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No More Heroes 2: Desperate Struggle

Touchdown im zweiten Anlauf

Suda 51s No More Heroes war ein tolles Spiel. Gut, es hatte Probleme und Fehler... der japanische Ausnahmedesigner gab sich nicht damit zufrieden, inhaltlich eine ebenso beißende Satire wie liebevolle Hommage an die große Welt der Videospiele zu schaffen, auch spielerisch ließ er es sich nicht nehmen, prominente Action- und Open-World-Vorbilder zu zitieren und oft auf ironischste Art und Weise vorzuführen.

Aber so clever viele dieser Einfälle auch waren, dem Spielspaß waren sie letzten Endes doch nicht zuträglich. Augenzwinkernder Einsatz von Grinding-Elementen ist witzig, aber irgendwann nervt es dann und auch, wenn Suda damit ein rotzfreches Statement abgeben wollte, so stand der künstlerische Impuls hier dem Spielspaß entgegen. Und das sollte nicht passieren.

Kurz und knapp gesagt: In No More Heroes 2: Desperate Struggle passiert das nicht mehr. Travis Touchdowns zweiter Kampf um den Spitzenplatz der Killer von Santa Destroy ist verfeinert, entschlackt und gestrafft. Wichtigste Neuerung: Die Open-World-Elemente des Erstlings, der klar schwächste Teil des Spiels, wurden auf Nimmerwiedersehen verbannt. Appartment, Jobs, Missionen und andere wichtige Orte wählt der Killer von Welt jetzt über ein übersichtliches Menü an. Für den Spielfluss wirkt diese kleine Neuerung wahre Wunder, das beste Beispiel dafür, dass weniger manchmal eben doch mehr ist.

Aber langsam, langsam. Warum muss sich Travis Touchdown, seines Zeichens armseliger Otaku extraordinaire und derbe fluchender Antiheld, schon wieder von Platz 51 an die Spitze der Killer-Charts kämpfen? Hat er das nicht schon mal im ersten Teil gemacht? Das Spiel zieht sich hier elegant aus der Affäre... Travis besteht seinen ersten Kampf gegen Skelter Helter, den Bruder des Killers Helter Skelter aus dem ersten Teil, der eine nicht zu unterschätzende Ähnlichkeit zum Square-Enix´schen Vorzeigehelden Cloud Strife aufweist. Da taucht die scharfe Sylvia auf, um Travis durch einen Appell an seine niedrigsten Instinkte wieder zu überreden, ins Killer-Geschäft einzusteigen.

No More Heroes 2 - Trailer

So drängen Sylvias eindeutige Zweideutigkeiten Travis’ Skepsis in den Hintergrund. Aber anstatt nun zu erklären, was Travis in den letzten Jahren wiederfahren ist und noch einmal die Ereignisse des Vorgängers zusammenzufassen, durchbrechen Travis und Sylvia die vierte Wand und streiten sich, ob dem Spieler das nicht völlig egal ist oder ob er vielleicht den ersten Teil gar nicht kennt und sich auch nicht dafür interessiert. Dabei schauen sie immer wieder direkt aus dem Fernseher heraus den Spieler an und der erkennt spätestens hier: No More Heroes 2: Desperate Struggle ist alles, nur nicht berechenbar.

Ganz im Gegenteil, No More Heroes 2 ist die Definition eines postmodernen Videospiels. Auch wenn die Literaturwissenschaft die Postmoderne eigentlich schon ad acta gelegt hat, setzt ihr Suda 51 noch einmal ein interaktives Denkmal. Um was geht es in No More Heroes 2? Scheissegal! Suda 51 und seine Truppe spielen mit den Genres, den Erwartungen der Spieler, den üblichen Konventionen des Mediums, sie reißen etablierte Strukturen und Herangehensweisen gnadenlos ein und setzen aus den Teilen etwas eigenartiges, neues, frisches zusammen. Zwischensequenzen, die eigentlich dramatisch wirken sollten, sind so bewusst überzeichnet, dass sie einfach nur noch albern wirken, die übertriebene Gewalt parodiert ernst gemeinte Actionspiele und die Anzeigen und Menüs im 8Bit-Stil führen dem Spieler immer wieder die Fiktionalität des Ganzen vor Auge.

Überhaupt ist 8Bit ein großes Thema für die No-More-Heroes-Macher. Bereits im ersten Teil gab es etliche Fingerzeige auf die glorreichen Famicom-Tage, doch der zweite Teil setzt da locker noch einen drauf. Genau wie im Erstling ist bei Travis ohne Moos nix los – also muss Geld verdient werden. Das tut Travis in cleveren Mini-Spielen im NES-Stil. Als knuffiger Pixel-Travis saugt ihr Ratten und Käfer ein, sammelt Kokosnüsse oder betätigt euch als Lieferjunge. Die Jobs werden von klassischen Pieps- und Pups-Geräuschen untermalt und schnell wünsche ich mir, das reale Arbeitsleben wäre auch so spaßig wie das von No More Heroes. Waren die grindigen Nebenjobs im Erstling noch einer der schwächeren Aspekte des Spiels, gehören sie nun zu den cleversten und spaßigsten Elementen überhaupt.