Rhythm Paradise
Äußerst Takt-voll!
Nach einigen Jahren als Videospieler kennt man seinen Geschmack ziemlich gut und kann meist schon nach wenigen Blicken einschätzen, ob einem ein Titel gefällt oder nicht. Das ist recht praktisch, aber teilweise auch ziemlich langweilig. Man trifft keine falschen Kaufentscheidungen mehr, wird im Gegenzug aber auch selten weggeblasen. Richtig interessant wird es erst, wenn man seine Meinung nach dem Anspielen um komplette 180 Grad drehen muss, da man unerwarteter Weise nicht mehr von dem Spiel los kommt. Und genau dieses Phänomen ist mir bei Rhythm Paradise untergekommen.
Als ich mir vor einem Monat die ersten Bilder zum Thema angesehen hatte, freute ich mich zwar über das schrille japanische Design, doch jagte mich ebenfalls ein Gefühl der Enttäuschung, bloß ein weiteres Wario Ware mit einfachen Musikspielchen vor mir zu haben. Mittlerweile habe ich die deutsche Version durchgespielt und kann mein zweifelndes Ich nicht genug dafür ohrfeigen. Auf der anderen Seite tat es aber richtig gut, Rhythm Paradise falsch einzuschätzen, denn nur so konnte mich der oben beschriebene Effekt mit voller Wucht treffen.
Der gröbste Fehler bei meiner ersten Einschätzung war die Abstempelung als eine fade Minispielansammlung. Zwar erinnert einen das Gameplay schon ein wenig an die Wario Ware-Reihe, doch wird eine simple Gleichsetzung dem Titel nicht gerecht. Die Unterschiede gehen nämlich weit über die verschiedene Haltung des DS (Ihr haltet Euren Handheld wie ein Buch) hinaus. So bietet Euch das Spiel 40 Aufgaben, die wesentlich länger ausgefallen sind als bei Kollege Wario und allesamt einen großen Wert auf die Musik legen. Und das ist ernster zu nehmen als zunächst gedacht.
Im Gegensatz zu anderen Vertretern müsst Ihr Euch bei Rhythm Paradise ganz auf die Musik anstatt auf das Visuelle verlassen. Die Animationen dienen als kleine Hilfe, ohne ein gutes Rythmusgefühl kommen aber einige Probleme auf Euch zu. Bei allen Spielchen wird ein bestimmter Beat gespielt, der Euch als Indikator für die auszuführenden Aktionen dienen soll. Diese bestehen aus einer Handvoll von simplen Bewegungen. Ihr müsst entweder kurz auf den Bildschirm tippen, den Stylus länger gedrückt halten oder ihn mit leichtem Schwung über den Touchscreen fegen.
Das hört sich in der Theorie ziemlich idiotensicher und nicht gerade komplex an, die Praxis sieht aber um einiges anders aus. Denn der Schwierigkeitsgrad von Rhythm Paradise ist gesalzen. Als Drummer und passionierter Musikspieler schätze ich meine Fähigkeiten in diesem Genre sehr gut ein und hatte selbst arge Probleme bei einigen Minispielen. Diese befassen sich meist mit einer simplen Aufgabe. So müsst Ihr beispielsweise in einer Fabrik Roboter mit Saft befüllen. Diese fahren auf einem Fließband an Euch vorbei und Ihr drückt nun im richtigen Moment auf den Touchscreen, damit sie befüllt werden. Anschließend wartet Ihr, bis der Roboter komplett aufgetankt ist und lasst wieder los. Um den richtigen Zeitpunkt dafür zu finden, müsst Ihr Euch komplett auf Eure Ohren verlassen. Besonders bei schnellen Tempowechseln ist das keine leichte Aufgabe.
In einem Tischtennis-Match wiederum schlägt Euer Kontrahent den Ball in drei Geschwindigkeitsstufen. Wer hier den Beat nicht beachtet oder das Muster darin nicht erkennt, hat keine Chance. Besonders haarig wird es bei den Remixen, die nach jedem vierten Spiel auf Euch warten. In diesen bekommt Ihr es mit allen vorigen Aufgaben zu tun, die im schnellen Wechsel vermischt sind. Während Ihr in der einen Sekunden noch in einem Chor singt, müsst Ihr in der nächsten bereits Trommelschläge Eures Gegenübers wiederholen. Diese Varianten sind trotz ihres hohen Schwierigkeitsgrades am spaßigsten, da Ihr Euch immer wieder neu umstellen müsst und in keine Routine verfallt.
Neben den abwechslungsreichen Aufträgen hinterlässt auch die Musik einen bleibenden Eindruck. Selbige passt sich immer dem jeweiligen Thema an. In einer Fabrik hört Ihr daher klackernde Geräusche und Techno-Beats, während Ihr bei einem Konzert J-Pop Klängen lauscht. Fast alle Tracks haben Ohrwurmcharakter und bleiben Euch auch nach dem Ausschalten des DS im Gedächtnis. Also wundert Euch nicht, wenn Ihr unmerklich anfangt zu summen.