Heroes over Europe
Ziel verfehlt
Majestätisch gleiten die grob geschätzt 20 B-17-Bomber über den strahlend weißen Wolken daher und ziehen lange Kondensstreifen hinter sich her. Durch die Wolkendecke kann man vereinzelt das Meer erblicken, während die Sonne vom blauen Himmel hinabscheint. Man könnte die Füße hochlegen und die Aussicht genießen, wenn da nicht diese deutschen Jäger wären, die im nächsten Augenblick wie ein wildes Raubtier aus ihrem Wolkenversteck hervorhechten und sich auf ihre Beute stürzen. MG-Salven durchlöchern die fliegenden Festungen, die aber weiter ihren Kurs halten und ihrerseits bleihaltige Geschenke verteilen.
Ohne Begleitschutz würden sich nicht sehr weit kommen. Also erstmal genug von der Landschaft und auf ins Gefecht. Es geht hoch und runter, immer wieder sind schnelle Richtungswechsel gefragt. Selbst zwischen den ruhig fliegenden Bombern toben heftige Dogfights, wobei man nur um Haaresbreite an ihnen vorbeirast. Die deutschen Angreifer behalten vornehmlich ihr eigentliches Ziel im Auge, wodurch man sie relativ leicht vom Himmel holen kann. Und das natürlich schnellstmöglich, bevor sie ihre Aufgabe erfüllen können.
Als hilfreich entpuppt sich in dem Fall das „Ace Kill“-Feature des Spiels, gewissermaßen vergleichbar mit einem Kopfschuss in Shootern. Behält man einen nahen Feind für knapp zwei bis drei Sekunden mehr oder weniger im Fadenkreuz, kann man diese Aktion auslösen. Die Zeit verlangsamt sich, der Kontrahent wird stark herangezoomt. Mit dem beweglichen Zielvisier kann man nun wichtige Elemente gezielt unter Beschuss nehmen, etwa Motoren oder das Cockpit. Verfehlt man selbige, muss man einen erneuten Anlauf wagen. Anfangs macht das auch Spaß, nutzt sich aber speziell in niedrigeren Schwierigkeitsstufen recht schnell ab, da man die Widersacher auch so schnell vom Himmel holen kann.
Zugegeben, Heroes over Europe hat seine Momente. Etwa eben jene Mission, in der man diese Bomberstaffel hoch oben in den Wolken verteidigen muss. Eine Vielzahl von Jägern schwirrt durch die Gegend, Kugeln sausen durch die Luft, durchlöchern ihr Ziel und lassen es in einem gleißenden Feuerball in tausend Einzelteile explodieren. Hier oben ist die Optik gelungen, belohnt mit wunderschönen und atmosphärischen Ausblicken, etwa wenn die Sonne schwach durch die Wolken schimmert und währenddessen der Regen nach unten peitscht. Je näher man aber dem Boden kommt, desto schneller will man wieder nach oben. So schön es am Himmel auch sein mag, umso matschiger zeigt sich der Grund.
Unscharfe Texturen hier, steril wirkende Landschaften da – auch ein paar Ruckler sind mit drin. Diese Qualitätseinbußen gelten freilich nicht für die Stars des Spiels: Die Flugzeuge sind wirklich gelungen gestaltet worden, glänzen mit netten Details, etwa sich bewegenden Geschützkanzeln oder Soldaten, die eben jene Kanonen bedienen. Aber auch das täuscht nicht darüber hinweg, dass Heroes over Europe insgesamt nicht wirklich Begeisterung auslöst.
Die Kampagne ist schnell vorbei, die Missionen konzentrieren sich auf wenige verschiedene Aufgabenstellungen. Begleite dies, zerstöre das. Nur in einigen wenigen Einsätzen kommt wirklich Spannung auf, zum Beispiel wenn man sich der deutschen Küste nähert und von heftigem Flakfeuer eingedeckt wird. Wer stur geradeaus fliegt, findet sich bald als brennendes Wrack auf dem Boden wider. Weiß-graue Wolken signalisieren, dass vor einem gleich ein paar Geschosse in der Luft explodieren werden, also schnell ausweichen. Und das rund zwei bis drei Minuten lang.