Blizzards Paul Sams spricht...
... über WoW und Konsolen.
World of Warcraft ist erfolgreich. So erfolgreich, dass die Blizzard-Bosse eigentlich Gewänder und Hüte aus massivem Gold tragen müssten. Auf ihrem Speiseplan sollten extrem teure Gerichte stehen, die mit noch teureren Sachen gefüllt sind. Kaviar gefüllt mit Diamanten, Trüffel-Kuchen gefüllt mit Hummerfleisch - oder Autos gefüllt mit Benzin! Da die Abonnenten-Zahlen von WoW weiter steigen, und schon bald sieben Millionen Verrückte mindestens elf Euro im Monat hinblättern werden, ist ein Ende des Geldregens nicht in Sicht.
Jetzt, wo der PC-User gemolken und versorgt ist, sollte sich Blizzards Aufmerksamkeit da nicht auf die neuen Konsolen richten? World of Warcraft für NextGen-Konsolen dürfte doch einschlagen wie eine Bombe. Ist es also nur eine Frage der Zeit, bis wir uns vom Sofa aus, mit dem Joypad in der Hand, durch Azeroth knüppeln?
Nicht unbedingt, meint Blizzards COO (Chief Operating Officer) Paul Sams. Der erklärte sich netterweise zu einem Gespräch mit Eurogamer bereit, um das Thema "WoW für Konsole" zu behandeln. Ein Thema, das Blizzard zwar in Erwägung zieht - aber es klingt fast so als wären die Jungs noch lange nicht von der Idee überzeugt.
"Wir trafen uns mit Microsoft, wir trafen uns mit Sony, wir kundschaften alles aus, aber die Liste der damit verbundenen Herausforderungen ist sehr lang", meint Sams. Einige der Haupt-Features eines MMORPG und ganz speziell von WoW, sind regelmäßige Updates der Inhalte. Dafür braucht es Festplatten-Kapazität und die bieten Konsolen nur in begrenzten Maße."
Dann sind da noch die strengen Zertifizierungsprozesse, die von den Konsolen-Herstellern vorgegeben werden. Bei Blizzzard, erklärt Sams, werkle man ständig an PC-Updates, lasse diese auf den Testservern laufen und dann wird veröffentlicht. "Es gibt keine Zertifizierungsprozesse außerhalb Blizzards interner Freigabe! Wer Microsoft, Sony und Nintendo einbezieht, bezieht auch diesen völlig anderen Zertifizierungsvorgang mit ein."
Könnte also zu einem echten Albtraum werden. Paul Sams dazu: "Das kann es durchaus! Was ist, wenn wir ein Problem haben, um das wir uns sofort kümmern müssen? Zum Beispiel ein Bug, der das Spiel abstürzen lässt? Am PC machen wir etwas, testen es und dann bringen wir es raus. Bei einer Konsole könnten wir tagelang warten, weil wir alles einreichen und testen lassen müssten. Und wenn es denen nicht gefällt, heißt es für uns: Zurück ans Reißbrett."
Und es scheint so, als tanzen die Blizzard-Jungs nicht gerne nach jemand anderer Pfeife. In kreativer Hinsicht lassen die sich auch nicht vom Mutterkonzern Vivendi reinreden. Sie bewahren die volle Kontrolle über alle Entscheidungen, die ihre Produkte und deren Marketing betreffen (obwohl Sams nicht müde wird zu erwähnen, dass Vivendi dabei immer eine sehr große Unterstützung war und ist). WoW auf den Konsolenmarkt zu hieven, könnte Kompromisse erfordern, erklärt Sams - und Kompromisse sind irgendwie nicht Blizzards Stil.
"Wir haben ein etabliertes System, das festgelegt ist. Die Konsolen-Hersteller ebenfalls. Wie gut passen diese Systeme zusammen? Welche Kompromisse müssen wir eingehen und zu welchen sind die Konsolen-Hersteller bereit? Eine Liste, die nicht gerade kurz ist, um ehrlich zu sein."
Selbst wenn Blizzard ab morgen an einer Konsolen-Version von WoW arbeiten würde, fährt Sams fort, müssten wir alle noch eine ganze Weile warten. "Es ist nicht so simpel, wie einen Schalter umzulegen. Es würde - realistisch gesehen - ein paar Jahre Entwicklungszeit in Anspruch nehmen, um das Ganze in spielbare Form zu bringen."
Wäre das den Aufwand wert? "Möglicherweise, zweifellos ... denn die Sache mit der Zertifizierung ist ja nur eine von vielen Hürden. Deshalb müssen wir uns fragen, ob es genug neue WoW-Kunden geben wird, um all den Aufwand zu rechtfertigen.
Aber mal kurz weg von World of Warcraft. Soll ja nicht heißen, dass Blizzard überhaupt nichts mit Konsolenentwicklung am Hut hat. "Wahrscheinlicher ist, dass wir gleich ein völlig neues Spiel entwickeln. Aber ob das wirklich passieren wird? Ich bin mir nicht sicher."
Wenigstens weiß Sams sicher, welche der NexGen-Konsolen er favorisiert. "Ich denke, die Xbox 360 ist die beste Kiste", gesteht er und fügt an, dass er gespannt ist, was PS3 und Wii leisten. Besitzen wird er natürlich alle drei Geräte.
Was Konsolen-Online-Gaming betrifft, hat Sams bereits einen Favoriten. "Ich glaube Xbox Live wird regieren. Microsoft hat eine viel längere Erfolgsgeschichte im Online-Gaming-Bereich und ich glaube absolut an deren Führung. Es wird extrem schwer werden - auch für Sony - Microsoft einzuholen. Sie sind mittlerweile einfach zu weit voraus."
Aber: Für den Großteil der Online-Spieler, sei nach wie vor der PC die beste Wahl, glaubt er.
"Was Battle.net und unsere WoW-Abonnentenzahlen angeht, kann selbst Xbox Live nicht annähernd mithalten. Ich denke wir sind absolut siegreich! Ihr könnt darauf zählen, dass wir auch in Zukunft MMORPGs und andere Titel liefern werden, die über Battle.net spielbar sind."
Unterm Strich klingt das alles so, als würde sich Blizzard also vorerst ausschließlich dem PC-Markt widmen. Warum auch nicht? Schließlich ist die Zahl der WoW-Abonnenten einfach gigantisch und wächst noch immer. "Wir sind bei über 6,5 Millionen und nicht weit von sieben Millionen Nutzern entfernt."
Sams: "Wenn Sie sich Europa als ein einzelnes Gebiet vorstellen, dann wurden in diesem Gebiet im August mehr WoW-Exemplare verkauft als im Dezember. Ein Spiel, das eineinhalb Jahre auf dem Markt ist und sich im Sommer besser verkauft als zur Weihnachtszeit? Also das ist echt eine Seltenheit."
Tja, die Verkäufe dürften einen weiteren Schub erfahren, wenn das Add-On erscheint. Es ist noch nicht ganz fertig, doch laut Sams nähere man sich schnellen Schrittes der Betaphase. "Wir nennen noch immer "Winter" als Termin. Im Vertrauen: Wenn die Betaphase startet, wisst Ihr, dass es bald soweit ist."
Wie bereits bekannt ist, wird The Burnig Crusade Inhalte wie etwa zwei neue Rassen, Zonen, Dungeons und Schlachtfelder enthalten. Laut Sams ist das Add-On bald halb so groß, wie das Hauptspiel. "So zwischen einem Drittel und halb so groß. Ja."
Bedeutet all das Extrazeug, dass Blizzards Instandhaltungskosten in die Höhe schnellen werden? "Was Mehrkosten verursacht, sind die Menschen.", sagt Sams. Denn wenn die Anzahl der Abonnenten wächst, muss es auch die Technik tun.
"Wir brauchen mehr Feuerkraft auf Seiten der Server. Deshalb erfährt unser globales Netzwerk gerade ein Upgrade. Neue Data-Center fügen wir auch hinzu. Mehr Spieler bedeuten, dass auch die Zahl der Game-Master und Angestellten steigen muss, um den Support zu gewährleisten. Die Bandbreite muss auch kostspielig erhöht werden."
Keine Angst, die Mehrkosten werden nicht auf die WoW-Fans abgewälzt. "Wir behalten die monatlichen Preise bei.", so Sams. Natürlich darf man dabei nicht vergessen, dass wir uns das Add-On trotzdem erst mal kaufen sollen. Blizzard denkt übrigens darüber nach, ein Bundle zu veröffentlichen, welches Hauptspiel und Add-On enthält. Vielleicht sogar eine Collectors Edition? Offiziell bestätigt wurde das alles freilich noch nicht.
Kann Blizzard den schnell steigenden User-Zahlen wirklich stand halten? Diese Frage beantwortet Sams sehr vorsichtig: "Werden wir in zwei Jahren noch die gleichen Abonnentenzahlen vorweisen können? Ich weiß es nicht. Ich hoffe es zwar, aber sein wir realistisch: Das ist schon wirklich viel verlangt!"
Um die bestehenden Kunden zu halten und neue hinzuzugewinnen, müssen ständig neue Inhalte geliefert werden, denkt Sams. "Nach The Burning Crusade, planen wir alle zwölf Monate ein neues Add-on zu liefern."
Sams ist sich auch darüber im Klaren, dass Blizzard mehr tun könnte, um Märkte außerhalb Nord Amerikas zu unterstützen. "Wir arbeiten daran, den regionalen Absatz und den dortigen Service zu steigern." Europa bezeichnet Sams als "einen der wichtigsten Märkte". Blizzard versucht "herauszufinden, wie wir die europäische Community besser unterstützen können."
Könnte das bedeuten, dass die zweitägige Blizzard-Veranstaltung, die jedes Jahr in Anaheim (USA) stattfindet, es nach Europa schaffen könnte? "Wir loten das sicherlich aus.", verrät Sams.
Ein bevorstehender Release von The Burning Crusade, eine Verbesserung des Netzwerks und eine immer größer werdende Community, die versorgt werden will. Sieht aus, als hätte Blizzard momentan alle Hände voll zu tun. Möglicherweise zu viel, um sich auch noch über Konsolenspiele Gedanken zu machen. Das mag für Konsoleros enttäuschend sein, doch für ungefähr sieben Millionen andere Menschen bedeutet es garantiert nicht das Ende der Welt...