Rise of the Argonauts
Verschenktes Potential
Es gibt immer wieder mal Spiele, die wesentlich besser sein könnten, wenn man den Machern nur einen oder zwei Monate mehr Zeit für das Feintuning gegeben hätte. Das Action-Rollenspiel Rise of the Argonauts, von den erfahrenen Strategie-Veteranen rund um Ed Del Castillo (Command & Conquer), ist ein gutes Beispiel dafür. Es sind vor allem viele kleine Detailfehler, die diesen einstmals viel versprechenden Titel schlechter dastehen lassen, als er hätte sein können.
Dass Rise of the Argonauts keine topmoderne Grafik aufweist, hier und da matschige Texturen erstrahlen lässt, an einigen Stellen Schwierigkeiten mit der Kamera macht und insbesondere die unwichtigen Nebencharaktere eher schwach darstellt, kann man trotz Unreal Engine 3 mitunter verschmerzen. Kleinere Slowdowns oder Clipping-Fehler sollten hingegen nicht vorkommen. Speziell hier hätte mehr Zeit vermutlich Abhilfe geschafft. Davon abgesehen bewegt sich die Optik im durchschnittlichen Bereich, wobei hin und wieder mal Ausschläge nach oben zu verzeichnen sind, da einige Schauplätze wirklich schick gestaltet sind und stimmungsvoll auf den Bildschirm gezaubert werden. Und die PlayStation 3 hat im Vergleich zur Xbox 360 zusätzlich mit blasseren Farben und Aliasing zu kämpfen.
Was aber bei der Synchronisation schiefgelaufen ist, wissen wohl nur die Macher selbst. Auf die eine oder andere unpassende Stimme stößt man zumeist in jedem Spiel, da stellt auch Rise of the Argonauts keine Ausnahme dar. Wohl aber in Bezug auf die Qualität. In 95 Prozent der Fälle hören sich die Sprecher so an, als hätte man das Ganze in denkbar schlechtester Qualität aufgezeichnet. Verrauscht, mit Lisplern untersetzt, nuschelnd. Im Grunde könnte man meinen, man hätte es mit einem Film aus den 80er Jahren auf VHS zu tun.
Andererseits muss das jedoch irgendein technischer Fehler sein, da manche Satzfetzen, eben die restlichen 5 Prozent, urplötzlich in glasklarem Ton aus den Boxen erschallen. Einen weiteren Fauxpas leistete man sich bei der Lippensynchronität in den vorgerenderten Zwischensequenzen. Teils bewegen die Charaktere noch ihren Mund, während das Gespräch bereits längst ein Ende gefunden hat. Teils erklingen Unterhaltungen, die Figuren weigern sich jedoch strikt, diesen mit entsprechender Lippenaktion ihrerseits zu folgen. Die in größerer Anzahl vorkommenden Ingame-Dialoge laufen indes so gut wie einwandfrei ab. Dabei sind die Grundvoraussetzungen des Spiels eigentlich gar nicht so schlecht. Mit der Geschichte um Jason und seine Argonauten hat man sich immerhin ein recht unverbrauchtes Szenario ausgesucht und schick in Szene gesetzt. Zu Beginn wird man Zeuge eines Attentats auf Prinzessin Alkmene, die diesem am Tag ihrer Hochzeit mit König Jason zum Opfer fällt. Da er den Verlust seiner Jugendliebe nicht akzeptieren will, macht er sich auf die Suche nach dem Goldenen Vlies, um seine Herzensdame zurück ins Leben zu holen.
Anfangs mag die Geschichte ein wenig langsam ins Rollen kommen, doch später entfaltet sie ihr volles Potential, bietet abwechslungsreiche Aufgaben, mal stille, mal hektische, mal actionreiche Momente. Entwickler Liquid Entertainment ließ sich in Bezug auf die Story zahlreiche Freiheiten, weswegen man von der ursprünglichen Sage in vielen Punkten abweicht. Hat man damit kein Problem, darf man sich auf eine spannende Geschichte und allerlei Kreaturen, Schauplätze und Helden aus der griechischen Mythologie freuen.
Besagte Helden rekrutiert man auf seiner Reise nach und nach für die eigene Crew. Wirklich auswählen darf man seine Begleiter für die Einsätze leider eher selten. Und wenn, dann meist nur einen von ihnen, da der andere bereits vorgegeben ist. Herkules erweist sich geschichtsgerecht zum Beispiel als großer Muskelprotz und zerlegt Feinde mit bloßen Händen.
Achilles, dessen erste Frage vor dem Betreten der Argo lautet, ob Huren an Bord zugegen sind, kann dafür wie ein Profi mit seinem Speer umgehen. Und Atalante ist wohl die beste Bogenschützin, die einem in Griechenland und Umgebung über den Weg läuft. Die KI-Begleiter kämpfen in den Scharmützeln übrigens automatisch und können nicht per Befehl herumkommandiert werden. Erfreulicherweise reagieren sie dabei zuverlässig.
Stellenweise erinnert Rise of the Argonauts frappierend an BioWares Mass Effect. Besonders das Dialogsystem weckt Erinnerungen, da man sich während der Gespräche hin und wieder am unteren Bildschirmrand zwischen verschiedenen Punkten entscheiden kann, indem man den Stick im Kreis dreht und die gewünschte Reaktion auswählt. Je nach Reaktion, die den vier Göttern Ares, Apollo, Hermes und Athene gewidmet ist und anhand eines Symbols zuzuordnen sind, reagiert Jason dann anders. Wählt man beispielsweise die eher brachiale Vorgehensweise von Ares, kann es durchaus vorkommen, dass Jasons Faust urplötzlich im Gesicht seines Gegenübers landet.