Guitar Hero: Warriors of Rock
Rock is back, aber ich will immer noch meinen Gutschein.
Hier ist meine Idee des idealen Reboots der etwas ins Schlingern geratenen Guitar-Hero-Reihe: Verkauft das Programm für 60 Euro, aber packt nur eine Handvoll Songs drauf. Stattdessen gibt es einen Gutschein für irgendwas um die 80 Songs, die ich mir dann im Guitar-Hero-Online-Shop selber zusammenstellen kann. Das beinahe perfekte Interface des fünften Teils plus mein eigener Musikgeschmack.
Hier ist, was stattdessen passiert: Rock is back! So ruft Gene Simmons – seines Zeichens Sänger von KISS – uns zu und spinnt eine hanebüchene Geschichte um einen Dämon und den Krieger, der es vor Äonen nicht schaffte, ihn zu besiegen. Oder vielleicht doch, ich hab nicht so genau aufgepasst, das Bierfass musste seriengemäß noch angezapft werden. Jedenfalls ging irgendeine legendäre Axt verloren. Und jetzt, da der Dämon sich wieder rührt, müssen die Helden der Guitar-Hero-Reihe zu den Warriors werden, indem sie ihre True Form of Rock finden. Oder so ungefähr jedenfalls. Wichtig ist, das Ganze auf Englisch zu hören, denn die deutsche Übersetzung funktioniert einfach nicht. Es ist so, als würde man ein Accept-Album auf Deutsch hören. Es fühlt sich nicht richtig an, selbst wenn wie hier die Stimme an sich halbwegs passt. Der Inhalt spielt eh keine Rolle, also schaltet es im Interesse eurer Ohren einfach um, selbst wenn ihr es dann nicht versteht.
Die Story hört sich an wie der Inlay-Text eines Manowar-Albums und es sieht auch so aus. Gene Simmons überbetont jede seiner lächerlichen Zeilen wie es sich gehört, die Bilder sind völlig überzeichnet und genau so muss auch Metal sein. Bekloppt, übertrieben und spaßig. Das ist Teil des Programms und Warriors of Rock trifft das mit seinem Quest-Modus auf den Punkt.
Zugunsten dieses Konzepts wurde jedoch auch ein eigentlich netter Aspekt des letzten Teils gekippt, nämlich das simple Punktesammeln und Weiterkommen sowie die schon zuletzt deutlich aufgeweichte Regel, dass man pro Song fünf Sterne erreichen kann. Die Unterteilung erfolgt jetzt in einen Abschnitt pro Figur, in dem die Songs stilistisch entsprechend vorsortiert wurden. Johnny Napalm macht Punk, Judy Nails die Crowd-Pleaser und Lars Umlaut Metal. Oder zumindest weitestgehend, denn was AFI bei Lars verloren hat, bleibt so unklar wie die Antwort auf die Frage, was Sum 41 mit Punk zu tun haben könnte.
Zu diesen acht Sets kommen noch drei Extra-Ausflüge auf der Reise dazu. Der skurrilste dürfte die Legendary Guitar Stage in der Mitte sein. Ihr schrabbelt euch komplett durch Rushs 20-minütiges Epos 2112, zuvorkommenderweise unterteilt in sieben Teile. Rush erzählt sogar, weitestgehend unmotiviert und mit einem schwachen Gastauftritt, worum es geht – dystopische Gesellschaftsvision – und die Stage wurde nach irgendeinem berühmten Bühnenaufbau der Band gestaltet. Nett, schön zu spielen, auch wenn ich nie der große Rush-Fan war und keine Ahnung davon hab. Der finale Battle besteht aus drei Megadeth-Songs, einer davon extra schwer und nur für dieses Game komponiert - und das finale Set setzt das dann komplett metallisch fort.
Der Nachteil hier lautet, dass ihr jedes Set bewältigen müsst, bevor es weitergeht. Habt ihr letztens übergreifend Punkte gesammelt und konntet auch mal eine ganze Reihe an Songs, die ihr einfach nicht mochtet, links liegen lassen, müsst ihr hier wie in den ersten Teilen der Serie durch. Und die Punktezählweise ist seltsam, um es mal vorsichtig zu sagen.
Jeder der acht Warriors hat einen bestimmten Bonus. Lars Umlaut kann einen fünffachen Multiplikator aufbauen oder Judy Nails muss die Beleibtheit im obersten Bereich halten. So kommen acht, zehn oder zum Schluss, sobald ihr alle Boni kombinieren dürft, sogar 40 Sterne zusammen. Im leichter verständlichen Endeffekt bedeutet dies, dass ihr pro Set einen oder zwei Songs überspringen könnt, solange ihr die anderen vernünftig spielt. Die Sterne haben die heilige Bedeutung verloren. Fünf Sterne können immer noch okay oder auch total geloost sein. Hier schwer einzuschätzen.
Hinter dem Quest-Modus bleibt das Gerüst des Guitar Hero 5 weitestgehend erhalten. Der Party-Modus versteckt sich ein wenig, aber er ist genau wie all die Online-Optionen vorhanden. Jeder Spieler kann nach wie vor machen, wozu er Lust hat, und das auf jedem Schwierigkeitsgrad. Selbige sind gut abgestimmt und Einsteiger kommen genauso ins Geschäft wie harte Profis, die gerade in den letzten Megadeth-Sachen ihren Meister finden werden. Zumindest für eine Weile. Das Interface funktioniert so gut wie zuvor, in seinem Herzen hat Guitar Hero sich nicht verändert und bietet damit immer noch das aktuelle Maß der Dinge, was das angeht.
Soviel zur Objektivität, kommen wir zur Setlist. Da ich meinen Wunsch nach Eigenständigkeit per Gutschein mal wieder nicht erfüllt finde, muss ich euch jetzt mit meinen ganz persönlichen Ansichten zu einem Konglomerat von etwa 90 Songs auf den Keks gehen, zu dem jeder Mensch auf der Welt eine eigene Ansicht haben dürfte. Meine lautet: OMG, das ist das beste vorkompilierte Set, das es bisher in einem Guitar Hero oder Rock Band gab! Etwa 75 Prozent der Songs liegen komplett auf meiner Lausch-Linie und der Rest driftet auch nur selten in totale Inkompatibilität ab. AFI und Jane´s Addiction beispielsweise.