Halo Wars
Nicht so der Master, Chief!
Halo Wars ist das Ende einer Ära. Mit einem sehr klassischen Echtzeit-Strategiespiel verabschieden sich die Veteranen der Ensemble Studios und hinterlassen ein umstrittenes Erbe. Während mit den ersten beiden Age of Empire-Teilen Strategiegeschichte geschrieben wurde, merkte man Bruce Shelleys Mannen schon beim dritten Teil eine gewisse Innovationslosigkeit an. Immer gut inszeniert und handwerklich hervorragend gemacht, fehlte es den letzten Produktionen etwas an Seele.
Auch Halo Wars erfindet das Genre nicht neu oder lässt die Fans gleich scharenweise zur Konsole überlaufen. Stattdessen nutzt es die Macht der starken Franchise und setzt auf bekannte Gameplay-Mechaniken, um ein gutes Konsolen-Spiel auf die Bein zu stellen, das in seiner Direktheit entwaffnend wirkt und vor allem Strategie-Neulinge anspricht. Dank wirklich erstklassiger Render-Zwischensequenzen wird der epische Charakter der Vorlage nahezu perfekt in Szene gesetzt und für 6 bis 8 Stunden das bekannte Schere, Stein, Papier-Prinzip durchexerziert.
Fans der Serie dürften schon in der ersten Mission leuchtende Augen bekommen. Mit einem Warthog-Jeep rast Held Jericho durch eine vereiste Schneellandschaft, erledigt Grunts und Elite-Soldaten. Als Boden-Kommando der Spirit of Fire kämpft er auf fremden Welten gegen die technologische Übermacht der Allianz. 15 Missionen lang gilt es, menschliche Kolonien zu beschützen, Artefakte zu entschlüsseln und den angreifenden Horden der Außerirdischen zu widerstehen. Die Flood ist genauso mit von der Partie wie gigantische Scarabs, unsere geliebten Spartan-Soldaten inklusive Fahrzeug-Klau-Fähigkeit und massiven Scorpion-Panzern.
Und die Steuerung funktioniert. Per einfachem Knopfdruck werden Spezialfähigkeiten ausgelöst, per Auswahlrad Unterstützungs-Gebäude auf dem festgelegten Bauplatz errichtet und mit wenigen Clicks die richtigen Einheiten ausgewählt. Doof nur, dass sich keine Gruppierungsfunktion findet und sich der Zoom-Faktor in Grenzen hält. Insbesondere auf den höheren Schwierigkeitsgraden, zum Beispiel auf dem berühmt-berüchtigten Legendary, werden einige Verteidigungsmissionen zu Qual.
Ständig neu auftauchende Gegner machen die Evakuierung von Arcadia zu einem Graus. Wie von der Tarantel gestochen, jagt Ihr Eure Einheiten über die Karte, nur um am Ende alle Transporter mit Zivilisten zu verlieren. Auch die Grafik präsentiert sich als zweischneidiges Schwert. Ensemble ist es zwar gelungen, das Flair der Serie nahezu perfekt in Szene zu setzen, doch im Vergleich zu PC-Optik-Highlights a la Empire: Total War und Dawn of War 2 wirkt Halo Wars fast rudimentär.
Die kleinen Einheiten lassen die wuchtige Präsenz ihrer Egoshooter-Vorlage vermissen. Mit ihren wenigen Polygonen sind sie auf der niedrigsten Zoom-Stufe trotz ihrer gelungenen Animationen schlicht unansehnlich. Der bunte Farbmix verbessert zwar die Übersichtlichkeit, nimmt dem Spiel aber etwas die Ernsthaftigkeit. Wer sich an diesem grundlegenden Element der Halo-Serie bisher jedoch nicht gestört hat, wird auch diesmal nicht schreiend davonlaufen.
Ein Nachteil der bombastischen Inszenierung: Das Gameplay muss sich oft unterordnen. Um die Epik der Auseinandersetzungen zu unterstreichen, werfen sich Euch unendliche Gegnerhorden entgegen, bis Ihr einen gewissen Punkt der Handlung erreicht. Während Ihr den Strom bei anderen Titeln wie Dawn of War 2 durch die Zerstörung des Produktionsgebäude beenden könnt, müsst Ihr hier erst Plasma-Kanonen platzieren, Schutzschilde deaktivieren oder Sperren lösen. Immerhin greift auf den höheren Schwierigkeitsgraden das Stein-Schere-Papier-Prinzip und Ihr werdet ohne gemischte Einheiten gnadenlos in den Boden gestampft. Auf „Normal“ reicht es dagegen, ein paar Vulture-Bomber zu bauen und den Gegner schlicht zu überrollen.