Mass Effect 3 - Test
Bitter Sweet Symphony
"This is it, isn't it?"
Diese Worte von Liara - auch zu hören im Launch-Trailer - beschreiben eigentlich so ziemlich genau Mass Effect 3. Das ist es. Das Ende. Das Ende von Commander Shepards Geschichte. Die finale Entscheidung. Das letzte Gefecht. Die Reaper sind da und die Galaxie steht vor der Auslöschung. Könnt ihr sie retten?
Es ist Krieg. Das macht Mass Effect 3 euch von Beginn an klar, als die gefürchteten Maschinenwesen in die Galaxie einfallen und sich Ereignisse entfalten, die nahezu alles, was ihr in den beiden Vorgängern gesehen habt, in den Schatten stellen, die harte Entscheidungen mit nicht minder harten Konsequenzen und Auswirkungen von euch verlangen - und nein, ich werde hier nicht wirklich näher ins Detail gehen. Es herrschen Chaos und Verzweiflung im Angesicht der drohenden Vernichtung und ihr müsst in all dem Trubel einen halbwegs klaren Kopf behalten, damit es überhaupt noch eine Chance auf Rettung gibt.
Dabei gelingt es BioWare, von Anfang an ein bedrückendes Gefühl aufzubauen, das sich durch das gesamte Spiel zieht. Tod und Vernichtung hinterlassen ihre Spuren, auch bei Commander Shepard. Sie (oder er) agiert sehr viel emotionaler als das noch in Mass Effect und Mass Effect 2 der Fall war, man merkt, wie gewisse Dinge die zentrale Figur der Trilogie beschäftigen, mitnehmen. Ein deutlicher Schritt nach vorne in Sachen Erzählung. Man fühlt mit, man leidet mit, muss erst mal kräftig schlucken und es sacken lassen, wenn bestimmte Entscheidungen getroffen werden und sich euch die Resultate offenbaren, die mal tragisch ausfallen, mal spektakulär. Man hält inne, denkt darüber nach, ob man tatsächlich die richtige Wahl getroffen hat.
Fast an jeder Ecke des Universums kann man regelrecht die Verzweiflung und Ängste der Leute spüren, sowohl bei den eigenen Crewmitgliedern und überhaupt bei vielen anderen Charakteren. Und es liegt an Shepard, dafür zu sorgen, dass noch Hoffnung besteht. Es geht darum, den Reapern in den Arsch zu treten, und dafür braucht man Hilfe. Also macht ihr euch auf den Weg, um die Völker der Galaxie zu vereinen. Keine leichte Aufgabe, haben die doch alle selbst mit Reaper-Angriffen zu kämpfen, aber auch diverse andere Problemchen, die gelöst werden wollen.
Das Wenigste davon wirkt in diesem Gesamtkontext wirklich aufgesetzt, allerdings könnte man sich verständlicherweise fragen, warum Shepard wochenlang munter durch die Galaxie reist, während die Erde angegriffen wird? Nun, dass man eine solche Mammutaufgabe nicht in ein paar Tagen erledigen kann, sollte eigentlich klar sein. Ein Krieg solchen Ausmaßes zieht sich sowieso lange hin, schon die sorgsame Auslöschung der Protheaner dauerte Jahrhunderte. Insofern bleibt euch eigentlich keine Wahl, selbst wenn zuhause auf der Erde Millionen Menschen sterben, von den Reapern geerntet werden. Ein wenig schade ist, dass man euch währenddessen praktisch keine Bilder von der Heimat zeigt - ihr hört zwar immer mal wieder etwas und redet mit Admiral Anderson, aber von einem visuellen Standpunkt aus gesehen kriegt man nicht viel mit. Da hätte man etwas mehr draus machen können, aber im Endeffekt wisst ihr auch so, wofür ihr die ganze Zeit kämpft.
Überhaupt entfaltet sich die Geschichte eher wie in Mass Effect 1. Und es ist auch wirklich die Handlung, dieser Abschluss, der hier im Vordergrund steht. Die einzelnen Charaktere treten wieder ein bisschen mehr in den Hintergrund, nachdem sie im zweiten Teil auch aufgrund ihrer schieren Anzahl so viel Platz eingenommen haben. Mass Effect 3 reduziert die Zahl der möglichen Begleiter von zwölf wieder auf maximal sechs - und das sind mit Ausnahme von James Vega alles Bekannte, treue Wegbegleiter von Shepard.
BioWare gibt sich redlich Mühe, die Beziehungen zu euren Freunden und Liebschaften, die ihr auf Shepards Abenteuern im Laufe der Jahre kennengelernt habt, weiter zu vertiefen. Es gibt im dritten Teil einige wirklich wunderbare Momente der Freundschaft zwischen den Protagonisten, auch ohne dass man dafür eine Romanze haben muss - das war etwas, das den Vorgängern noch ein wenig abging. Auch hier also ein sehr wichtiger Schritt nach vorne, der die nötigen Emotionen im Angesicht des Todes rüberbringt.
An fast jeder Ecke findet ihr etwas Staunens- und viel Entdeckenswertes, insbesondere die langjährigen Fans der Reihe, die mit ihrem importierten Shepard spielen. Nahezu überall trifft man ein bekanntes Gesicht, mit dem man in der Vergangenheit schon mal auf irgendeine Art und Weise zu tun hatte - egal ob im ersten oder im zweiten Teil. Zum Beispiel verlangt der "refund guy" nach wie vor seine Rückerstattung auf der Citadel, was dann aber eher zu den kleineren Gimmicks zählt. Dann wiederum trifft man Charaktere, die man zwar beispielsweise aus den Büchern kannte, die aber bisher kein echtes Gesicht hatten, wie etwa Kahlee Sanders. Mehr möchte ich euch aber an dieser Stelle auch gar nicht verraten, das solltet ihr schön selbst entdecken. Nur soviel: Es lohnt sich, einen Spielstand für den Import zu haben.
Das war in gewisser Weise dann aber auch ein Problem mit meiner Testversion. Mir stand lediglich die PS3-Fassung zur Verfügung und auf Sonys Konsole habe ich einfach keine früheren Spielstände. Dementsprechend bestand zwischen mir und dem von mir für diesen Test erstellten Shepard eine gewisse Distanz - es ist nicht wirklich mein Shepard -, aber auch so sind viele der Missionen einfach mitreißender und emotionaler gestaltet und ihr fühlt mit. Nichtsdestotrotz gewinnt das Spiel durch den Import eines Spielstandes einfach nochmal so viel dazu. Es ist nicht zu Unrecht eines der zentralen Elemente der Reihe und gibt euch erst dieses einzigartige Mittendrin-Gefühl, weil ihr eben wirklich die Dinge seht und zu spüren bekommt, die ihr getan habt. Es ist einfach schöner, persönlicher und fühlt sich mehr nach einer Geschichte an, die wirklich ihr selbst mitgeformt habt, wenn einem ein Import zur Verfügung steht.
Was aber nicht heißt, dass Neueinsteiger keinen Spaß mit Mass Effect 3 haben könnten. Ganz im Gegenteil. Man gibt sich Mühe, ihnen alle wichtigen Informationen zu präsentieren, wenngleich ihr nicht jedes kleine Detail erleben werdet und zu schätzen wisst, die das Spiel zu offerieren hat, weil eben gewisse Entscheidungen nicht getroffen wurden, bestimmte Charaktere tot sind und so weiter.