ModNation Racers
Das Rennspiel-Bastel-Set
„Heiliges Kanonenrohr! Ist das ein Kart oder ein Osterei?“ Eine berechtigte Frage, die euch euer ergrauter Chefmechaniker da vor dem ersten Rennen stellt. Denn der Lack eurer Rennschüssel wirkt kombiniert mit einigen Aufklebern in der Tat ein wenig so, als hätte ein Osterhase auf LSD das Gefährt bemalt. Ihr selbst, ein Jungfahrer namens „Tag“ (englische Aussprache beachten), fallt ebenfalls unter die Kategorie „Nicht schön, aber auffällig“.
Doch das gehört alles zum Konzept von ModNation Racers. Sowohl Karts als auch euren Fahrer könnt ihr modifizieren und euren Launen anpassen. Vom Überbiss im Gesicht bis zur Angelrute auf dem Kofferraum. Zu guter Letzt entwerft ihr auf Wunsch per Baukastenprinzip sogar eigene Strecken. Dass ihr an solchen Dingen Freude findet, darauf setzt das gesamte Spielprinzip. Ein bisschen so wie LittleBigPlanet im Hüpfspiel-Genre, allerdings nicht genauso gut.
Auf den Wecker gehen im wahrsten Sinn des Wortes die Ladezeiten. Also jetzt nicht die halbe Stunde, bis man das neueste Firmware-Update gezogen, das Spiel seine 3,9 Gigabyte an Daten ungefragt auf die Festplatte geschaufelt oder man die Intros überstanden hat. Geschenkt! Nein, das Spiel lädt sich tatsächlich vor und nach jedem Rennen einen Wolf.
Und besonders lang dauern die Rasereien gegen die elf Konkurrenten ohnehin nicht. Da wirken plötzlich selbst übliche Menüpunkte wie „Schnelles Spiel“ ungewollt selbstironisch. Läuft ModNation Racers jetzt auf einem C64 oder einer PS3? Zumindest gibt es keine systembedingte Nachlade-Boxenstopps während der Läufe.
Der schwarze Flitzer mit dem Totenkopf auf der Motorhaube und der Hausantenne auf dem Kotflügel schlittert gekonnt durch die Linkskurve, während der Zähler für die Drift-Punkte dem fünfstelligen Bereich entgegen rattert. Gleichzeitig lädt sich der Balken für euren Turbo auf. Mit Feuer aus den Auspuffrohren quittiert euer Flitzer den Wunsch nach höherer Geschwindigkeit. Ja, hier geht die Post ab! Mit dem selbstentworfenen Kart über die Strecke rutschten, mittels Rampen und Schleichwegen die Strecke abkürzen und den Windschatten der Gegner nutzen – das sind die schönen Rennmomente in ModNation Racers. Es liegt Mario-Kart-Atmosphäre in der Luft! Mit meist konstanten 30 Bildern pro Sekunde vermitteln Bäume, Häuser und der Asphalt ein gutes Tempogefühl. So könnte es ewig weitergehen. Doch das passiert nicht …
28 Rennen bietet der Karriere-Modus. Nach etwa der Hälfte greifen die Computer-Kollegen vermehrt zu aggressiven Aktionen. Blitzattacken, Lenkraketen und Co. dürft ihr zwar ebenfalls abfeuern, doch gerade bei den Elite-Gegnern beschleicht einen das Gefühl, dass die Entwickler dem Spieler das Leben gerne besonders schwer machen wollen. Zwar könnt ihr per Knopfdruck nahende Feindattacken mit einem Schutzschild abwehren, doch die Funktion funktioniert genauso zuverlässig wie ein Moskitonetz, das jemand alle drei Sekunden auf- und abhängt.
Euer Rennschlitten entwickelt sich zum Spielball höherer Mächte, oft landet ihr ausgebremst auf dem Seitenstreifen. Plötzlich ärgert ihr euch auch über die gerne in Gruppen vorbeiziehenden Gegnerhorden oder die übersensible Lenkung, die euch ungewollt oft an Extras vorbei manövriert. Und wenn in der Zieleinfahrt das Feld – trotz eines bis dato perfekten Rennens – an euch vorbei zieht, möchte man am liebsten einen der Programmierer in den Finger beißen. Erst im Mehrspieler-Modus über das PlayStation Network oder zu viert am geteilten Bildschirm kehrt die Fahrfreude zurück.