Overlord II
Endlich richtig böse?
Im Prinzip war die Spielidee von Overlord genial: Statt immer den langweiligen Gutmenschen zu spielen, übernimmt man die Seite des Bösen und lässt es so richtig krachen. Süße Elfen vermöbeln, hinterlistige Halblinge verarschen und der menschlichen Zivilbevölkerung die lebenswichtige Nahrung stehlen. Doof nur, dass sich das Abgrundtief-Böse beim genauen Hinsehen als ein paar harmlose Hiebe, kleine Neckereien und grenzwertige Lausbuben-Streiche herausstellten. Blut, Tote oder echtes Leid? Fehlanzeige.
Der Überraschungshit der Triumph-Studios war trotzdem ein hervorragender Action-Strategie-Mix, der durch seinen stimmigen Humor und sein schmissiges Gameplay überzeugte. Doch um richtig die Sau rauszulassen, musste man auf eine der seltenen, aber deutlich fieseren Alternativen zugreifen. Gerade Open World Games wie Grand Theft Auto IV, inFamous oder demnächst Prototype bieten hier deutlich mehr Potential für angehende Psychopathen und Massenmörder.
Ein Umstand, den auch der zweite Teil, mangels Blut, nicht ganz aus dem Weg räumen kann. Immerhin sollt Ihr diesmal nicht mehr zwischen Gut und ein wenig Böse wählen, sondern Euch zwischen Tyrannisch-Böse und Chaotisch-Böse entscheiden. Kein nettes Retten der Zivil-Bevölkerung mehr. Vielmehr soll die Erschaffung einer gigantischen Diktatur den Titel auch ohne platte Splattereffekte in eine moralische Schlangengrube avancieren lassen. Doch bevor Ihr dieses ultimative Ziel erreicht, hat das Schicksal beziehungsweise der Game Designer dem Hauptdarsteller von Overlord II und Sprössling des ersten Overlords, dem gegen Ende des ersten Teils Schlimmes wiederfährt, ein ganzes Imperium in den Weg gestellt.
Unter der Führung eines degenerierten Imperator machen die treuen Diener, strunzdoofen Soldaten und verklärten Untertanen Jagd auf alles Übersinnliche. So gerät der halbwüchsige Nachwuchs-Overlord ins Fadenkreuz der Häscher. Bevor er den Klauen der Übermächtigen entwischen muss, gilt es in einer lauschigen Intro-Sequenz die Steuerung zu erlernen, seine Goblin-Untertanen von seiner eigenen Boshaftigkeit zu überzeugen und sich an den ekelhaften Nachbarskindern zu rächen.
In einem verschneiten Dorf, kurz vor Weihnachten, bekommt Ihr die Kontrolle über unseren kleinen Teufel und werdet gleich zu Beginn mit Schneebällen beworfen. Bewaffnet mit einem fiesen Holzknüppel und magischen Blitzen, macht sich Overlord Junior daran, die vorweihnachtliche Idylle seiner Heimat kräftig auf den Kopf zu stellen. Er jagt die Dorfkinder mit zerstörten Schneemännern, entzündet Feuerwerksraketen und verwandelt das Levelinventar physikalisch korrekt in Kleinholz. Richtig spaßig wird die Sache aber erst, nachdem ihn seine Goblins als rechtmäßigen Meister anerkannt haben.
Kleine Anmerkung am Rande: Die Framerate der Vorab-Version war katastrophal. Spätestens wenn Eure Minions auftauchen, wird der Titel nahezu unspielbar. Da der Titel aber noch nicht optimiert wurde und der Vorgänger recht flüssig lief, braucht Ihr Euch (vermutlich) keine Sorgen machen. Im Gegenzug war die Grafik noch einen Tick detaillierter, die Animationen gewohnt witzig und laut Codemasters sollen alle Versionen gleich gut aussehen.
Auch die Kamera sorgt in dieser Version noch für einiges Kopfzerbrechen. Wie schon beim Vorgänger habt Ihr nicht immer das Geschehen optimal im Blickfeld. Über die Musikuntermalung lässt sich angesichts fehlender Sounds kaum etwas sagen. Aber zurück zum Intro: Kaum springt die fiese Truppe aus dem Unterholz, steigt das Chaos-Potential ins Unermessliche. Wie schon beim Vorgänger steuert Ihr die hinterlistigen Kameraden mit dem rechten Analogstick. Kommen sie mit Gegnern, Level-Inventar oder einem speziellen Gegenstand in Berührung, werden sie automatisch aktiv.
Neu ist dagegen eine Fähigkeit, die Euch das erste Rätsel lösen lässt. Die Einwohner des kleinen Städtchen wollen Euch nicht auf den Marktplatz lassen, so lange Ihr in Begleitung der grünen Plage seid. Also müsst Ihr sie geschickt tarnen. Praktisch, dass sich gleich in der Nähe der geheime Treffpunkt der Dorfjugend befindet. Einfach nur Goblins reinschicken und ein paar Schreie später watscheln die fiesen Spießgesellen mit den Klamotten der Rotzbengel aus der Bretterbude.