Heavy Rain
"Why does it always rain on me?"
„Wie weit würdest du gehen, um jemanden zu retten, den du liebst?“ So eröffnete David Cage gestern die Vorstellung der letzten beiden Charaktere auf der Sony-Pressekonferenz. Um „tiefe Gefühle“ gehe es in Heavy Rain, betonte er – und mit jedem Bisschen, das man Heavy Rain besser kennenlernt, klingen diese Worte ein etwas weniger prätentiös.
Denn wer Heavy Rain probiert, der merkt, dass Cages Formel „Spiel + Gefühl“ durchaus funktionieren könnte. Ein bisschen ironisch ist es trotzdem, dass die Emotionen im Fall von Heavy Rain vor allem über den beeindruckenden Fortschritt in der Technik „ins Spiel“ kommen. Gerade im Close-Up sehen die Charaktere und ihre nahezu lebensechten Augenbewegungen nach wie vor unheimlich beeindruckend aus.
Eine Brücke über das Uncanny Valley hat Quantic Dream mit Heavy Rain aber immer noch nicht gebaut: Das detailreiche Mienenspiel der Akteure offenbart immer wieder die Herkunft aus dem Computer, beweist allerdings gleichzeitig auch, dass Gesichter virtueller Charaktere nicht immer wie aus Stein gehauen aussehen müssen. Mehr noch: Die Darsteller sind tatsächlich in der Lage, ihre Szenen zu tragen und Gefühle zu transportieren. Es ist nicht perfekt, aber nahe dran. Und damit steht das Gesamterscheinungsbild und das Auftreten der virtuellen Schauspieler der Geschichte weniger im Weg als in jedem anderen Spiel mit großem Story-Übergewicht.
„Darsteller“, „Schauspieler“. Das sind Begriffe, die Quantic Dream seinen Charakteren seit der E3-2006-Demo immer wieder gibt. Und als die Nahaufnahme des alternden Privatdetektivs Scott Shelby das erste Mal mit nachdenklichen Augen aus dem Ladebildschirm herausspäht, verstehe ich auch warum. Wer sich an die Heavy-Rain-Präsentation der letztjährigen Games Convention erinnert, der wird Shelby als den Killer kennen, der die Reporterin Madison in der Demo durch ein Haus voller ausgestopfter Frauenleichname scheuchte.
Der 50-jährige beleibte Klotz mit den traurigen Hängebacken ist ein virtueller Schauspieler, der eben im fertigen Spiel die Rolle eines Ex-Cops spielt, der mittlerweile Privatschnüffler ist. Diese Erklärung des ausführenden Produzenten Guillaume De Fondaumiere klingt logisch. Zukünftige Quantic-Dream-Spiele werden zeigen, ob sich der französischer Entwickler damit nur eine besonders gut klingende Ausrede zurechtgelegt hat. Shelby ist jedenfalls auf der Suche nach dem Origami-Killer, der auf jedem seiner Opfer eine Papier-Orchidee hinterlässt. Als ich De Fondaumiere auf die Todesursache anstoße, beiße ich auf Granit. Warum wohl?
In der von uns gespielten Demo spaziert Shelby in den Laden des Vaters eines der Opfer des Origami-Killers, um ihn über seinen Sohn auszufragen. Im Gegensatz zum bereits bekannten FBI-Ermittler Norman Jayden hat Shelby natürlich keine High-Tech-Ermittlerbrille. De Fondaumiere beschreibt ihn folgendermaßen: „Er war mal ein Straßen-Cop. Deshalb ist er gut im Umgang mit Leuten. Außerdem ist er sehr kräftig und kann auch Gegner überwältigen. Und er ist behänder als man denken würde.“