Interview mit Daniel Fiedler - ZDFkultur
"Wir kooperieren bereits und prüfen Möglichkeiten, wie sich E-Sports zukünftig sinnvoll in die Sendungen des ZDF integrieren lässt."
Wenn in den letzten Jahren die öffentlich-rechtlichen TV-Programme im Zusammenhang mit Spielen auftauchten, geschah das nicht immer im besten Lichte. Insbesondere das Stichwort "Killerspiele" bot immer ein paar Aufreger, aber es ist nicht alles schlecht, was eure GEZ-Gebühr - ich meine natürlich Service-Pauschale oder so - einkauft. ZDFkultur hatte zwar bisher nicht gerade den sportlichsten Ruf unter den intellektuellen Stimulantien, aber das soll sich seit Ende letzten Jahres unter der Regie von Daniel Fiedler ändern. Der studierte Theaterwissenschaftler, Politologe, Soziologe und Germanist kam 2001 zum ZDF und 3sat, leitete ab 2009 den Aufbau des Digitalkanals ZDFkultur und ist nun Programmverantwortlicher von ZDF Kultur. Neben den sonstigen kulturell wertvollen Sparten werden dabei Spiele nicht vergessen und sind gleich mit zwei Sendungen, "Pixelmacher" und "For the Win", vertreten. Wir haben mit Daniel Fiedler über Spiele, Spielsendungen und ZDFkultur gesprochen.
"Spielen" ist für mich nicht nur eine Methode um Kultur zu schaffen oder zu erfahren. "Spielen" ist für mich vielmehr die grundlegendste, einfachste, aber auch wichtigste Kulturform selbst. Bei ZDFkultur stehen aber nicht nur die Computerspiele selbst im Fokus der Betrachtung, sondern auch wie sie die heutige Popkultur prägen, was sie für Auswirkungen auf die Lebenswelten unserer Jugend haben und wie sie ihre Sichtweisen beeinflussen. Die Frage, ob Gaming in der Kunst- und Kulturszene wahrgenommen wird, stellt sich daher für mich nicht. Es ist eher die Frage, inwieweit sie sich überhaupt noch trennen lassen und auf welche Weise sie sich beeinflussen.
Noch vor gar nicht langer Zeit wurde auch bei uns bei 3sat in Computer-Magazinen wie zum Beispiel "neues" über Computerspiele eher analytisch und deskriptiv berichtet. Hinterfragt wurde, ob etwa die Grafik den neuesten Standards entspricht, welche Hardware geeignet ist und ob die Spiele den Jugendschutzbestimmungen entsprechen. Heute geht es bei "Pixelmacher" und "FTW" aber um etwas anderes. Computerspiele sind kein gesellschaftliches Randphänomen, das man alleine im Hinterzimmer spielt. Menschen aller Altersklassen interagieren über Computerspiele, sie kommunizieren über sie und identifizieren sich sogar mit ihnen. Computerspiele sind zu einem popkulturellen Massenphänomen geworden. Um dieses abbilden zu können, braucht man Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Computerspiele genauso wahrnehmen, die nicht erst in diese Welt eindringen müssen, sondern schon seit der Kindheit darin verwurzelt sind. Vielleicht trifft die Aussage "Spielt mal, aber bleibt kritisch!" eher zu.
Bis weit ins vergangene Jahrzehnt wurden Computer und Gaming in den einschlägigen Magazinen eher unter technischen Gesichtspunkten betrachtet. Das waren typische, sehr gut recherchierte Ratgebersendungen, auf hohem Niveau mit viel Kompetenz.
Mit ZDFkultur möchten wir insbesondere jüngeren Altersgruppen Kultur näherbringen. Natürlich kann das nicht nach denselben Prinzipien geschehen, wie wir es bei 3sat und ARTE oder dem Vorgänger von ZDFkultur, dem ZDF.theaterkanal, praktizieren oder praktiziert haben. Das heißt, allen Beteiligten war schon von Anfang an klar, dass mit ZDFkultur etwas Neues, noch nie Dagewesenes entstehen muss. Entscheidend ist, Raum zu haben, um etwas Neues auszuprobieren. Die tragenden Programmsäulen von ZDFkultur sind anders als bei den arrivierten Kultursendern, insbesondere Popkultur, Popmusik, Gaming und Netzkultur. ZDFkultur ist dabei bewusst subjektiv, polarisierend, aber auch im hohen Maße inspirierend. Für die Vermittlung von Kultur spielt das Internet und die Interaktion zwischen und mit interessierten Usern und Zuschauern eine herausragende Rolle.
Es ist kein Geheimnis, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen große Teile jüngerer Zuschauer nur noch schwer erreicht. Um dies zu ändern, versuchen "Pixelmacher" und "FTW" Themen anzubieten, die von den Jugendlichen gesucht werden. Wichtig dabei ist Authentizität. ZDFkultur muss anders als andere öffentlich-rechtliche Sender ihre Sprache sprechen und ihre Codes verstehen. Aber natürlich braucht es Zeit, bis man sich das Vertrauen und die Akzeptanz bei Jugendlichen erarbeitet hat. Dennoch ist das Feedback auf unsere neuen Sendungen vielversprechend. Wir liegen mit den Formaten im oder sogar über dem Senderschnitt, der jedoch noch zugegebenermaßen mit 0,2% im Digitalmarkt bescheiden ist.
Ich glaube, hier muss ich doch mal eine Lanze für meine Kolleginnen und Kollegen aus dem ZDF-Hauptprogramm brechen, da dort durchaus differenziert über Zusammenhänge zwischen Amokläufen und Ego-Shootern in den Sendungen berichtet wird. Gewaltspiele können nicht monokausal als wesentliche Ursache für Gewaltexzesse angesehen werden. Das deckt sich auch mit dem Feedback, dass wir von unseren Zuschauerinnen und Zuschauern bekommen.
Wir versuchen, uns so oft es geht abzustimmen und unsere Kompetenzen auch anderen Redaktionen in der ZDF-Senderfamilie zur Verfügung zu stellen, aber natürlich hat jede Redaktion das Recht seine Beiträge selbst und alleine zu gestalten.
Es ist wichtig, dass unsere Redakteure bei aller Leidenschaft für Computerspiele nie den kritischen Blick verlieren. Über Counterstrike haben wir natürlich viel diskutiert, aber ob man es nun gutheißt oder nicht, man kann die Tatsache nicht ignorieren, dass diese Art von Spielen längst zu unserem Lebensalltag dazugehört. Somit wäre es meiner Meinung nach falsch, nicht darüber zu berichten oder die ESL-Turniere nicht zu übertragen. Vielmehr ist es sinnvoll, sie zu thematisieren und zu zeigen und dabei offen und ehrlich auch auf die negativen Folgen hinzuweisen. Etwas totzuschweigen hat noch nie geholfen. Im Übrigen gilt das für alle Computerspiele, nicht nur für Ego-Shooter.
Es ist eine Frage der Generationen und der Nähe zur digitalen Welt. Computerspiele lassen sich jedoch nicht mehr auf Jugendliche reduzieren. Heute sind Computerspiele auch unter den über Dreißigjährigen weit verbreitet. Laut Branchenverband spielen bereits 21 Millionen Deutsche am PC und 10 Millionen an klassischen Spielkonsolen. Anderthalb Millionen Deutsche spielen wettbewerbsmäßig, organisiert in über 40.000 Clans. Computerspiele werden zunehmend salonfähig und sind in weiten Teilen der Gesellschaft verankert. Auch wenn es grundlegende kulturelle Unterschiede zwischen den Ländern gibt, die die gesellschaftliche Wahrnehmung und Bewertung von Computerspielen beeinflussen, bin ich mir sicher, dass auch in Deutschland zukünftig offener und mit weniger Vorurteilen über diese Themen gesprochen werden wird.
Wir haben die Diskussion begleitet und darüber objektiv berichtet, so wie es unsere Aufgabe ist.
Sie werden lachen, denn wir kooperieren bereits und prüfen Möglichkeiten, wie sich E-Sports zukünftig sinnvoll in die Sendungen integrieren lässt.
Sicherlich nicht zu vergleichen mit Asien, aber die Wahrnehmung nimmt auch hier zu. Es ist immer eine Frage der medialen Berichterstattung. Es ist sicher zutreffend, dass sowohl die privaten als auch die öffentlich-rechtlichen Sender in der Vergangenheit Berührungsängste mit E-Sport hatten, insofern stecken wir in Deutschland noch in den Kinderschuhen. ZDFkultur versteht sich hierbei schon etwas als Pionier, der das langfristig ändern möchte.
Weil hier Gleichgesinnte auf Augenhöhe miteinander sprechen, beide Seiten von einander lernen, ihren Horizont in einem Bereich, den sie lieben, erweitern können und weil es einfach Spaß macht.
Links zu ZDFKultur Spiele: