Metaphor ReFantazio mag Genre und Kämpfe verändern, bleibt aber weiter psychologisch
Game Director Katsura Hashino im Interview.
Große Themen, tiefgründige Geschichten und ein hundert Stunden langes Spiel: Metaphor ReFantazio nimmt sich als Nachfolger der Reihen Persona und Shin Megami Tensei sehr viel vor, wenn auch Studio Zero die bisher größte Veränderung der eigenen Formel wagt. Weg von der modernen Schule mit bösen Erwachsenen, hin zu einer magischen Fantasiewelt voller Metaphern.
Wieso sich das Team trotz erfolgreicher Positionierung in der Moderne für einen neuen Schauplatz entschied, was sich verändert und was uns weiterhin bekannt vorkommen wird, habe ich den leitenden Spielentwickler Katsura Hashino selbst gefragt. Seine Antworten fügen die bisher bekannten Einzelteile zu einem klaren Bild zusammen. Ob dieses Bild bei den Fans gut ankommt, erfahren wir wohl erst nach Veröffentlichung am dem 11. Oktober 2024.
Als Spielerin beinahe aller Teile aus den SMT- und Persona-Reihen, inklusive Spin-Offs wie Devil Survivor, Catherine oder Tokyo Mirage Sessions, freue ich mich zunächst einmal über das Team, bei dem Charakterdesigner Shigenori Soejima, Autor Yuichiro Tanaka und Komponist Shoji Meguro zusammen mit Hashino wieder ihre Magie wirken wollen. Das lässt kaum Raum für Zweifel. Dass der Game Director dann noch mit kalter Mail-Akquise Koda Kazuma (Level-Designer bei NieR Automata) und Ikuto Yamashita (Mecha-Designer bei Neon Genesis Evangelion) mit ins Boot holen konnte, macht mindestens visuell Lust auf mehr.
Beim Anspielen auf diversen Messen wird mir klar: Shoji Meguro haut mal wieder einen einzigartig epischen Soundtrack raus, der bereits in der Demo aufzufallen weiß. Die Kampfmelodie geht sofort ins Ohr. Nach jedem Sieg warte ich noch die Gesangseinlage ab, denn die schnellen buddhistischen Mantras passen perfekt zur düsteren sowie surrealen Fantasiewelt. Im Prozess, so erzählt mir Hashino, habe sich der Komponist mit dem Ursprung von Musik befasst. "Es gibt die Theorie, dass die Menschheit Musik erfunden habe, um ihre Ängste zu überwinden", erklärt Hashino. Und das ist besonders wichtig, weil Angst das zentrale Motiv des Spiels sein wird. Mit dem auditiven Ergebnis sei der leitende Entwickler übrigens sehr zufrieden, aber am Ende käme es nur darauf an, wie die Spielerinnen und Spieler darauf reagieren, stellt er fest.
Style over Style
Eine weitere Besonderheit bei Metaphor ReFantazio ist die im Jahr 1887 künstlich entwickelte Sprache 'Esperanto'. Die findet sich sogar im Titel, denn ReFantazio ist nicht einfach ein eigenartiges Wortkonstrukt, sondern Esperanto. Und dabei soll es nicht bleiben, denn auch die Magiesprüche, die im Spiel genutzt werden, wurden in der Plansprache verfasst. Wenn ihr genau hinschaut, könnt ihr bereits in der Demo und in bisher erschienenen Trailern geschriebenes Esperanto entdecken. Gesprochen wird es allerdings im Spiel nicht.
Man könnte annehmen, dass Studio Zero das Thema Design bereits mit links meistert. Aber nur, weil alle Beteiligten stilistisch schon mehrmals überzeugt haben, heißt es nicht, dass es dem Team auch in diesem neuen Genre leicht fiel. "Nur fürs Protokoll: Wir haben etwa eine Billion Versuche gebraucht, um die Benutzeroberfläche so zu gestalten. Ich habe unserem UI-Designer vor eine lächerlich schwierige Herausforderung gestellt", witzelt Hashino sichtbar erleichtert, dass das Design des Menüs positiven Anklang findet.
Jedes Spiel hat schließlich eine eigene Thematik, wie man bereits aus Persona 3 Reload raushören konnte. Metaphor ReFantazio musste das große Thema Angst mit den malerischen Pinselstrichen, die man bei der Vorstellung von Fantasy im Kopf hat, vereinen. Gleichzeitig sollten die fiktiven Figuren möglichst nahbar und real wirken. Deshalb findet ihr auch schnell Nahaufnahmen von Figuren (Gesichtsprofil, Hände, Schuhe etc.), sowie dynamische Übergänge im Hauptmenü. Meiner Meinung nach ist das Design wirklich gut gelungen und verleiht ReFantazio einen neuen Glanz und bringt gleichzeitig einen vertrauten Stil ins neue Genre.
(K)ein Persona im Fantasy-Gewand
Beim Spielen fühlte ich sofort, aus welcher Schmiede Metaphor ReFantazio stammte, dennoch handelt es sich beim neuesten Atlus-Werk keinesfalls um eine reine Kopie von Persona 5 im Fantasykleid. "Wir sind Neulinge im Fantasy-Genre. Die Neugier davon, wie ein Spiel aussehen würde, wenn Leute wie wir sich Fantasy vorstellen, diente als großer Motivator", erzählte der leitende Spieleentwickler. Ein weiterer ungewöhnlicher Fantasy-Aspekt, der aber sehr zum Studio passt, ist, dass das Team mit der realen Welt verbinden möchte. "Was würde passieren, wenn wir Fantasie in unsere reale Welt mischen?", fragte sich Hashino während der Entwicklung.
Der größte Unterschied liegt in den Spielelementen: Archetypen sind die neuen Personas, die rein visuell auch an diese erinnern, sich konzeptionell allerdings grundlegend unterscheiden. "Archetypen sind internalisierte Gestalten. Sie kommen aus dem Inneren des Menschen und stellen Eigenschaften dar, die man während der Interaktion mit anderen Menschen in sich selbst entdeckt", erklärt Hashino. Archetypen sind also keine außerweltlichen Entitäten, deren Kraft sich aus einer externen Welt schöpft, wie bei den Gestalten aus dem Velvet Room.
Ich finde es spannend, wie sich dieses Konzept mit meinen eigenen Erfahrungen deckt, die ich bisher mit Angst oder Beklemmung gemacht hatte. Wir kennen es sicher alle: Wenn man neue Menschen kennenlernt, fallen einem manchmal bestimmte Eigenschaften auf, die man gerne hätte, die man nervig findet oder die einen neugierig machen. Wie etwa, wenn eine Person ganz mutig vor einer großen Gruppe ihre Meinung äußert. Vielleicht würde man sich das selbst in dem Moment nicht trauen oder man empfindet es sogar als unhöflich und lehnt so einen vermeintlichen Mut ab. Jedenfalls ist eine solche Wahrnehmung oft die Reflexion einer Eigenschaft, die man an sich selbst bemerkt. Ich verzichte mal auf eine ausführliche Analyse, weil es zu sehr in eine psychologische Richtung gehen würde, aber Metaphor ReFantazio will genau das tun: Sich mit dem Konzept von Angst auseinandersetzen und helfen, es zu überwinden. Katsura Hashino äußerte dazu folgende Ansicht: "Am Ende des Spiels will ich, dass die Leute verstehen, wie man beklemmende Angstzustände überwindet. Angst zu überwinden heißt nicht, sich zu verändern, sondern als Selbst einen Schritt nach dem anderen vorwärtszusetzen."
"Angst zu überwinden heißt nicht, sich zu verändern, sondern als Selbst einen Schritt nach dem anderen vorwärtszusetzen."
Spielerisch will man das Thema ebenfalls wiederspiegeln: So wird die Beziehung zu anderen Figuren zum zentralen Element, das Werte im Kampf verändern kann und neue Archetypen freischaltet. Über 40 davon können zwischen den Figuren durchgetauscht werden. Ihr sollt dabei die größte Freiheit über die Gestaltung des eigenen Teams haben. Dass Beziehungen mit anderen Figuren einen Einfluss auf die Kraft der Archetypen, sowie den politischen Einfluss lenken, ist hier besonders wichtig.
Mindestens genauso wichtig, wie der Zeitrahmen, der wieder mal eine große Rolle spielt. Eure täglichen Entscheidungen darüber, wie ihr Zeit verbringt, wirken sich erneut auf den Charakter der Hauptfigur aus, nehmen aber auch Einfluss auf unterschiedlichste Missionen im Spiel. Beispielsweise wird es in der semi-offenen Welt auch Nebenfiguren mit Aufträgen geben. Darüber, Missionen beim ersten (wahrscheinlich sehr langen) Durchlauf zu verpassen, müssen sich vor allem Veteranen von Atlus aber keine Sorgen machen.
"Es gibt unterschiedliche Parameter. Statistiken und Beziehungen unterscheiden sich, je nachdem, wie man seine Zeit im Spiel verbringt. Aber wir haben auch eine Schnellreisefunktion, um an frühere Orte zu reisen, wenn man das Gefühl hat, etwas verpasst zu haben. Wenn man aufmerksam spielt, ist es durchaus möglich, alle Nebenereignisse und Missionen beim ersten Durchspielen abzuschließen", erklärte Hashino.
Für mich klingt das nach einem riesigen Fantasy-JRPG, das nicht nur für Abwechslung bei Atlus sorgen könnte, sondern auch im Fantasy-Genre selbst. Aber wie seht ihr das? Metaphor ReFantazio erscheint am 11. Oktober 2024 für PlayStation 5/4, Xbox Series X/S und PC.