Medal of Honor
Zurück an die Front
Seelenruhig sitzt der vermeintliche Schäfer auf einem Felsen mitten im Nirgendwo von Afghanistan. Vor ihm liegen in aller Ruhe seine Ziegen, schauen in die Umgebung. Im nächsten Moment taucht plötzlich still und heimlich hinter dem Beobachter eine vermummte Gestalt auf und schaltet ihn lautlos mit einem Messer aus. Während er zu Boden sackt, marschieren auch die Ziegen von dannen. Die Gefahr der Entdeckung ist somit erstmal gebannt und wie aus dem Nichts tauchen die Kollegen des Angreifers vor den eigenen Augen aus dem saftig grünen, sich im Wind windenden Gestrüpp auf, in dem sie zuvor praktisch unsichtbar lauerten. Erinnerungen an die Pripyat-Mission von Call of Duty 4: Modern Warfare werden wach.
Und es ist nicht das einzige Mal, dass ich während der Gameplay-Präsentation des jüngsten Medal-of-Honor-Vertreters an Infinity Wards Modern Warfare denken muss. Auch Electronic Arts verlagert das Geschehen der bislang ausschließlich im Zweiten Weltkrieg angesiedelten Reihe in die Moderne. Nach Afghanistan, um genau zu sein. Auf einen exakten Zeitraum will man sich dabei nicht festlegen. Das Geschehen im Spiel selbst ist fiktiv, könnte nach Angaben von EALAs Senior Creative Director Richard Farrelly, der zuvor unter anderem an Call of Duty: World at War oder Return to Castle Wolfenstein arbeitete, „irgendwann zwischen 2002 und heute“ spielen.
Während die Mission also nicht auf wahren Begebenheiten beruht, tun das die Einheiten, die diesmal im Mittelpunkt stehen, allerdings schon. Dabei handelt es sich um die sogenannten Tier-1-Agenten, die zum amerikanischen Special Operations Command gehören. In diese Spezialeinheit kann man nur durch eine Einladung gelangen, insgesamt gibt es vielleicht 200 bis 300 von ihnen. Ein Grund für die vergleichsweise geringe Zahl ist auch der harte Auswahlprozess, den laut Farrelly gerade mal fünf Prozent der in Frage kommenden Soldaten erfolgreich absolvieren.
Die Agenten arbeiten zur Erfüllung ihrer Aufgabe mit lokalen Anführern zusammen, tragen passende Kleidung und sind vornehmlich in kleinen Gruppen unterwegs. Man könnte sagen, sie erledigen die Drecksarbeit, bevor „Sledgehammer“ eintrifft. Damit bezeichnet man das US-Militär, also die Rangers, Helikopter und so weiter. Im neuen Medal of Honor müssen beide zusammenarbeiten.
Nachdem man im Kölner Hauptquartier von Electronic Arts Deutschland erstmal eine deutlich längere Version des bislang veröffentlichten Trailers zeigte, der eine mehr als gelungene Einstimmung darstellte, begann Farrelly schließlich mit der Präsentation eines Levels – oder zumindest eines Ausschnitts davon, denn die komplette Mission wurde nicht vorgeführt.
In diesem Einsatz geht es darum, dass eine kleine Gruppe von SEALs eine Bergfestung infiltriert hat und einen Luftschlag am folgenden Tag vorbereiten soll. Dummerweise läuft aber immer nicht alles so, wie es geplant ist. Nach der zu Beginn angesprochenen Schäfer-Szene arbeiten sich die in lokale Kleidung gehüllten Agenten langsam an einem teilweise verschneiten Berg hinauf, ohne vorerst allzu viel Aufmerksamkeit zu verursachen. Langsam bringen sich die Kämpfer in Position und schalten eine Feindgruppe zusammen und mithilfe ihrer schallgedämpfen Waffen aus – auch das hat man so schon in einigen Abschnitten von Modern Warfare 1 und 2 gesehen. Während langsam der Morgen dämmert, entledigt man sich in Folge dessen einer weiteren Patrouille, die mit Taschenlampen die Umgebung absucht, und gelangt schließlich zu einem kleinen Camp.
Auch hier nutzt Farrelly wieder das Überraschungsmoment. Innerhalb von Sekundenbruchteilen regnet ein Kugelhagel auf die um ein Lagerfeuer herum sitzenden und stehenden Feinde nieder, die keine Chance haben. Während die Gegner einer nach dem anderen leblos zu Boden kippen, fällt ein Gegenstand ins Feuer und löst eine kleine Explosion aus, die aber glücklicherweise niemanden anlockt.
Ein Stück weiter wird es dann schon etwas lauter. Das Team beobachtet eine feindliche Flugabwehrstellung, deren Geschosse in Richtung einer amerikanischen AC-130 abgefeuert werden, die wiederum gerade eine Stellung im darunter befindlichen Tal beschießt. Wuchtig hämmern die Schüsse aus den Boxen des Präsentationsraums, gehen regelrecht durch Mark und Bein. Während die Widersacher sich weiter auf das Flugzeug konzentrieren, gehen die Agenten zum Angriff über, nutzen die daraus entstehende Verwirrung in der nach wie vor recht dunklen Szenerie. Es entbrennt ein hartes Gefecht, in dem die überraschten Feinde jedoch nicht wirklich eine Chance haben. Zu guter Letzt jagt man noch die Flak in die Luft, damit hier endgültig Ruhe herrscht.
Die Zusammenarbeit mit der AC-130 geht anschließend aber erst richtig los. Die Agenten stoßen auf einen Fahrzeugkonvoi, den man alleine nicht in einem Schlag ausschalten kann. Dabei hilft einerseits der Nachtsichtmodus, andererseits aber auch der Ziellaser, der die Vehikel für das sich erneut im Anflug befindliche Flugzeug markiert.