Lord of Ultima
Komm zur Allianz. Welche ist egal.
Die größte Sorge, die ich beim Free2Play habe, ist es, dass der Free-Part schnell unter die Räder kommt. Dass ohne die Investition von echtem Geld hier eigentlich kaum etwas zu machen ist und das Ganze zur Luxus-Demo verkommt. Ständig nur herumzudümpeln und von Spielern, die bereit sind, mehr Geld als ich in die Server zu pumpen, dominiert zu werden, ist nicht meine Definition von Spaß. Natürlich kam diese Sorge auch bei Lord of Ultima auf. Und erwies sich, jetzt wo die finale Fertigstellung vor der Tür steht, zum Glück als weitestgehend unbegründet.
Die Boni, die ihr in diesem Mittelalter-Sim-Civ-Verschnitt einkauft, sind keine übermächtigen Gamebreaker, schon alleine deshalb, weil ihr sie nicht nach Lust und Kohle unendlich einsetzen könnt. Aber dazu später noch mehr. Erst einmal geht es darum, eine Stadt zu bauen, damit diese stark genug wird, um die Ressourcen für die Gründung weiterer Städte zu produzieren und dann natürlich auch Armeen, um das zerstrittene Land von… Britannia, nehme ich an... zu einen. Wer hier mehr Ultima als nur den Namen erwartet, muss eine herbe Enttäuschung hinnehmen. Mit Ultima Online hat das wenig zu tun und ein X ist es ganz sicher nicht. Einzelne Kleinigkeiten wie Moonstones tauchen auf, aber der Rest ist ein Fantasy-Background, der sich auf jede Story anwenden lässt, in der Fantasy und mindestens ein Land drin vorkommen.
Es sollte allerdings weitestgehend Low-Fantasy sein. In euren Rängen finden sich keine Drachen, die einzigen Orks, die ihr vermöbelt, verstecken sich verschämt in ein paar Bonusdungeons. Und auch wenn Magier dabei sind, verfügen sie jetzt nicht direkt über frei einsetzbare Zauber. Wenn man keine Feuerbälle sieht, dann ist es irgendwie kein High-Fantasy. Ist jetzt aber nicht schlimm, gab man sich doch redlich Mühe, das Setting und auch den Look in sich sehr stimmig zu halten. Warme Erdtöne und gedämpfte Farben sorgen für so viel Stimmung wie es bei einem Browserspiel möglich ist, in dem einen der Browserrahmen nie ganz verlässt.
Um euch überhaupt erst einmal in die richtige Stimmung zu bringen, nimmt sich Lord of Ultima anfangs ein wenig Zeit mit einem kleinen Tutorial, das euch das Herzstück jeder Stadt – die Stadthalle – ausbauen lässt und die Produktion der wichtigsten Güter vorführt. Holz und Stein sind essenziell für Gebäude, Eisen, Nahrung und Gold für die Rekrutierung von Armeen.
Das Stadtgebiet beginnt als wenig mehr als eine umzäunte Wiese mit ein paar Felsen, erzhaltigen Hügeln und Wäldern. Neben diese setzt ihr eue Holzfäller, Bergwerke oder Eisenmienen, die von der räumlichen Nähe zu diesen Ressourcen profitieren. Die Anfangsleistung der Produktion hält sich schwer in Grenzen, lässt sich aber durch den Ausbau der Gebäude in zehn Stufen von verschlafener Handwerker bis auf vorindustrielle Großproduktionsanlage steigern. Es ist möglich, alle Objekte so auszubauen. Relativ zügig entsteht so eine Infrastruktur, an der man immer ein wenig feilen kann. Hier ein neues Wohnhaus, das die Produktion andere Gebäude beschleunigt, da eine Stallung, um Kavallerie zu rekrutieren, dort ein anderes der insgesamt über 30 verschiedenen Gebäude. Häfen, Handelshäuser, Märkte und fast alle unterstützen sich auf die eine oder andere Weise gegenseitig. Märkte neben Händlern steigern die Bilanz, eine Werkstatt nebenan macht die Truppen der Kasernen schneller flott, während diese wiederum dann Schiffe im Kriegshafen um die Ecke schneller bemannen.
Für jeden Level der Stadthalle dürft ihr zehn Häuser bauen, sodass sich zum Schluss ein vernetztes Geflecht aus hundert Gebäuden über die dann recht gut gefüllte Stadtfläche erstreckt, wodurch man einen soliden Ausstoß an Ressourcen und Truppen produziert, mit dem es zu weitern Großtaten geht. Dieser Prozess wurde im Laufe der Beta ein wenig entschleunigt, doch dahin kommt man nicht über Nacht. Wenn wir schon dabei sind, überhaupt passiert nur weniges über Nacht. Lord of Ultima ist ein Spiel, bei dem man gerade zu Beginn nicht endlos davor sitzt.
Zu dieser Phase kann es später kommen, sobald ihr ein Dutzend Städte in einer aktiven Allianz manövriert. Anfangs baut ihr ein paar Häuschen, gebt ein paar Baubefehle und schaut ein, zwei Stunden später wieder rein. Dann sind die Baulisten abgearbeitet und die nächsten Züge werden ausgeführt. Das kann mitunter natürlich nerven, wenn man es eilig hat, aber so soll das hier halt nicht gespielt werden.
Es ist fast schon eine Entschleunigung der aktuellen Trends im Gamedesign. Lord of Ultima ist kein Quickie für die Mittagspause, sondern eine Aufgabe, der man sich mit zunehmender Hingabe stellen kann. Dieses Prinzip der Langsamkeit zieht sich durch alle Aspekte des Spiels und wird einem spätestens dann bewusst, sobald man die heimelige Sicherheit der eigenen vier Stadtmauern verlässt und sich auf den riesigen Kontinenten umschaut. Wer zu einer Nachbarstadt Waren schicken möchte, die noch auf dem gleichen Screen zu sehen ist, kann dafür schon eine Stunde einplanen, bevor die Karawane ihr Ziel erreicht. Entferntere Ziele dauern schon mal einen Tag.
Darin liegt auch ein Teil des Reizes kriegerischer Auseinandersetzungen. Die ersten sieben Tage Echtzeit genießt ihr und euer Stadt Welpenschutz, aber auch danach ist sie erst wirklich dann angreifbar, nachdem ihr eine Burg gebaut habt. Da diese auch erst eigene Feldzüge möglich macht, muss sie irgendwann her - ab dann beginnt der große Rahmen. Allein werdet ihr nicht wirklich weit kommen, gibt man euch mit dem Allianzwesen doch alle Möglichkeiten zur Entfaltung. Hierarchie und Rang definieren die Mitglieder einer solchen Gruppe. Es gibt einen eigenen Chat-Channel, ein brauchbares Mailsystem und eine Übersicht über Angriffe gegen andere Mitglieder, was die Koordination deutlich erleichtert.