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Just Cause 2

Spielplatz und Sieg?

Mir persönlich kam das erste Just Cause immer vor wie der hässliche, kleine Bruder von Mercenaries – irgendwie lustig, aber für ein längeres Gespräch zu unreif. Auch auf die Gefahr hin, mich hier unbeliebt zu machen: Es ist mir ein Rätsel, wie doch so vielen Menschen die hektisch strampelnden Aufzieh-Soldaten mit der Intelligenz einer Tube Schuhcreme gefallen konnten, die da vor der Matschtextur-Tropenflora anscheinend ihren Einsatz für GZSZ probten. Geschmackssache offenbar.

Ich persönlich habe jedenfalls für das Sandkasten-Actionspiel nach zwei Stunden den Notauswurf-Knopf am DVD-Laufwerk gedrückt. Das war vor knapp drei Jahren. Als mich jetzt Entwickler Avalanche zu einer Demonstration des Nachfolgers nach München einlud, war ich entsprechend skeptisch. Zu Unrecht, wie sich schnell herausstellte!

Die Rotorblätter des Kampfhubschraubers schnurren im Takt des Maschinengewehrs, mit dem Hauptdarsteller Rico Rodriguez gerade die Panzerung des gegnerischen Helikopter bearbeitet. Eine Abneigung, die auf Gegenseitigkeit beruht. Die beiden fliegenden Festungen umkreisen die Zwillingstürme eines Luxuswolkenkratzers, die durch einen verglasten Steg miteinander verbunden sind. Irgendwo dort drinnen wartet Karl Blaine, euer Verbindungsmann. Nur Gott weiß, in was für Schwierigkeiten der Bursche wieder steckt. Ich komme mir vor wie in einem 80er-Jahre-Actionfilm. Die Spezialeffekte wirken allerdings weitaus hochwertiger. Mit einer Rakete verwandelt Rodriguez die Fensterfront der Brücke in einen Regen aus Glas, ein gewaltiges Loch klafft in der Wand.

Der Enterhaken ist eure Allzweckwaffe.

In Just Cause 2 kommt es ausschließlich darauf an, dass es kracht und scheppert. Und das möglichst laut. Realismus heben sich die Entwickler augenscheinlich für andere Spiele auf. Zu dieser Erkenntnis gelangt man spätestens, wenn man sein Alter Ego außen an besagtem Hubschrauber hängen sieht. Noch immer befinden wir uns in luftiger Höhe vor dem Hochhaus.

Rodriguez visiert die frisch geschaffene Lücke in der Fußgängerbrücke an. Momente später krallt sich ein Enterhaken in dem Gebäude fest. Per Seil zieht sich der Söldner elegant hinein. Drinnen herrscht bereits helle Aufregung. Schüsse bellen. Zielperson Karl Blaine hockt mit gezückter Pistole hinter einem Sofa. Jetzt gilt es zu verschwinden. Aber wie? Ihr greift euch Blaine und geht zum Fenster. Als Blaine klar wird, was ihr vorhabt, schimpft er: „Bist du verrückt, Idiot?“ Vielleicht. Mit einem Sprung reißt Rodriguez den Miesepeter in die Tiefe. Hinter den beiden explodiert alles. Flammen schlagen hoch. Als sich der Gleitschirm öffnet, gönne ich mir den Moment, um das herrliche Panorama zu genießen.

Tatsächlich sieht Just Cause 2 mit seinen Wäldern, Bergen und Küsten unverschämt gut aus und läuft absolut flüssig. Wer hätte das gedacht? „Wir simulieren sogar komplette Gewitter“, ergänzt Freizeit-Wetterfrosch Peter Johansson, der Chef-Spieldesigner. Der Schwede mit dem schütteren, blonden Haar sitzt entspannt auf dem Sessel seines Hotelzimmers im Le Meridien gegenüber dem Münchner Hauptbahnhof. Auf dem großen LCD-Fernseher läuft die spielbare Xbox-Fassung von Just Cause 2.

Vom Helikopter bis zum Jumbo-Jet dürft ihr alles fliegen.

„Wenn du auf die Wolken achtest, kannst du richtig zuschauen, wie sich etwas zusammenbraut. Wir haben für die Avalanche Engine 2 tatsächlich die ganze Grafik von Grund auf neu entworfen.“ Eine gute Entscheidung.

„Das Coolste am Spiel ist der Enterhaken“, schwärmt Johansson. „Selbst wir im Studio entdecken fast täglich neue Einsatzmöglichkeiten für diesen Haken. Unser Physik-System ermöglicht es, frei damit zu experimentieren. Eine Methode im Spiel für Chaos zu sorgen ist, sich an der Propaganda-Maschinerie der Regierung zu schaffen zu machen. Das geht zum Beispiel, indem man sich mit einem Hubschrauber nähert und einen Propaganda-Wagen von oben mit dem Enterhaken schnappt. Sobald er am Seil hängt, lässt er sich wie eine Abrissbirne verwenden. Es gibt da sehr kreative Einsatzmöglichkeiten.“ Das klingt verrückt.