Hail to the Chimp
Demokratisches Affentheater
Seit 20 Jahren gehören Videospiele zu meinem Leben. Das bringt es mit sich, dass normalerweise ein Blick auf einen Screenshot reicht, dazu eine Zeile Text und schon weiß man ziemlich genau, worum es geht. Nur wenige Titel werfen einen dann komplett aus dem Konzept und ein Ausdruck nicht allzu schlauer Ratlosigkeit wandert über die Gesichtszüge. Hail to the Chimp ist einer dieser Titel.
Ein Screenshot aus dem eigentlichen Spiel, fast egal welcher, zeigt Euch eine Comic-Arena mit irgendwelchen sich balgenden Zoobewohnern. Aha, der Blick des Kenners registriert ein Partyspiel, wahrscheinlich für Kinder. Kleine Minispiele, wenig Tiefgang, Kindergeburtstag.
Die Textzeile unter dem Bild sagt 'Politsatire'. Hääähhh...?
Seht Euch die Bilder genau an. Wie bringt Ihr beides zusammen? Gar nicht? Willkommen im Club.
Die Politsatire beschränkt sich allerdings weitestgehend auf den Hintergrund und für den hatte der Entwickler Wideload offenbar ein paar ziemlich wilde Ideen. Wahrscheinlich kam der Grundgedanke bei einem Zechabend, als man Disneys „Fußballspiel der Tiere“ und eine komplette Staffel „West Wing“ guckte. Gleichzeitig.
Der Löwe, König der Tiere, musste nach einigen noch nicht näher ausgeführten Skandalen zurücktreten. Statt einfach der Natur den Lauf zu lassen und das Recht des Stärkeren zu etablieren, versuchen sich die Tiere bei der Wahl des Nachfolgers in Demokratie. Alle vom Kleinsten bis zum Größten sind mit gleichen Rechten dabei und werben mit rein demokratischen Mitteln um Stimmen. Dass das Gesetz des Dschungels sich dagegen wie ein Spaziergang im Park ausnimmt, wisst Ihr ja alle...
Bevor es zur Sache, sprich zur Wahl geht, sucht Ihr Euch einen der in vieler Hinsicht ungewöhnlichen Kandidaten aus. Walross Floyd beispielsweise kam eigentlich nur als Dockarbeiter nach Manhattan, was ungefähr soviel bedeutet, dass er von den Schiffen fallende Essensreste fraß. Nach einer eher unsanften Kollision mit einem Tanker wusste er aber plötzlich, wie die Welt sein müsste und jetzt sieht er seine Chance.
Hedwig dagegen startete mit der Politik ihre inzwischen schon X-te Karriere, direkt nach Miss Skandinavischer Eisbär, langjährig festen Plätzen im Mainstreamgenre der Bär-Disco-Pop-Charts und als derzeit etwas abgehalftertes Modell für Schwedens angesagteste Erdnussbutter.
Noch schräger gibt sich nur die Qualle Murgatroyd. Sprechen kann er, sie oder es nicht und so weiß auch niemand genau, woher sie kommt oder wofür sie so genau steht. Die einzige Form der Kommunikation stellen Pappkarten dar, die Murgatroyd aber leider nicht mit lesbaren Worten füllt. Stattdessen zeigen sie seltsame Bilder, die mehr Fragen aufwerfen als beantworten. Die einzig gesicherte Tatsache zu diesem skurrilen Wesen ist seine extensive Sonnenbrillenkollektion...