Midnight Club: Los Angeles
Großer Spaß auf zwei Rädern
Bisher gingen mir die meisten Videospiel-Motorräder gehörig auf die Nerven. Brutal schnell, extrem wackelig und kaum kontrollierbar eierte ich bei Project Gotham Racing 4, diversen MotoGP-Umsetzungen und Test Drive Unlimited durch die Gegend. Bis heute verfolgen mich die knallharten Motorrad-Missionen aus Grand Theft Auto IV bis in den Schlaf. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Nico an jeder Straßenecke physikalisch korrekt durch die Gegend fliegen und mich den Button zum Neustart der Mission hämmern.
Das gleiche Spiel bei Project Gotham Racing 4: Schon beim ersten Rennen wählte ich das bereitgestellte Motorrad und versagte kläglich. Da half auch die beste Beschleunigung nichts. Durch die ständigen Flugeinlagen war mir selbst nach dem zehnten Versuch der letzte Platz sicher. Die Folge: Kaum sehe ich solch eine Killermaschine, schalte ich schnell die Konsole ab und denke an was anderes. Alternativ drücke ich den entsprechenden Titel einem Kollegen in die Hand, um mein Trauma nicht erneut zu erleben.
Diese Option blieb mir bei meinem Besuch bei Rockstar Games leider nicht. Nichts ahnend lockte man mich nach der ausführlichen Singlellayer-Vorschau zu einer Multiplayer-Session mit Midnight Club: Los Angeles nach München, in deren Rahmen zufälligerweise auch die Motorräder vorgestellt wurden. Im Nachhinein eine glückliche Fügung, schließlich heilte mich diese Erfahrung von meiner nervigen Paranoia.
Doch der Reihe nach: Neben einer ansehnlichen Fahrzeugpalette könnt Ihr erstmals auch mit schnellen Bikes durch die Gegend hetzen, die deutlich entspannter als bei der Konkurrenz reagieren. Bei Frontalzusammenstößen zerlegt es Euch zwar immer noch regelmäßig an der nächsten Hauswand, dafür gleitet die Maschine, wie auch ihre vierrädrigen Herausforderer, sanft an Laternen und Bäumen vorbei. Selbst bei einem seitlichen Rammstoß bleibt der Fahrer wacker auf seinem Geschoss sitzen und zieht weiter seine Runden.
Nach den ersten zaghaften Multiplayer-Versuchen mit dem Lamborghini Gallardo gelang es mir gleich beim ersten Rennen mit der Kawasaki Ninja ein relativ fehlerfreier dritter Platz. Die Motorräder dominierten die italienischen Edelraser nach belieben und wurden schnell zum Favorit der anwesenden Journallie. Mit Realität hat die wilde Kurvenhatz zwar nur wenig zu tun, dafür machen die blitzschnellen Reiskocher jede Menge Spaß und sind absolut konkurrenzfähig. Spannend wird es aber erst, wenn man in der Vollversion endlich mit aufgemotzten Fahrzeugen online antreten kann. Ein Fest für alle Tuner.
Doch der eigentliche Höhepunkt der Veranstaltung lauerte in den Tiefen des Multiplayer-Codes. Rockstar Games entfernt sich mit dem neusten Midnight Club-Ableger wieder mal deutlich von der Arcade-Konkurrenz. Mal abgesehen von der recht manierlichen Story und dem wirklich erstklassig in Szene gesetztem Los Angeles, hauchen die Amerikaner dem Genre mit einer Prise WipEout neues Leben ein.
In der Story werdet Ihr je nach Fahrweise und Reputation Spezialfähigkeiten erhalten, die Euch den harten Rennalltag erleichtern. Rabiate Naturen, die gerne mal die Konkurrenz in die nächste Mauer befördern, bekommen mit "Aggro" ein probates Mittel an die Hand. Einmal aktiviert, wird die Konkurrenz bei Berührung durch die Gegend geschleudert. Unrealistisch, aber sehr spaßig.
Besonders präzise Lenker erhalten stattdessen "Zone". Dieser Zeitlupeneffekt vereinfacht die Steuerung durch den dichten Verkehr, kann aber wie der Rest nur einmal pro Rennen eingesetzt werden. Die letzten beiden Fähigkeiten sind dagegen wieder destruktiver Natur. Per "EMP" schaltet Ihr die Fahrzeug-Elektronik aus und stört damit die Lenkung der ungeliebten Gegner. Mit "Roar" katapultiert Ihr sie indes mit einer Schockwelle aus dem Weg.