Sacred 2: Fallen Angel
Zwischen gut und böse
Das nutzt sich recht schnell ab, mir persönlich reichte es nach den ersten 80. Was man allerdings auch erwähnen muss, sind die über weite Strecken hochwertigen, teilweise witzigen Texte und Kleingeschichten mit denen das eher simple Questkonzept aufgewertet wird. Nicht alles ist ein Treffer, aber es ist schön zu sehen, dass man sich wenigstens erfolgreich Mühe beim Schreiben gab.
Ob Ihr erst brav die Riesenratten des Starts erledigt oder Euch gleich härteren Viechern in fernen Landen widmet, bleibt weitestgehend und dank der automatischen Anpassung an Eure Stufe Euch überlassen. Im Gegensatz zu beispielsweise Oblivion klappt das hier ziemlich gut, auch weil die Herausforderung ja nicht im einzelnen Gegner, sondern der Gruppe liegt. Hiermit ließ sich das System wohl besser umsetzen und Ihr habt selten das Gefühl, zu mächtig oder zu schwach zu sein. Nur bei den Bossen schien es ein wenig zu hapern. Sie blieben immer ein wenig hinter ihren Möglichkeiten. Ob nun Monsteroktopus, Superskorpion, Nebelwesen oder Balrog, alle fielen ein wenig zu schnell der üblichen Mischung aus Zuhacken und Heiltränkeeinwerfen zum Opfer. Komplexe Kampftechnik blieb gut und schön und vor allem freiwillig.
Die endlosen Freiheiten enden bei der Erschaffung des Charakters. Hier beschränkt es sich auf eine Auswahl sechs vorgefertigter Archetypen. Vom feuchtem Nerd-Jugendtraum, dem leichtgeschürzten, irgendwie weiblichen Engel der guten und gerechten Vergeltung, Seraphim genannt, über den neandertalesken Schattenkrieger - Codename: Kronk –, den schakalköpfigen Tempelwächter aus der Stargate-Resteecke, bis zum zugegeben ziemlich coolen und wahnsinnig bösen Inquisitor wird Abwechslung geboten. Nicht nur äußerlich, jede Klasse verfügt über 15 eigene Fertigkeiten und Zauber in drei Kategorien.
Euch erwartet ein ansehnlicher Mix aus besseren Waffenattacken, gesteigerten Fertigkeiten, Schutz und natürlich jeder Menge Magie. Solltet Ihr hier Dinge erwarten, die es noch nie gab, werdet Ihr allerdings ein wenig enttäuscht. Blitze, Schockwellen, Eis, Feuer, Beschwörung und natürlich Heilung. Eine Menge Zeugs, das sich bei jedem Spieler und jeder Klasse auf drei oder vier Standards eindampfen dürfte. Aber es ist schön, ein wenig Auswahl zu haben.
Gelevelt wird größtenteils nach bekannten Schemata und funktioniert so gut, dass ein zufriedener Rollenspieler zurückbleibt, der genug Einfluss auf Werdegang und Ausgestaltung seiner Figur hatte. Auch mit den Items zeigt sich Sacred 2 nicht knauserig. Es ist zwar wieder nicht das Spiel, das uns endlich mal erklärt, warum ein Wüstenpuma den Beidhänder der seligen Vergeltung des Himmels bei sich hat, aber wen kümmert es, solange man alles in einem großen Radius auf einen Tastendruck einsacken kann. An der Verwaltung der ganzen Beute hapert es dann aber mitunter gewaltig.
Die Möglichkeit zum direkten Vergleich von Gegenständen ist vorhanden, die Sortierung des Arsenals nach Kriterien wie Wert, Stärke oder Seltenheit hingegen vergessen. Und auch allen anderen Kriterien. Nicht einmal von Hand lässt sich irgendetwas neu arrangieren. Und seid sicher, dass eine Menge Mist im Inventar landet. Ihr dürft zwar die Mindestwertigkeit vorgeben, mit der gesammelt wird, dabei interessiert es aber kein Stück, ob etwas von der eigenen Klasse gar nicht genutzt werden kann. In einem Spiel, in dem das Looting so wichtig ist, verstört die komplette Ignoranz gegenüber dem Groß der Komforts mehr als nur ein wenig.
Sehr obskur wird es im CoOp-Modus mit den Items. Jedes Spiel dieser Art lässt es zu, dass Ihr beliebig hin- und herschachern dürft, nur Sacred 2 macht da scheinbar irgendwie etwas anders. Die halbe Redaktion hat ihr Glück versucht, aber es wollte einfach nicht gelingen, unseren Freunden die für sie nützlichen Gegenstände abzutreten. Also fragten wir beim Entwickler nach und hörten auch nur, dass es wohl gehen soll, leider aber nicht wie.
Ich nehme sie mal beim Wort und kreide Sacred 2 nicht an, dass es schlicht nicht funktioniert. Aber wie auch immer es gehen soll, es muss eines der unintuitivsten Systeme aller Zeiten sein. Wir hatten auch erst die überall in der Welt verteilten Schatzkisten im Verdacht, zum Tauschen gedacht zu sein. Hier aber findet Ihr ebenfalls nur die Gegenstände wieder, die selbst hereingelegt habt. Freunde bekommen keinen Zugriff darauf. Als praktisch stellte sich aber heraus, dass Ihr die gebunkerten Gegenstände auf diese Weise frei unter verschiedenen eigenen Figuren verteilen könnt.