Lost Planet 2
Gemeinsam den Frühling genießen
Es muss wohl eine weise Voraussicht gewesen sein, als Capcom seinen SciFi-Shooter aus der Xbox-360-Frühzeit Lost Planet betitelte. Egal, was auf dem Planet passiert, er bleibt Lost. Frozen Planet beispielsweise würde nicht mehr zutreffen. Auch Ice Planet wäre ein Fehlgriff gewesen. The Lonely Snow Raiders of E.D.N. III auch. Aus einer Vielzahl von Gründen. Worauf ich damit hinaus möchte: Capcom krempelte – wie im Abspann des ersten Teils schon zart angedeutet – gründlich alles in der Tiefe des Alls um. Weit gründlicher, als man erwartet hätte.
Dafür, dass die Eiswüste nun zur Vergangenheit des kleinen, aber unfreundlichen Planeten E.D.N. III gehört, habt ihr selbst gesorgt. Der Kampf gegen Akrids und mehr war gewonnen, der Dauerwinter beendet und die Landschaft begann erste, zarte Frühlingsgefühle zu zeigen. Aber natürlich, und wie könnte es anders sein, verwandelt sich die Schneehölle nicht in ein lauschiges Paradies sondern in einen grünen Dschungel und andere, noch nicht näher genannter, Klimazonen, in denen nicht weniger Gefahren als in der ehemaligen Groß-Arktis lauern. Schließlich muss es ja auch nach der Schneeschmelze noch was zum Draufhalten geben.
Hier warten dann die echten Überraschungen und Umbrüche. Der erste Teil konzentrierte sich auf eine pseudo-komplexe, mitunter eher verworrene als clevere Story, die euch mit viel japanischer Anime-Logik durch ein Dutzend Levels führte. Wie man es halt so kennt, schlüpftet ihr dabei in die Rolle eines einzelnen Charakters mit Background und ein klein wenig Persönlichkeit. Eine normale Videospielstory eben. Lost Planet 2 versucht es anders.
Statt einen digitalisierten Korea-Schauspieler vorgesetzt zu bekommen, bastelt ihr euch diesmal in einem recht umfangreichen Editor eine eigene Figur zusammen. Kopf, Torso, Beine und ein sehr seltsam anmutender Rucksack geben euch einen individuellen Look, den ihr nicht nur im natürlich immer noch vorhandenen Multiplayer auf das Feld schickt, sondern auch als euren Mann in der Kampagne durch die Schlacht führt. Aber alleine ist er dabei nie. Lost Planet 2 konzentriert sich auf Koop und zwar vollständig.
Capcom will euch seine neue Geschichte aus einer Vielzahl von Perspektiven erzählen und baut daraus keinen geschlossenen Plot um einen Helden, vielmehr verdrängt man die Heldentaten des Einzelnen zugunsten von Vierergruppen, die bevorzugt von menschlichen Spielern übernommen werden sollen. Fehlen mal ein paar, dann springt halt die KI ein, so wie sie es auch tut, wenn die eigene Gruppe in einzelnen Lagen mal etwas größer als ein Quartett wird.
Der Einzelspieler muss also nicht sofort verzweifeln und die Gruppenausflüge dürften die Dimension, in der die Welt präsentiert wird, deutlich erweitern. Die klassische Erzählstruktur dreht sich in der Regel immer um eine einzelne Figur und besonders im übergroßen SciFi, der Planeten umkrempelt, wirkt dies meist arg gezwungen. Es scheint halt doch an Stellen sehr weit hergeholt, dass alles, was passiert, immer nur einer Figur widerfährt. Was macht eigentlich der Rest der Bevölkerung? Nun, die Weltraumpiraten und andere Schurken, die sich vorher durch den Schnee kämpften, sind immer noch da, so wie auch so ziemlich jede andere Fraktion aus Lost Planet. Das schließt natürlich die Akrid mit ein. Genau betrachtet, zeichneten sich die Furcht einflößenden Riesenmonster kaum durch schneespezifische Eigenschaften aus und hätten – nett designed wie sie waren – praktisch überall für Verwüstung sorgen können. Was sie auch tun, wie sie jetzt zeigen.
Das Wertvollste an den Akrids bleibt die T-Energie, die ihr immer noch hastig nach dem Ableben einer Bestie einsammelt. Ihr braucht diese zwar nicht mehr, um nicht sofort als Eisblock zu enden, dafür dient sie nach der aktuellen Erklärung als universeller Treibstoff für alle Waffen und sonstigen Technologien. Welchen besseren Grund kann es geben, um auf die Jagd nach Riesenmonstern zu gehen, als aus ihren nach gleichmäßig verteilten Überresten billige Energie abzuzapfen.