Medal of Honor
Der unendliche Krieg
Dieser Part ist für Private Adams vorgesehen. Ein Ranger, der zusammen mit seiner Einheit an wichtigen Auseinandersetzungen wie der Einnahme des Flughafens von Bahgram teilnimmt. Ihr bemannt Maschinengewehre, zerlegt feindliche Stellungen und weist A-10-Jagdbombern Ziele zu. Dabei schlüpft ihr nicht in das Flugzeugcockpit und drückt den Abzug, sondern markiert die alten Panzer und Jeeps mit einem Laser. Nur in einer Mission verlasst ihr den Boden und übernehmt die Rolle eines AH-64-Hubschrauber-Piloten. Im Gegensatz zu Call of Duty: Black Ops könnt ihr den stählernen Vogel nicht selbst steuern, sondern fungiert als Kanonier. Ihr markiert Ziele für die Hellfire-Raketen, ballert mit der Maschinenkanone herum und jagt ungelenkte Raketen auf die Taliban-Kämpfer.
Leider wird hier ein entscheidender Unterschied zu Bad Company 2 klar. Während der Multiplayer-Part mit der starken Frostbite-Engine arbeitet, greift das EA-Studio Danger Close bei der Kampagne auf die Unreal Engine 3 zurück. Das Endergebnis: Die Zerstörungen wirken oft nicht organisch, sondern noch stärker geskriptet als bei Bad Company 1. Explosionen, viele Effekte und Texturladezeiten sorgen nicht immer für eine überzeugende Optik. Die Qualität schwankt stark. Gerade nachts sieht der Titel deutlich schlechter aus. Erst wenn die Sonne aufgeht, verwandelt sich Medal of Honor in eine Schönheit. Noch dazu leiden die Konsolenversionen unter Framerate-Problemen und schwächeren Texturen. Und selbst bei der PC-Version nerven die ständig auftretenden Skript-Bugs. Etwas mehr Feintuning hätte dem Spiel gut getan.
Der Kern der ca. sechs Stunden langen Kampagne ist aber die Flucht der Tier-1-Kämpfer vor einer gewaltigen Taliban-Horde. Nachdem ihr Hubschrauber abgeschossen wurde, kämpfen sie sich zwei Tage durch das zerklüftete Hinterland. Es geht über karge Steinwüsten, hoch in schneebedeckte Berge und in kleine Dörfer. Es kommt zu einigen beeindruckenden Situationen. Eingekreist von Milizen versuchen die Soldaten verzweifelt, die Feinde zurückzuschlagen.
Doch die Taliban sind nicht dämlich. Von allen Seiten attackieren sie eure Stellung. Mit Raketenwerfern wird eure Deckung langsam aber sicher zu Schutt verarbeitet. Dramatische Sekunden, die durch die verzweifelten Funksprüche euer Kameraden noch verstärkt werden. Einn Menschenjagd, die sich intensiver spielt als die meisten Modern-Warfare-Level und Emotionen wachruft. Wer also mehr Realismus und glaubhaftere Charaktere möchte, bekommt das hier in genau der richtigen Dosis serviert. Das bessere Action-Kino gibt es aber ganz klar bei der Konkurrenz.
Natürlich kommt auch Medal of Honor nicht ganz ohne Stereotypen und Klischees aus. So kümmert sich der Tausende Kilometer entfernt sitzende General kaum um die eigenen Soldaten. Er befiehlt dem leitenden Offizier, sie zurückzulassen. Und der widersetzt sich natürlich und würgt die Verbindung ab. Ein Situation, die man wohl aus Dutzenden Filmen kennt und die wenig überrascht. Außerdem wird mir die Kameradschaft der Truppe etwas zu hochgejubelt. Für den Waffenbruder werden im Notfall auch Befehle missachtet. Selbst wenn dafür Zivilisten sterben? Immerhin werden die Taliban nicht verteufelt oder als Monster dargestellt. Die Kampagne bleibt so auch moralisch einigermaßen erträglich.
Habt ihr den Wettlauf gegen die Zeit abgeschlossen, bleibt euch noch der Tier-1-Modus. Eine Art Highscore-Jagd, die Punkte für ein besonders schnelles Beenden eines Levels vergibt. Er erinnert ein wenig an den Arcade-Modus aus Modern Warfare 1, der in der deutschen Version fehlte. Warum das Punkte-für-elegantes-Töten-Prinzip diesmal bei der USK durchgekommen ist? Keine Ahnung. Zumindest in unserer Testfassung war er mit drin. Er ist aber nicht so aufregend, dass man ihn wirklich unbedingt benötigt.
Der zweite, noch größere Part von Medal of Honor ist ganz klar der Multiplayer-Modus. Entwickelt von DICE, präsentiert er sich als eine Art Mischung von Modern Warfare und Bad Company. Die Schweden haben sich dabei Mühe gegeben, die Spielerfahrung und die optische Erscheinung so dicht wie möglich an der Kampagne zu halten. Über weite Strecken seid ihr zu Fuß unterwegs. Ihr bewegt euch schneller, wartet kürzer auf die Wiederbelebung und könnt eben nicht den gesamten Level zerlegen. Immerhin: Panzerfäuste reduzieren deutlich Mauern, hinter denen ihr euch verschanzt. Und selbst die Spezialattacken deformieren die Umgebung, auch wenn ihr nie wie bei Bad Company 2 tabula rasa machen könnt.