Hitman: Absolution
Wie kreativ kann man auf der Flucht eigentlich werden?
Anhand der Präsentation lässt es sich schwer sagen. Waren die Gegenstände, die für die Attentate in der Demonstration von Hitman: Absolution genutzt wurden, einfach wirklich nur die, die in dem Moment am nächsten lagen oder waren es doch in weiser Voraussicht platzierte Objekte? Namentlich wären das ein Elektrokabel (Strangulation), eine Marmorbüste und eine Dope-Bong (jeweils Schädelbasisbruch). Das zu klären, dürfte im Laufe der nächsten Monate eine der spannenderen Fragen mit Blick auf Hitman: Absolution sein.
Einer der innovativen Aspekte, für die die Spieler die Geschichten um den Antihelden Agent 47 so liebten, warum sie ihr all die steifen Animationen, die Ausflüge der KI in den Untergrund und viele andere kleine Macken verziehen, war die Möglichkeit, so richtig kreativ zu werden. Sehr häufig waren diverse Zwischenstufen denk- und ausführbar: Vom um sich ballernden Terminator, bis hin zum "niemand weiß, was passiert ist, aber tot ist er"-Attentat. In den verschieden großen Spielwiesen des Todes boten sich euch zahllose Möglichkeiten, in Form von unterschiedlichsten "Waffen" oder von Startpunkten für Verkettungen von günstigen (für euch) beziehungsweise ungünstigen (für eure Zielperson) Gelegenheiten.
Auf den ersten Blick scheint dies auch in der verlassenen und heruntergekommenen Bibliothek in einem düsteren, Gotham-City-artigen Chicago der Fall zu sein. Mit einer neuen, weit besser animierten Fitness schleicht, robbt, hangelt und sprintet Agent 47 durch die dunklen Flure und Sääle, in denen er endlich das schön dargestellte Spiel aus Licht und Schatten in vollem Umfang zu seinem Vorteil ausnutzen kann und schnappt sich seine Opfer dabei aus dem Dunkeln. Das ist (alb)traumhaft schön anzuschauen, wirkt dann aber doch ein wenig zu sehr danach, dass die Mordwerkzeuge halt zur richtigen Zeit am richtigen Ort lagen und als ob andere Wege eher umständlicher als wahrhaft alternativ gewesen wären. Ohne selbst in dieser Bibliothek mit dem Pad in der Hand unterwegs gewesen zu sein, bleibt die Frage vielleicht zu Unrecht gestellt, aber ganz sicher auch unbeantwortet.
In seiner fünfjährigen Berufspause scheint 47 eine neue Fähigkeit entwickelt zu haben, die man beim Entwickler auch scheinbar unbedingt im richtigen Kontext verstanden wissen möchte. Die Möglichkeiten des neuen, schlicht betitelten "Instinkts" sind ein Resultat der Genveränderungen des Überkillers. Man kann gerne darüber streiten, ob es ein guter Zug ist, 47 ausgerechnet in dem Spiel, in dem seine Persönlichkeit und seine menschliche Seite ein wenig beleuchtet werden sollen, auch noch nichtmenschliche Superhelden-Fähigkeiten zu verteilen, aber praktisch ist der "Instinkt" allemal. Das Blickfeld ändert sich und wer Arkham Asylums Detectiv-Sicht oder die Eagle-Vision aus Assassins Creed kennt, kann sich schon ziemlich viel darunter vorstellen.
Dank dieser Gabe werden nun Feinde markiert, mögliche Waffen und Objekte ein wenig hervorgehoben und sogar die wahrscheinlichen Wege von Personen angezeigt. Wer jetzt schreit, dass das ein Verrat an dem bewusst schwierigen Ansätzen der bisherigen Hitman-Serie sei, hat wohl nicht ganz unrecht, kann sich aber zum Glück gleich wieder beruhigen. Dieses Feature lässt sich jederzeit abschalten und wird auf den hohen Schwierigkeitsgraden erst gar nicht angeboten.
Nach den ersten Toden scheint in der Präsentation die Zeit für Subtilitäten vorbei. 47 greift sich einen Polizisten von hinten und benutzt ihn als lebenden Schild, um langsam rückwärts eine Treppe zum Dach zu erklimmen. Die Kollegen folgen, zielen auf 47s kahlen Schädel, feuern jedoch nicht. Sie hätten es tun sollen. Am Ende der Treppe angekommen, reicht eine scheinbar belanglose Bewegung des Killers, um seiner Geisel das Genick zu brechen und sie die Treppe hinunterzustoßen. Es bringt ihm wertvolle Sekunden Vorsprung, sodass er es nun lediglich mit den Suchscheinwerfern eines Polizeihubschraubers zu tun hat.
Diese Scheinwerfer illuminieren einen Fakt sehr plakativ: 47 ist in Absolution – zumindest in großen Teilen der Handlung – nicht der Mann, der ein schwieriges Ziel vor sich hat und diesem von sich aus auf vielfältigen Wegen zu Leibe rückt. Er ist auf der Flucht, die Welt will ihn haben, tot oder lebendig. Und auf der Flucht zu sein, heißt oft genug zu Rennen und nicht in aller Ruhe Planen und Experimentieren zu können. Es könnte auf eine unterm Strich durchaus andere Mechanik hinauslaufen. Eine, die sich zwar wundervoll und technisch auf eine atemberaubend schöne Weise inszenieren lässt, letztlich aber doch mehr in die Richtung eines der schnellen Runs Ezios über Dächer und durch vorgegebene Skript-Punkte schießt.