Kane & Lynch 2: Dog Days
Einblick in die deutsche Version
„Was sagen sie zu Shanghai?" – „Für'n Arsch. Ich hasse es!" Ach, herrlich, diese unbeschwerte Kommunikation. Es sind Momente wie dieser, die den Alltag vor dem Bildschirm versüßen. Wenn mitten in die heiße Phase vor der diesjährigen gamescom ein Vorab-Exemplar eines potentiellen Action-Meilensteins in den Briefkasten der Redaktion flattert, handelt es sich um einen Glücksfall, der zelebriert werden sollte.
Zunächst einmal mit einer neuen Folge von Couchpotato und dazu am besten noch mit einem Vorschaubericht. Und zwar diesem hier. Herausgeber Square Enix gönnt der Welt erneut einen Einblick in Kane & Lynch 2: Dog Days. Genauer gesagt in die ersten vier Kampagnen-Missionen und den Mehrspieler-Modus der deutschen Version des Verbrecherspiels.
Kane und Lynch, das ist ein Paar wie Dick und Doof. Nur dass Dick ein Ex-Söldner ist, der vermutlich auch mit Blicken töten könnte, und Doof ein Psychopath, der Leuten lieber ins Gesicht schießt als mit ihnen ein Gespräch zu führen, das ihm nicht schmeckt.
Kurz: Die beiden sind genau das, was euch dieses Jahr im Videospiel-Schlaraffenland bisher noch fehlt. Eigentlich. Denn die erste Regenwolke am Himmel des Baller-Traums zieht auf, wenn ihr Unbeteiligte als menschliche Schutzschilde verwenden wollt. Das funktioniert nämlich nicht.
Dieses Geiselnahme-Element hebt Kane & Lynch 2 an sich von der Masse der Schießereien aus der Verfolger-Perspektive ab: Ihr könnt mit Lynch Leute von hinten mit einem Arm festhalten und langsam vor euch her treiben, während ihr so gedeckt mit der Pistole in der anderen Hand den gegnerischen Massen einheizt. Harter Tobak? Das sehen wohl auch die zuständigen Jugendschutzbehörden so, denn in der deutschen Version klappt das nur bei Herrschaften, die eurem Duo feindlich gesonnen sind. Also Verbrechern und Polizisten.
Bevor die sich jedoch in den Schwitzkasten nehmen lassen, wehren sie sich in der Regel. Normale Passanten als Geiseln bleiben tabu. Das erhöht den Schwierigkeitsgrad. Nicht mal schießen könnt ihr auf solche Personen. Geraten trotzdem Unbeteiligte in euer Visier, streikt eure Waffe. Das ändert das Spielprinzip gehörig und kratzt an dem Flair der ultraharten Reality-Doku, das die Entwickler IO Interactive ihrem Werk gerne verpassen wollen. Schade, denn die Levels an sich wirken dank dreckiger Sofas, glänzender Pfützen und laufenden Fernsehern angenehm bewohnt und lebendig.
Die YouTube-Optik mit Wackelkamera, Bildartefakten und Blendeffekten erzeugt in der Tat ein seltenes Mittendringefühl, transportiert eine Brise Straßenkrieg in euer Wohnzimmer. Ihr kennt den Effekt vermutlich aus Filmen wie Blair Witch Project oder Cloverfield: Einerseits könnte man die Bildqualität verfluchen, andererseits zieht euch das Geschehen umso mehr in seinen Bann.
Zusammen mit der martialischen Geräuschkulisse aus Maschinengewehrschüssen und Todesschreien schafft IO Interactive ein dichtes Atmosphäre-Kissen, in das ihr eintaucht und euch fallen lassen könnt.
Das ändert allerdings nichts daran, dass es unglaublich nervt, wenn die Kamera etwa während Sprints hinter eurer Spielfigur her schlackert, als hätte der Kameramann die Parkinson-Krankheit. Überhaupt solltet ihr der Sache nicht mit Logik auf den Grund gehen. Die Hintergrundgeschichte liefert keinen Kameramann, der euch begleitet, insofern sind die Effekte wirklich nur ein Stilmittel. Genau wie das von YouTube inspirierte Nachladesymbol. Genießt einfach das Ambiente, selbst wenn ihr zumindest die Wackelkamera später über die Option „Steadycam aktiviert" wieder aus eurem persönlichen Computerspiel-Hollywood verbannt. Danach sieht das Spiel dem Vorgänger wieder erstaunlich ähnlich. Plötzlich fällt auch auf, dass die Gegner wieder etwas künstlich ableben und in sehr unnatürlichen Positionen liegen bleiben. Genau wie bei der Hitman-Serie.