Canis Canem Edit
Das Recht des Stärkeren
Ich gebe es zu: Ich war alles andere als ein Musterschüler. Meine Noten waren nicht die Besten und ab und an hab ich einen der Jungs ins Mädchenklo gesperrt – das war damals der absolute Horror, heute würden sie sich wahrscheinlich darüber freuen. Aber heute ist ja sowieso alles anders. Früher musste man das Pausenbrot und das Milchgeld an die Schulhofschläger abtreten, jetzt sind es die Sneaker und die Kippenkohle. Gewalt an den Schulen gab es schon immer, nur hat sie heutzutage eine ganz andere Dimension. Deshalb ist Canis Canem Edit wohl auch ins Visier übereifriger Sittenwächter geraten. Ohne das Spiel auch nur einmal in Aktion gesehen zu haben, wurde es im Vorfeld als moralisch verwerflicher und stupider Prügel-Schocker abgestempelt. Aber das stimmt nicht. Canis Canem Edit ist weder sonderlich brutal, noch stupide oder moralisch verwerflich – außer man hat ein Problem damit, wenn Jungs ins Mädchenklo gesperrt werden.
Die Bullworth Academy ist ein ganz besonderes Elite-Internat. Hier landen nur die wirklich hoffnungslosen Fälle, quasi die Elite der Schul- und Sozialversager. Vor allem Taugenichtse, die ihre bisherige Schullaufbahn ausschließlich dazu genutzt haben, Mitschüler zu drangsalieren, werden von ihren Eltern auf die Bullworth abgeschoben. Die Schülerschaft besteht aber nicht nur aus verkommenen Bullys, zu ihr gehören auch verweichlichte Nerds und verzogene Dandys. Und eines ist hier sicher: Egal ob Schläger, Streber oder Snob, egal ob Junge oder Mädchen, die Bullworth Academy macht aus jedem einen echten Mann – ob man will oder nicht. Das wird auch der fünfzehnjährige Jimmy Hopkins sehr schnell merken.
Jimmy wer?
Jimmy ist der "Held" von Canis Canem Edit, zusammen mit ihm werdet Ihr versuchen, ein ganzes Schuljahr auf der Bullworth zu überleben. Überleben? Ja, dieser Begriff trifft es am ehesten, denn die Schule oder vielmehr das soziale Gefüge dort, ähnelt einem Haifischbecken: Sobald man irgendwo aneckt und sich eine blutige Nase holt, gibt’s Ärger. Das hört sich sehr dramatisch an, ist es aber ganz und gar nicht. Canis Canem Edit ist ein sehr, sehr amüsantes Action-Adventure. Rockstar Vancouver bediente sich jeglichen Klischees, die durch College-Komödien wie Was für ein Genie oder Die Rache der Eierköpfe geprägt wurde. Als ich mit Jimmy das Internatsgelände kurz erkunden durfte – wenn es um das Anspielen von Vorabversionen geht, ist Rockstar immer etwas eigen – , konnte ich einfach nicht mehr aufhören zu grinsen. Ständig habe ich schräge Charaktere getroffen und absurde Situationen miterlebt. Besonders die Szene, als der dickwanstige Oberstreber Melvin mit offenem Hosenstall und Pissflecken auf der Hose vor mir stand und mich um Hilfe bat, will mir nicht mehr aus dem Kopf.
Schuldarwinismus
Aber zurück zu Jimmy und dem Leben auf der Bullworth. Stänkereien und Prügeleien zwischen den Schülern gehören auf dem Internat zum Alltag – dies bekommt Ihr sehr schnell am eigenen Leib zu spüren. Die Kämpfe gehen leicht von der Hand. Es gibt jeweils einen Button für Schlagen, Treten und Greifen, Angriffskombinationen sind ebenso möglich wie Finishing Moves. Diese sollen den Gegner nicht verletzen, sondern ihn lediglich demütigen. So zieht Jimmy sein Gegenüber am Ohr, verpasst ihm eine Backpfeife oder spuckt in seine Hand, um sie anschließend ins Gesicht seines Mitschülers zu drücken. Auch Jimmys kleines Waffen-Sammelsurium ist eher harmlos - vom Baseballschläger vielleicht einmal abgesehen. Aber selbst dieser hinterlässt keine bleibende Eindrücke: In Canis Canem Edit fließt weder Blut, noch kommt irgendwer jemals wirklich zu Schaden.
Ungezogene Bengel
Ebenfalls zum Schulalltag gehören Streiche, die sich die Schüler gegenseitig spielen. Besonders einfach, aber überaus effektiv ist der Einsatz von Stinkbomben und Juckpulver. Ihr habt auch die Möglichkeit, Eure Mitschüler in einen Schrank zu sperren, ihnen in einem günstigen Moment hinterrücks die Unterhose hochzuziehen oder Mäuse auf die Schulter zu setzen. Gerade die weiblichen Mitschüler hegen eine enorme Abneigung gegen die Nager. Mit einer Schachtel Pralinen oder ein paar selbst gepflückten Blumen kann man die gekränkten Mädels aber wieder besänftigen, und mit etwas Glück sogar einen Kuss abstauben. Ab und an wird auch ein Lehrer das Opfer eines Streichs. Direktor Crabblesnitch weiß davon ein Lied zu singen. Sein Haus wurde schon des Öfteren mit Eiern beworfen. Erwischt hat man die Übeltäter bisher allerdings noch nicht.