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Quo Vadis - Die Entwicklerkonferenz

Von weiblichen Spielern, Künstlicher Intelligenz und blutigen Games

Deutschland und Videospiele – eine seltsame Paarung voller Missverständnisse und Sorgen. Während in anderen Ländern das Unterhaltungsmedium akzeptiert und respektiert wird, schlägt ihm hierzulande nur Unverständnis entgegen. Oft als Zeitverschwendung, Kinderkram oder gar als gefährliches Gewalttraining abgetan, tut sich die Politik und ein großer Teil der Bevölkerung schwer, das Medium richtig einzuschätzen. Dabei schlägt sich dieser Umstand nicht nur an der Ladentheke nieder, sondern auch in den Bedingungen für den Entwicklungsstandort. Erhält die Branche in Frankreich kräftige Förderung, wird in Deutschland vornehmlich die Filmindustrie unterstützt. Aber die saure Gurkenzeit der letzten Jahre ist überwunden.

Deutsche Spiele können international wieder mithalten und auch der Sprung auf Konsolen ist endlich gelungen. Einen Beitrag zu diesem Umstand haben auch die vielen Veranstaltungen der Industrie geleistet. Ganz vorne mit dabei natürlich die Games Convention mit ihrer passenden Entwicklerkonferenz. Doch auch die Quo Vadis hat ihren Teil dazu beigetragen. 2003 von den Aruba Studios ins Leben gerufen, wächst auch diese Veranstaltung von Jahr zu Jahr. Dank des Umzugs nach Berlin konnten die angemeldeten Teilnehmer fast verdoppelt werden. Satte 531 Besucher werden noch bis zum 21. April im Rahmen der Berliner Gamestage gemeinsam mit Politik, Presse und Wissenschaft einen Status Quo abliefern und die neusten Entwicklungen besprechen. Wir werden in den nächsten Tagen direkt von der Konferenz berichten und Euch aus erster Hand einen Überblick über die wichtigsten Bereiche geben.

Die Begrüßung

Den Anfang machte gestern morgen die Geschäftsführerin des Medienboard Berlin, Petra Müller, die im Rahmen ihres Förderauftrags vor allem die Konvergenz von Film und Spielen vorantreiben möchte. Die Berliner Gamestage sollen Film- und Fernsehmacher mit der Spieleindustrie zusammen führen, um in Zukunft eine noch bessere Vermarktung zu garantieren. Gleich im Anschluss kam auch die Politik zu Wort.

In dem umgebauten Gotteshaus befindet sich das Umweltforum, dass als Hauptquartier der Quo Vadis fungiert.

Der Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Jörg Tauss, betonte seine offene Haltung gegenüber dem neuen Medium und stellte klar, dass er die momentane Gesetzeslage für ausreichend sieht. Gleichzeitig ist er entrüstet über eigentlich seriöse Wissenschaftler wie Christian Pfeiffer, der zwar in seinen Studien einen direkten Zusammenhang zwischen Computerspielen und Gewalt verneint, aber sich vor der Kamera immer wieder populistisch ins rechte Licht rückt. Er denkt, dass sowohl im Einzelhandel als auch bei den Eltern noch enormer Nachholbedarf besteht, um die vorhandenen Altersbeschränkungen auch wirklich durchzusetzen.

Zum Abschluss kam noch der Geschäftsführer der Aruba Studios und Hauptverantwortliche der Quo Vadis, Stephan Reichert, zu Wort. Er freute sich natürlich darüber, was aus der Veranstaltung in den letzten 5 Jahren geworden ist. Aus der Nischenveranstaltung mit 160 Teilnehmern wurde die zweitgrößte Branchenveranstaltung, die mit dem Umzug nach Berlin weiter an Bedeutung gewinnen wird.

Zukunftsmarkt: Weibliche Spieler

Auch wenn Verliebt in Berlin kein erstklassiges Spiel ist, zeigt es hervorragend die verschiedenen Vermarktungsstrategien.

Bei dieser Veranstaltung wollten die vornehmlich männlichen Teilnehmer das Wesen ihrer weiblichen Mitspieler und Kundinnen ergründen. Kein Wunder, dass der Vortrag des Chromatix-Geschäftsführerers Dr. Stefan Blanck bis zum letzten Platz ausgebucht war. Der Producer und Game Designer präsentierte die Ergebnisse verschiedener Studien, die eindrucksvoll die Unterschiede der Geschlechter veranschaulichten. Schon der Einstieg mit zwei unterschiedlichen Werbeslogans aus den Jahren 1972 und 1978 macht klar, warum Games so „männlich“ geworden sind. Während man Pong noch als Family Entertainment bewarb, ging es beim Atari VCS schon um Gewinnen und Verlieren.

Da solch Konflikt-bezogene Auseinandersetzung vielen Frauen fremd ist, wurde diese Zielgruppe über viele Jahre hinweg vernachlässigt. Erst heute gelingt es einzelnen Positivbeispielen, auch weibliche Spieler zu aktivieren. Trotzdem werden die aktuellen Media-Control-Charts vornehmlich von männlichen Spielen bestimmt. Im PC-Bereich konnte allein Die-Sims-2: Vier-Jahreszeiten eine signifikante Menge an weibliche Käufer absetzen. Bei den Konsolen waren es vor allem die Singstar-Titel, die beide Geschlechter ansprechen. Im Gegensatz dazu wird der Casual- und Edutainment-Markt komplett von femininen Titeln und Käuferinnen geprägt. Dieses Bild erklärte er anhand von verschiedenen Studien, die deutliche Unterschiede bei der Spielweise zeigten.

Suchbild Entwicklerkonferenz: Na, wer findet die versteckte Frau?.

Während Männer vorrangig den Konflikt suchen, wollen Frauen kreativ tätig sein. Sie sehen die Spiele als Werkzeug und nicht als Herausforderung. Die evolutionsbiologischen Ursachen dafür zeigte er anhand einer weiteren Untersuchung. Männer besitzen schon seit Urzeiten eine zielgerichtete Wahrnehmung, die ihnen zum Beispiel bei der Jagd hilft. Sie können besser bewegte Objekte erkennen und richtig einordnen. Frauen dagegen orientieren sich durch Wegpunkte und sind dazu in der Lage, mehrere Dinge auf einmal wahrzunehmen und richtig einzuordnen. So geht es ihnen in Gesprächen nicht nur um Informationsvermittlung wie es Männer bevorzugen, sondern vornehmlich um die Knüpfung von Netzwerken.

Als Schlussforderung für das Game-Design fordert er die Industrie dazu auf, in Tutorials und Dialogen mehr auf die Vorlieben der Frauen einzugehen. Statt ihnen ein hartes Programm aufzuerlegen, denkt er, dass gerade in der Lernphase mehr an die Kreativität der Spieler appelliert werden sollte. Überhaupt sollten Story, Charaktere und friedliche Problemlösungen stärker in den Vordergrund gestellt werden, um ein weibliches Publikum zu erreichen. Die Ideallösung sind für ihn Titel wie Nintendogs, die sowohl kompetitive als auch kreative Bestandteile vereinen.