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Prototype 2 - Test

Der richtige Weg, um ein Monster zu bekämpfen, ist so einfach wie offensichtlich: Werdet selbst zu einem.

Superkräfte sind schon etwas Tolles. Der eine oder andere von euch würde sich in so mancher Alltagssituation sicher wünschen, er könnte sich so schnell fortbewegen wie Superman oder hätte eine andere Fähigkeit, um sich das Leben einfacher zu machen. Aber was, wenn ihr eure Superkräfte nur durch eklige Mutationen erlangt - und obendrein auch noch dazu gezwungen werdet? Ihr wärt sicher nicht unbedingt glücklich darüber. So ungefähr dürfte sich James Heller fühlen. Und das macht ihn in Prototype 2 vermutlich zur angepisstesten Person auf diesem Planeten. Doch dafür gibt es auch noch andere Gründe.

Der Blacklight-Virus breitet sich wieder in New York Zero - wie es mittlerweile heißt - aus und auch Hellers Familie ist ihm zum Opfer gefallen. Verantwortlich dafür ist Alex Mercer, Hauptfigur des Vorgängers. Heller macht Jagd auf ihn, obwohl er gegen Mercers Mutationen im Grunde keine Chance hat. Was aber wiederum einen bleibenden Eindruck bei Mercer hinterlässt, woraufhin er ihn ebenfalls mit dem Virus infiziert und ihm seine Pläne offenbart. Scheinbar ist er gar nicht so böse, wie es den Anschein hatte.

Oder doch nicht? In Prototype 2 ist vieles nicht so, wie es anfangs vielleicht den Eindruck erwecken mag, was insbesondere für die düstere, erwachsene Story gilt. Das Spiel strotzt nicht vor Ironie und Humor wie ein Saints Row: The Third oder Just Cause 2, ist auch kein zynisches Werk im Stile von Grand Theft Auto 4, sondern beschreitet einen ernsthaften Weg, diverse F-Bombs inklusive.

Entwickler Radical hat sich alle Mühe gegeben, damit man nicht gleich von Anfang an erkennt, was eigentlich Sache ist und welche Motive die verschiedenen Figuren verfolgen, die im Mittelpunkt dieser Geschichte stehen. Das alles wird mit einigen Story-Twists garniert und durch die Erzählweise von Prototype 2 setzt sich erst nach und nach alles zusammen. Teils geschieht dies in In-Game-Sequenzen, teils durch surreal erscheinende Erinnerungsfetzen beim vollständigen Absorbieren von bestimmten Personen. Hierbei nimmt Heller ihr Aussehen an, erbt ihre Erinnerungen und vereinzelt sogar ihre Kräfte. Andernorts wird die Geschichte durch hübsche CGI-Zwischensequenzen im schwarz-weißen Sin-City-Stil weitergesponnen - mit ein wenig eingestreuter Farbe hier und da.

Heller selbst lebt dabei zwischen zwei Welten. Einerseits merkt man, dass ihm der Verlust seiner Familie sehr nahe geht und er im Grunde kein schlechter Mensch ist - was man auch an mehreren Stellen im Verlauf der Story merkt. Andererseits wird er durch seine Mutationen zu einer echten Tötungsmaschine, die nach Rache lechzt und auch keine Gnade kennt. Und Blackwatch beziehungsweise Gentek, die den Virus erschaffen haben, geben ihm auch mehr als genügend Gründe dafür. Etwa durch widerliche Experimente. Dadurch fällt es letzten Endes auch nicht schwer, sich trotz seiner brutalen Vorgehensweise mit dem Protagonisten zu identifizieren.

Meiner Meinung nach bietet die Story alles, was man von der großen Bühne erwartet, auch wenn man das nicht gänzlich in den Missionen umzusetzen vermag. Einerseits läuft die Geschichte zum Beispiel strikt linear ab. Was immer ihr tut, es gibt immer den einen Ausgang und ein festes Ende. Das tut der Erzählung keinen großen Abbruch, denn sie ist toll inszeniert. Es wäre aber dennoch ohne Frage interessant gewesen, wenn man zum Beispiel mal die Wahl hätte, jemanden zu verschonen, was wiederum Konsequenzen in irgendeiner Form nach sich ziehen würde - ob nun gut oder schlecht.

"Heller selbst lebt dabei zwischen zwei Welten. Einerseits merkt man, dass ihm der Verlust seiner Familie sehr nahe geht und er im Grunde kein schlechter Mensch ist..."

Prototype 2 - Gameplay-Video

Die wohl größte und eigentlich auch einzige Schwäche von Prototype 2 sind die Missionsziele, die insgesamt betrachtet wenig variantenreich daherkommen. Letzten Endes folgt ihr oftmals dem gleichen Ablauf, insbesondere in den Nebenmissionen. Ihr jagt jemanden, tötet jemanden, absorbiert ihn, säubert eine Basis von Feinden oder ähnliches. Jeder dieser Nebenaufträge verfügt zwar über seine eigene kleine und interessante Geschichte, die Aufgabenstellungen an sich bleiben dennoch überwiegend identisch. Wie stark dadurch das Spielerlebnis in Mitleidenschaft gezogen wird, hängt einfach vom persönlichen Geschmack beziehungsweise Empfinden eines jeden Spielers ab.

Was mich anbelangt, gab es etwas - oder eigentlich mehrere Dinge - die diese Schwäche sehr gut aufgefangen haben. Einerseits das hervorragende Gameplay. Je länger ihr spielt, desto mehr habt ihr wirklich das Gefühl, eine Art brutalen Superman zu spielen. Man hat auch nie den Eindruck, die Steuerung läge einem irgendwelche Steine in den Weg. Alles läuft unkompliziert und flüssig, geht schnell und nahtlos ineinander über. Ob ihr nun zuschlagt, im nächsten Moment über den Gegner hinweg einen Ausweichsprung ausführt und dann mit einem hohen Sprung in die Luft abhebt, während im Hintergrund irgendwas explodiert, choreografisch ist Prototype 2 eine echte Augenweide.

Prototype 2 - Trailer

"...andererseits wird er durch seine Mutationen zu einer echten Tötungsmaschine, die nach Rache lechzt und auch keine Gnade kennt."

James Heller verfügt über Bewegungsabläufe, die selbst einen Meisterassassinen wie Ezio neidisch machen würden. Haltet den rechten Trigger gedrückt und ihr lauft beispielsweise mühelos an der Fassade ganzer Wolkenkratzer bis zu deren Spitze hinauf, vollführt waghalsige Sprünge und fangt dann inmitten des Fluges an, durch die Luft zu gleiten. Da stört es auch nicht, dass sich Heller nicht ans Steuer irgendeines x-beliebigen Fahrzeuges setzen kann - mal abgesehen von Blackwatch-APCs, -Panzern und -Helikoptern -, denn zu Fuß ist er sowieso wesentlich schneller und agiler unterwegs. Nur wenn ihr von einer der drei Zonen in eine andere wechseln wollt, müsst ihr von einer der Luftbrücken Gebrauch machen.

Hinzu kommen die abwechslungsreichen Kräfte von Heller, allesamt tödliche Waffen. Mit den Klauen fühlt man sich wie Wolverine, reißt Blackwatch-Soldaten regelrecht in blutige Fetzen, mit den Ranken lässt sich hingegen schon fast eine Art schwarzes Loch erzeugen. Wendet sie auf ein Ziel an und die tödlichen Triebe schießen in mehrere Richtungen, ziehen andere Personen oder Objekte heranziehen und lassen sie mit Gewalt zusammenschießen. Das sorgt für ordentlich Schaden, jede Menge Blut und auch mal für die eine oder andere Explosion.

Prototype 2 - Entwicklertagebuch

Die Biobombe ähnelt dem, nur dass ihr hier eine Person erst in eine Biobombe verwandelt und dann zum Beispiel aus größerer Entfernung auf ein Ziel werfen könnt. Der Effekt ist letzten Endes praktisch identisch. Des Weiteren kontrolliert ihr später sogar mutierte Kreaturen, verwandelt euren Arm in eine tödliche Peitsche und schlagt mit kräftigen Fäusten zu. Ihr löst gewaltige, tödliche Schockwellen aus oder schützt euch mit einem starken Schild, der sogar Raketen reflektieren kann, wenn ihr ihn im richtigen Moment auslöst.

Das Repertoire ist ebenso umfangreich wie tödlich und wird euch in verschiedenen Situationen mal mehr oder weniger hilfreiche Dienste leisten. Nicht jeder Feind lässt sich nämlich auf die gleiche Art und Weise besiegen. Bei manchen bringen etwa die Ranken gar nichts, weil sie sie regelmäßig abblocken, während man die Juggernauts lieber nicht frontal mit seinen Klauen angreift. So bringt euch Radical auch dazu, immer wieder die einzelnen Kräfte aktiv einzusetzen, anstatt euch nur einen Favoriten rauszupicken und dann die anderen zu vergessen. Obendrein ist ein taktisches Vorgehen ratsam, besonders auf den höheren Schwierigkeitsgraden. Haltet euch nicht mit Kleinvieh auf, sondern erledigt zuerst die Gegner, die euch wirklich Schaden zufügen. Ob das nun Soldaten mit Raketenwerfer sind, Helikopter, Panzer oder mutierte Monstren, es macht euch das Leben leichter, wenn ihr euch zuerst um sie kümmert und dann in aller Ruhe den Rest erledigt. Denn unverwundbar ist Heller trotz seiner ganzen Kräfte längst nicht.