Okamiden
Weißer Wolf vs. 3DS-Hype?
Manchmal muss man sich wundern. Als vor ein paar Jahren Okami auf der PS2 erschien, da überschlugen sich die Kritiker und auch all jene, die das Abenteuer von Göttin Amaterasu und ihrem kleinen Begleiter Issun damals spielten, waren hellauf begeistert. Nicht wenige halten Okami für besser als das relativ gleichzeitig erschienene The Legend of Zelda: Twilight Princess. Erfolgreich war das Spiel trotzdem nicht. Über die Gründe dafür kann man nur spekulieren: Manche machen das japanische Setting dafür verantwortlich, andere den unorthodoxen Grafikstil. Ich für meinen Teil bin dagegen überzeugt, dass es schlicht eine Frage des Timings war.
Als Okami erschien, war die PlayStation 3 nur noch wenige Tage entfernt und das Hauptinteresse der Spieler galt weniger diesem Capcom-Spiel mit dem weißen Wolf als vielmehr der heiß ersehnten HD-Hardware. Ein dummer Fehler, aus dem eine Firma wie Capcom eigentlich lernen sollte. Eigentlich. Denn was erschien nun exakt eine Woche vor dem Release des 3DS, der lange erwarteten Nachfolge-Hardware von Nintendos Touchscreen-Handheld? Okamiden, der DS-Nachfolger des famosen Okami.
Da drängt sich gezwungenermaßen ein unangenehm flaues Gefühl in der Magengegend auf, dass sich hier die traurige Geschichte des ersten Okami wiederholt... Aber das liegt nun in der Hand der Spieler und Käufer – also in eurer Hand. Alles was ich hier nun tun kann, ist, euch zu erklären, warum es trotz des neuen 3D-Systems eine gute Idee ist, ein paar Euro in Okamiden zu investieren.
Okamiden spielt exakt neun Monate nach den Ereignissen von Okami. Die Welt scheint endlich Frieden gefunden zu haben und wie die Menschen so sind, haben viele von ihnen den weißen Wolf, der diesen Frieden erst gebracht hat, schon wieder vergessen.
Da reibt sich das bösartige Monster Orochi natürlich die schuppigen Pranken und macht sich daran, wieder einmal etwas Unheil über das Land zu bringen – schlechte Angewohnheiten lassen sich halt auch nur schwerlich ablegen. Doch erneut stellt sich Orochi ein weißer Wolf in den Weg. Allerdings ist der dieses Mal ein paar Nummern kleiner als die würdevolle Amaterasu: An die Stelle des mächtigen weißen Wolfs tritt nun der unfassbar knuffige Wolfs-Welpe Chibiterasu.
Was ist also aus Okami geworden? Wurde hier zugunsten der neuen Zielgruppe im Zuge der Jagd nach der jungen, kaufkräftigen Kundschaft das Kultspiel Okami verniedlicht, vercasualisiert und letztendlich auch irgendwie kastriert? Aber nein, nicht doch! Klar, Chibiterasu ist schon arg knuffig, aber in Sachen Anspruch, Stil und Spielbarkeit steht Okamiden seinem großen Vorbild in fast nichts nach.
Ebenso wie das erste Okami auf der PS2 teilt sich auch Okamiden eine Menge spielerische DNS mit Nintendos Zelda-Spielen. Genau wie Link muss sich Chibiterasu immer wieder auf die Suche nach kniffligen Dungeons machen, in denen er eine neue Fähigkeit lernt oder einen neuen Ausrüstungsgegenstand findet und verpasst mit dessen Hilfe schließlich dem hiesigen Boss eine gepflegte Abreibung – das Muster ist landläufig bekannt. Sogar eine der zentralen Mechaniken der letzten DS-Zelda-Episode Spirit Tracks hat ihren Weg in Okamiden gefunden: Per Stylus zeichnet ihr manch einem Begleiter den Weg auf den Touchscreen, damit der euch hilft, ein Puzzle zu lösen.