Sie wollen keinen fremden Stil imitieren, sondern selbst Zeichen setzen. GTA IV soll erzählerisch neue Wege beschreiten und die Fans von Anfang bis Ende mitreißen. Davon gibt es erst einmal nichts zu sehen. Die Demo soll uns nur die Spielwelt zeigen, jede Form von Story wurde bewusst ausgeklammert.