Two Worlds
Unter Wölfen ... und Wildschweinen
Alle Charaktere in Two Worlds sind, konsequent gespielt, zum Schluss ziemlich gleich und damit sinkt stark mein Reiz, das Spiel ein zweites Mal zu bestreiten. Die ca. 30 Fähigkeiten sind dabei gar nicht mal uninteressant, gehen aber meist den Weg der taktischen Kampfnuancen und versanden in der Bedeutungslosigkeit des Triggerschmetterns.
An sich ist das Magiesystem mit seinen fünf Schulen, sortiert über Tarot-artige Karten, etwas besser geraten, bietet im Ergebnis aber nur das obligatorische Repertoire an Standardsprüchen. Ein wenig Todesfeuer vom Himmel, ein wenig Unterwasseratmung und ein bisschen Totenbeschwörung zur Abrundung. Lediglich die unterschätzte Kunst der Alchemie kriegt Two Worlds besser hin als viele der Konkurrenten.
In einem beinahe einfach zu handhabenden System lassen sich über 80 Kräuter und Zutaten kombinieren und zu zahlreichen Tränken verarbeiten. Der einzige Wermutstropfen hier heißt Pad-Texteingabe, denn jedes Mal muss der Name eines neuen Tranks wie auch am PC eingetippelt werden, hier allerdings mit dem dafür ungeeigneten Joypad.
Die lieblose Portierung vom PC ist leider ein Konzept, das sich durch alle Bereiche bei Two Worlds auf der 360 zieht. Es fängt schon damit an, dass Besitzer von normalen TV-Geräten gar nicht erst das Spiel ansehen müssen oder auch nur können. Die Schrift wurde so klein gewählt, dass unterhalb von 720p nichts lesbar ist, dort dann aber halbwegs vernünftig. Das Interface, bei Oblivion so geschickt dem Pad angepasst, lässt uns hier jede Sekunde wissen, dass es viel lieber eine Maus und Tastatur sehen möchte und zeigt sogar beim Wandern durch die mäßig strukturierten Menüpunkte trotzig einen nicht funktionalen Mauszeiger an.
Das sind aber nur Kleinigkeiten, wenn man die restlichen Schwächen der Technik berücksichtigt. Two Worlds erschien mit einiger Verzögerung auf der 360 und wenn dies das Ergebnis von weiterer Feinarbeit an dem PC-Port ist, dann möchte ich nicht wissen, wie das Spiel zum ursprünglich angepeilten Zeitpunkt aussah. Zwei Dinge faszinieren besonders: Große Teile von Two Worlds machen den Eindruck, als wären sie auf der alten Xbox zumindest teilweise realisierbar gewesen, gleichzeitig geht jedoch die Framerate häufig genug in den Keller. Unspielbar wird es dabei an keiner Stelle, nur warum es angesichts der nicht gerade spektakulären Optik überhaupt passiert, darf spekuliert werden.
Von wirklich hässlich hält sich das Spiel zum Glück fern, aber eher lieblose und teilweise auch sehr leere Landschaften, gepaart mit gerade zu lächerlich schlechten Charaktermodellen inklusive staksiger und teilweise fehlender Animationstufen, werden nicht durch ein paar müde HDR- und Oberflächeneffekte gerettet.
Der Soundtrack ist einer der wenigen Lichtblicke, die geboten werden, nur warum der epische und schön komponierte Score dann gerade mal alle Jubeljahre gespielt wird, ist unverständlich. Permanente Begleiter sind die Soundeffekte, die durch die Bank überzeugen und dem 1 in 5.1 ordentlich Freude bereiten. Bei der Sprachausgabe geht es dann wieder zurück in die gewohnten Dimensionen des Spiels. Ich will nicht ausschließen, dass hier professionelle Sprecher angeheuert wurden, denen macht jedoch häufig das teilweise arg peinliche Script einen Strich durch die Rechnung. Die Sätze von ganz unten aus der Fantasy-Klischee-Kiste ließen den einen oder anderen dann wohl doch beim Aufsagen der Zeilen den Mut verlieren.
Eine besondere Enttäuschung zum Schluss bietet dann noch der der Multiplayer mittels Xbox-Live. Vom fast schon MMORPG-artigen Feeling der offenen PC-Version geht es hier zu ein paar traurigen „Kill´em´All“-Questen und Deathmatches auf trüben, kleinen Extrakarten. Das Spielgefühl dabei erinnert dann weniger an Oblivion mit Kumpanen, sondern an WoW für ganz Arme.
Wenn für ein Spiel kein Verleihrecht erteilt und keine Demo für die 360 veröffentlicht wird, dann hat das meist einen guten Grund und Two Worlds macht da keine Ausnahme. Vielleicht kennt Reality Pump die Hardware der 360 nicht oder will es auch gar nicht, jedenfalls bleibt von den vorhandenen positiven Seiten der PC-Fassung auf der Konsole nichts mehr übrig. Storytelling, Spielbalance und Umfang sind bei beiden nicht berühmt, aber ein lausiger Port mit mehr technischen Mängeln als Orks in einer Nebelberghöhle, ist der endgültige Coup de Grâce in das Herz dieses so hoffnungsvoll gestarteten Titels.
Solltet ihr also Oblivion durch haben und es Euch unbedingt nach mehr Großrollenspiel lüsten, dann kauft erst dafür alle Zusatzpacks. Dann wartet sechs Monate. Dann lest diesen Text noch mal. Dann hofft, dass in dieser Zeit ein brauchbarer RPG-Titel erschien. Falls nicht, DANN holt Euch Two Worlds, wenn es wirklich sein muss. Aber auch nur dann. Und sagt hinterher nicht, dass wir Euch nicht gewarnt hätten.
Two Worlds für Xbox 360 ist im Handel erhältlich.