Max Schaefer über Torchlight 2 und Diablo - Interview
"Wenn man sich entscheidet, die Mod-Community zu unterstützen, kann man die Dinge wesentlich offener und spielerfreundlicher handhaben. Das ist unser Weg."
Hier das vollständige Interview mit Max Schaefer, einem der drei Väter der Diablo-Reihe und Executive Producer von Diablo 1, Diablo 2 und Diablo 2: Lord of Destruction. Danach Mitbegründer der Flagship-Studios und zunächst an der Entwicklung von Hellgate: London und später an Mythos beteiligt. Heute ist er CEO von Runic Games.
Ich glaube, zur Zeit ist es noch so, dass mehr Auswahl schlicht besser ist. Eines Tages könnte es mal zu viele Action-RPGs geben, aber ich bezweifle das eher. Es gibt ja auch wesentlich mehr Shooter als Action-RPGs und trotzdem ist das Genre sehr erfolgreich, ohne dass die Leute seiner überdrüssig würden. Solange die Qualität der kommenden Spiele stimmt, nützt es dem gesamten Genre.
Ich mag unser System, weil es kreativer ist. Weil es sich weniger um Minimal-Maximal-Builds dreht und man auch ausgefallene Kombinationen umsetzen kann. Ein Fernkampf-Berserker ist merkwürdig, aber möglich. Man kann ein paar Fernkampfwaffen ausrüsten und ein paar passende Skills erlernen. Die Bandbreite an verschiedenen Builds ist größer.
Sehr wichtig finde ich auch das Gefühl, einen Charakter von Grund auf zu erschaffen, statt ihn einfach allmählich freizuschalten. Unser System verstärkt diesen Eindruck, ein eigenes Abenteuer zu erleben und sich einen Helden zu erarbeiten.
Ich finde, Blizzard hat gute Gründe für ihr Konzept und es gibt hier kein "Richtig" oder "Falsch". Für Spieler ist es gut, dass beide Alternativen existieren. Blizzard wollte ein sicheres Wirtschaftssystem und eine cheatfreie, wettbewerbsorientierte Umgebung mit einem Echtgeld-Auktionshaus und allen damit einhergehenden Features. Wenn man so etwas umsetzen will, muss man wohl deren Weg gehen und zum Beispiel den Offline-Modus streichen.
Wenn man sich jedoch entscheidet, die Mod-Community zu unterstützen, kann man die Dinge wesentlich offener und spielerfreundlicher handhaben. Das ist unser Weg. Wir sind nicht angetreten mit dem Ziel, es anders zu machen, denn viele Dinge hat Blizzard erst viel später angekündigt; doch jedes Mal, wenn wir eine solche Ankündigung gelesen haben, waren wir froh, dass wir einen anderen Weg eingeschlagen hatten und so unterschiedliche Merkmale existieren. Beide Spiele werden so oft verglichen und wenn man zwei Screenshots nebeneinander stellt, scheinen die Titel mehr miteinander gemeinsam zu haben, als das tatsächlich der Fall ist.
Die Beta lief viel problemloser als wir dachten. Von allen Betas, die ich bislang mitgemacht habe, gab es hier die wenigsten Schwierigkeiten. Mich hat überrascht, dass alle vier Klassen fast gleich häufig gespielt wurden. Das freut mich wirklich, denn daran sieht man, dass den Leuten die Klassen gut gefallen. Es ist außerdem erstaunlich, wie professionell einige Spieler ins Detail gehen, die Werte und Entwicklungen analysieren und wie ausgefeilt ihr Feedback ist. Statt ein simples "das ist gut; das ist mies" bekamen wir hervorragende Argumente zu hören, weshalb manche Dinge geändert werden sollten.
Mit steigendem Schwierigkeitsgrad dauert es auf jeden Fall länger, vor allem, weil auch die Bosskämpfe länger dauern. Wir haben das nicht genau gemessen, aber ich würde mal schätzen, dass man im höchsten Schwierigkeitsgrad ungefähr 40 Prozent länger benötigt als im normalen Modus. Casual kann man extrem schnell durchspielen - der Schwierigkeitsgrad richtet sich vor allem an Nicht-Spieler und Kinder.
Einzelne Rufe danach gibt es natürlich immer, aber insgesamt hielt es sich in der Waage. Keiner hat meines Wissens nach die Beta auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad in Hardcore gemeistert. Sicher werden wir den Schwierigkeitsgrad anpassen, falls nötig, aber wem das Spiel nicht schwer genug ist, der kann auch per Modding-Tool nachhelfen.
Das Tool ist sehr mächtig und wir nutzen es selbst, um das Spiel zu entwerfen. Relativ einfach sind neue Items und ein paar Änderungen beim Balancing. Man kann mit dem Editor aber auch das Level-Layout, Partikelsysteme, Quests, den Zufallsfaktor, die Animationen, die Itembalance und andere Dinge modifizieren. Mit genügend Zeit und Leuten kann man praktisch ein völlig neues Spiel erschaffen.
Wenn es eine wirklich coole Idee wäre auf jeden Fall. Ansonsten hängt es davon ab, wie wir ihnen helfen können. Neue Features für das Design-Tool sind auf jeden Fall drin. Durchgehender Support oder Management sind allerdings nicht drin, da wir nur ein kleines Studio sind. Ich bin auf jeden Fall gespannt, was die Leute mit den Tools so anstellen.
Die Leute werden es vielleicht nicht glauben, aber das war keine Absicht. Ich glaube tatsächlich, dass das auf die natürliche Evolution dieser Spiele zurückgeht. Man beginnt mit einem einzigen Gebiet und wendet sich dann im zweiten Teil der offenen Welt zu. (lacht) Aber vielleicht sind wir auch einfach alle verdammt unkreativ. Auf jeden Fall ist es schwieriger, eine offene Oberwelt zu realisieren. Zufallsbasierte Außenwelten zu programmieren, die gut aussehen und sich gut anfühlen, ist nicht so einfach, wie einen einzigen Dungeon zu schreiben, dessen Design man variieren kann. Bei Außenwelten muss man den Spielern das Gefühl geben, etwas zu entdecken und nicht nur einem Pfad zu folgen. Das ist kompliziert.
Wir haben sehr viel experimentieren müssen mit den offenen Bereichen. Mal waren sie zu groß, mal zu klein, mal zu linear, mal waren sie zu chaotisch, sodass man die Orientierung verlor. Außerdem ist es schwieriger, eine natürlich gewachsene Umgebung zu modellieren. Die Leute merken sofort, wenn hier etwas nicht stimmt. Dungeons sind nur Architektur, aber Felsen und Grashügel überzeugend zu platzieren, ist anspruchsvoller als man denkt. Dabei spielt es keine Rolle, ob man eine Zeichentrick-Welt gestaltet oder eine realistische. Die Probleme und Anforderungen sind die gleichen. Es muss richtig aussehen, sich gut anfühlen und spielbar sein. Die Übergänge müssen ebenfalls überzeugen. Daher verwenden wir auch mehr Zeit für die Gestaltung der Außenbereiche als bei den Innenbereichen.
Als wir Diablo 1 machten, war es unser erstes PC-Spiel überhaupt. Wir waren hungrige Ex-College-Studenten und hatten keinen Plan davon, was einmal daraus werden würde. Davon träumt man nicht einmal. Aber wir hatten ein paar Theorien darüber, was mit Computerspielen zu der Zeit nicht stimmte und was vor allem auf dem Gebiet der RPGs verbessert werden könnte. Diese Titel waren sehr statistiklastig und nerdig geworden und hatten den Mainstream-Spieler quasi abgehängt. Als wir als Kinder Pen-and-Paper, also Dungeons-and-Dragons, spielten, hielten wir uns nicht lange mit Hintergrundgeschichten und Storys auf und kamen direkt zu den Kämpfen. Wir dachten: "Hey, das ist es, was RPGs und Computerspiele brauchen! Man sollte innerhalb von zwei Minuten, nachdem man ein Spiel gestartet hat, sein erstes Skelett niederknüppeln, statt eine Dreiviertelstunde in der Gegend herum zu laufen. Also setzten wir das in unserem Spiel um und es war toll, dass die Leute mit uns übereinstimmten.
Ursprünglich war Diablo 1 als eine Art Hybrid zwischen einem rundenbasierten- und einem Echtzeitspiel angelegt, aber es wurde relativ schnell deutlich, dass es ein reines Echtzeitspiel werden würde. Als wir dann dieses erste Skelett auf den Bildschirm packten und drauf klickten, war der Fall klar - auch ohne dass wir die Theorien damals kannten. Allerdings gab es tatsächlich eine Inspiration, die wir im Hinterkopf hatten, nämlich den einarmigen Banditen. Hier will man immer weiter spielen, weil man häufig kleine Beträge gewinnt, dann ab und zu einen mittleren Gewinn erzielt und ganz selten den Jackpot knackt.
Vor allem bin ich froh, dass es gut geworden ist. Hätten sie Diablo 3 gemacht und versaut, wäre die ganze Marke beschädigt worden, was einen Schatten auf die Vergangenheit der Reihe geworfen hätte, die ich natürlich liebe und wovon ich selbst ein Teil bin. Also war meine erste Reaktion "Gottseidank ist es gut!" Außerdem war ich sehr froh, dass es sich so sehr von unserem Spiel unterscheidet und jeder Titel seinen eigenen Weg geht.