Red Dead Redemption
Wilder Sex im Wilden Westen
Guter Sex in Videospielen ist selten. Oft wirken die Bildschirmfiguren wie schlechte Porno-Schauspieler in Sextötern. Gerade das ansonsten so hervorragende Dragon Age liefert Wollunterwäsche statt nackter Haut. Während sich zum Beispiel die Herrin des Waldes in den normalen Zwischensequenzen mehr entblößt als verhüllt zeigt, steigt das komplette Ensemble mit Unterwäsche ins Bett. Meiner Meinung nach komplett unglaubwürdig. Und auch bei Grand Theft Auto IV sorgten die Damen aus dem Strip-Club für Belustigung: Mit seltsamen Kreuzen auf den sekundären Geschlechtsmerkmalen und hölzernen Gliedmaßen eher lustig als wirklich sexy.
Umso überraschter war ich, als ich bei der Vorschau-Version von Red Dead Redemption harten, dreckigen Sex vorgesetzt bekam. In einer herrlich abgefuckten Cutscene bedient der zwielichtige Rebellenanführer Abraham eine unschuldige Bauerntochter auf einem verstaubten Holztisch. Und siehe da: Die Damen hat keine japanischen Monster-Hupen, die aus dem verklemmten Gehirn eines triebgestörten Entwicklers stammen, sondern eine realistische Anatomie samt Drüsengewebe und glaubhaften Animationen. Da fließen Adrenalin, Schweiß und Tränen.
Falls ihr euch nun überlegt, wieso der Herr Metzger auf einmal für mehr Sex in Videospielen plädiert, hier die einfache Erklärung: Sexuelle Triebe sind ein Teil des menschlichen Gefühlsspektrums. In Spielen, die Hass, Wut und Enttäuschung nachvollziehbar inszenieren und auch vor expliziter Gewaltdarstellung nicht zurückschrecken, gehört für mich eben auch eine gewisse Form von erotischer Interaktion mit dazu. Wenn diese wie bei Red Dead Redemption so wirklichkeitsnah und hübsch umgesetzt werden, dann klappt es mit höchster Wahrscheinlichkeit auch mit dem Rest.
Damit kommen wir zum zweiten Grund, warum Red Dead Redemption besser als Grand Theft Auto IV werden könnte: Die Grafik schlägt so ziemlich alles, was es im Open-World-Sektor zu finden gibt. Unterstützt durch die recht karge Landschaft der Western-Simulation sehen die Charaktere inzwischen einfach fantastisch aus. Neben Hauptdarsteller John Marston, der als Outlaw für die Regierung arbeitet, begeistern auch die anderen Figuren durch detaillierte Gesichter, stark verbesserte Animationen und prächtig umgesetzte Kostüme.
Am beeindruckendsten ist und bleibt die Beleuchtung: Wenn in Red Dead Redemption die Sonne untergeht und ihr auf eurem Pferd durch die amerikanische Steppe trabt, tropft die Western-Atmosphäre richtiggehend aus dem Bildschirm. Durch moderne Effekte wie High Dynamic Range Lightning, die realistische Darstellung von Sonnenstrahlen (SSAO) und den stark verbesserten Schattenwurf verströmt jede Szene eine andere Stimmung. Die Vegetation könnte zwar an manchen Stellen noch ein wenig Überarbeitung vertragen, aber der Rest ist schon jetzt absolute Genre-Spitze.
Doch auch abseits dieser Schauwerte hat sich Rockstar San Diego kräftig ins Zeug gelegt. Statt ein einfaches Grand Theft Horse abzuliefern, sorgt eine moderne Missions-Struktur, Rollenspiel-Elemente und ein komplexes Ruf-System für Begeisterung. Die Aufgaben sind keine abgeschlossenen Elemente mehr, die euch für ca. eine halbe Stunde beschäftigen. Wenn ihr in Red Dead Redemption einen Auftrag annehmt, könnt ihr euch auf dem Weg zum Ziel trotzdem noch um den Hilferuf eines Sheriffs, einen Banditenüberfall oder einen Pferde-Dieb kümmern.
Hier ein paar nette Beispiele: Kurz vor unserem beeindruckenden Treffen mit Abraham begegnet John auf seinem Weg durch die Steppe zwei mexikanischen Soldaten, die einen Zivilisten hinter sich herschleifen. Während wir uns verwundert umdrehen, wird der verängstigte Mann zum Hinknien gezwungen. John bleiben nur noch wenige Sekunden. Er zögert und... ein Schuss hallt durch die Wüste. Der Tote sinkt zu Boden, die Mexikaner ziehen wieder ab. Alternativ hätte er auch eingreifen und den Mann retten können, wäre danach aber von der Armee gejagt worden.