Skip to main content

Project Origin

Blutige Spiele kleiner Mädchen

Eine der häufigsten Fehlaussagen, die Ihr lesen werdet, wenn Ihr F.E.A.R. 2 bei Google eingebt, lautet etwa so: „F.E.A.R. 2 hat einen Namen. Es heißt Project Origin.“

Stimmt nicht. Das vor drei Jahren erschienene Action-Fest First Encounter Assault Recon – oder eben F.E.A.R. – wurde von Monolith Entertainment entwickelt und über Vivendi vertrieben. Entwickler und Publisher gingen einige Zeit später getrennte Wege und wie das bei jeder Trennung nach gemeinsamen Taten so läuft, wird mehr oder weniger gerecht geteilt.

Vivendi behielt den Namen F.E.A.R, während Monolith einen Schwung der Charaktere für sich beanspruchte. Alma zum Beispiel. Was ist also Project Origin? Definitiv nicht F.E.A.R. 2. Betrachtet es eher als eine parallele Story mit bekannten Gesichtern. Vivendi wird sicher ein F.E.A.R. 2 irgendwann folgen lassen.

Müsst Ihr wegen dieser etwas verworrenen Rechteverteilung in Project Origin auf viel verzichten und Euch auf ein komplett neues Konzept einlassen? Nein, vor allem braucht Ihr nicht auf das definierende Feature der spannenden Kämpfe verzichten: Der fantastischen Zeitlupenfunktion. In einen Raum voller intelligent agierenden Trooper zu stürzen, in Zeitlupe zwischen den Schüssen durchzutauchen, eigene Treffer gezielt platzieren. Die Welt beschleunigt sich und macht wieder im normalen Takt weiter. Alles noch dabei.

Project Origin Trailer

Eines schaffte Monolith Entertainment jedoch trotz des unterhaltsamen Spielverlaufs nie wirklich: Die Geschichte zu Ende zu erzählen. Hinter jeder Auflösung wartete ein Cliffhanger, viele Fäden blieben offen. Sicher mehr als genug, um mit Project Origin direkt anzuknüpfen. Und man wählte einen eher ungewöhnlichen Startpunkt. Eine halbe Stunde vor dem Ende von F.E.A.R. übernehmt Ihr einen völlig neuen Charakter. Einen Special Forces-Kämpfer namens Michael Beckett, der noch nicht in die Geschehnisse involviert wurde.

Dafür ist er zu sehr damit beschäftigt, sich in einem Krankenhaus von einer frischen Operation zu erholen. Eine gewaltige Explosion erschüttert die Stadt, dann gehen die Lichter aus. Nur für kurz, bevor die Notbeleuchtung die Station in ein bedrohliches Licht taucht. Das richtige Ambiente, um den Blick über die toten Mitarbeiter und Patienten des eben noch so betriebsamen Krankenhauses schweifen zu lassen. Ihr streift Euch eine netterweise herumliegende High-Tech-Brille über. Das HUD nimmt seinen Platz ein. Gerade rechtzeitig, um einen Soldaten dabei zu ertappen, wie er eine verängstigte Krankenschwester erschießt.

Wer sind diese in ihren Rüstungen unmenschlich wirkenden Soldaten, was ist dies für ein seltsames Wesen, das insektenhaft an den Wänden auftaucht, Unverständliches brabbelt und wieder verschwindet? Wer ist Alma, was passiert hier? Kenner des Originals finden natürlich sofort Ankerpunkte, und schon der Name Alma dürfte bei Euch mehr als nur eine Alarmglocke schrillen lassen. Es beruhigt auch nicht wirklich, dass ihr Monolith diesmal eine aktivere Rolle andachte. Sie hat ein Ziel, sie findet Mittel und sie geht über Leichen. Nur was dieses Ziel sein könnte, wisst Ihr natürlich noch nicht. Angenehm wird es wohl kaum sein.

Hallo Alma. Wie geht’s so? Heut schon jemanden platzen lassen?

Das große Vorbild würzte die Actionorgie mit mal mehr, mal weniger subtilen Horrorelementen, die sich offensichtlich fernöstliche Inspiration im Stil von 'Ring' und Silent Hill holten. Meist mit Nackenhaar aufstellendem Erfolg. Dieses Rezept nutzt auch Project Origin und wird sich dabei wohl nicht groß neu erfinden. Kleine, unheimliche Mädchen, die verstörende Dinge tun, seltsame Worte und Wesen und – natürlich – mehr als sieben Liter Blut pro Körper, die häufig genug bereits an den Wänden verteilt wurden.

Gut, dass Beckett hart im Nehmen ist und sich im Kampf, dem nach wie vor dominierenden Hauptelement von Project Origin, nicht von solchen Details ablenken lässt. Ihr schlüpft zwar in eine neue Rolle, auf die aus Matrix erinnernde Slow-Motion-Funktion, die alles in überwirklichen Details zeichnet, müsst Ihr aber, wie eingangs erwähnt, nicht verzichten.

Sobald es eng wird, sobald es nicht mehr reicht, einfach nur noch durch zu rennen, taucht Ihr auf Tastendruck wieder in die etwas verschwommen wirkende Welt ein. In eine Welt, in der Scheiben in Millionen einzeln zählbarer Splitter bersten, im Sekundentakt die Kugeln einzelne Partikel aus der Wand reißen, Feinde mit einem dumpf in die Länge gezogenen Fluch von den Füßen gerissen werden und unendlich langsam zu Boden gehen, während Ihr schon weitere Kugeln über ihn in Richtung seines Kameraden schickt. Nur eines bewegt sich schnell. Die Anzeige, wie lange Ihr noch in diesem Zustand verharren könnt.