Shadowrun
Online-Hokus Pokus oder fauler Lizenz-Zauber?
Feierabendspieler und alle die - wie ich - bei Halo 2 zwischen ihren Bildschirmtoden nur selten ein Bein auf den Boden bekommen, wird es freuen, dass es bei Shadowrun nicht allein auf die Zielgenauigkeit ankommt. Der Erfolg im Spiel wird nämlich nicht an der Anzahl der Kills gemessen, sondern am verdienten Geldbetrag, den Ihr wiederum in neue Ausrüstung und Zauber reinvestieren dürft. Die Ausbeute richtet sich dabei vor allem danach, wie teamdienlich Ihr gespielt habt. Aufopferungsvolle Sanitätereinsätze werden ebenso belohnt wie die erfolgreiche Bergung des Artefaktes.
Spielt für das Kollektiv und Eure Mannschaft wird am Ende triumphieren, schwimmt alleine gegen den Strom und Ihr erntet vielleicht Kills, aber auch den Unmut Eurer Teamkollegen. Also: Legt die Berührungsängste ab und macht die Klappe auf! Redet mit den Kameraden, denn in Shadowrun gewinnt und verliert man nur im Team. Schüchterne Naturen dürfen auch gerne die sinnvollen Kommando-Shortcuts benutzen, die Fasa auf das Steuerkreuz gelegt hat. Um beispielsweise Feindkontakte zu melden oder Feuerschutz anzufordern. So überwindet man Redeangst und höchste Sprachbarrieren und alles was es braucht, ist eine winzige Daumenbewegung. Ein schöner Gedanke.
Wer Shadowrun noch immer partout nicht ausstehen können will, wird dem Titel zweifellos seine vergleichsweise schmucklose Optik ankreiden. Und es stimmt schon, dass Fasa nicht unbedingt Next-Generation Feeling erzeugt. Dafür ist die Performance der Engine extrem schnell und vor allem sehr stabil. Ein sauberes Gesamtbild und plastische Texturen lassen dann bei genauerem Hingucken wirklich keinen Zweifel mehr daran, dass man es hier mit einem grundsolide programmierten Stück Software zu tun hat. Lediglich das Fehlen einer Leiter-Animation sorgt zunächst für ausgeprägte Stirnfalten.
Falls Ihr es noch nicht gemerkt habt: Shadowrun hat sich durch eine kleine Hintertür längst in mein Herz geschmuggelt. Hat man ein bisschen mit den komplexen Wechselwirkungen experimentiert, nimmt man Fasas teils drastische Abweichungen vom Erfolgskurs der Vorlage - weg von der getragenen Düsternis des Rollenspiels, hin zum schnellen, aufwühlenden Arena-Feuerwerk - nicht mehr als das "Problem" von Shadowrun wahr.
Stattdessen hat man längst angefangen, das Spiel zu akzeptieren und ertappt sich dabei, in seinem Kopf einen persönlichen Wunschzettel aufzuschreiben. Eine lange Liste von Dingen, die genau diesen gelungenen Wettbewerb im Trollfliegen, Zwergenteleportieren und durch-die-Wand-gucken noch besser gemacht hätten. Spielergebundene Avatare zum Beispiel, oder Spielerstatistiken. Auch umfangreichere Konfigurationsmöglichkeiten, was die Matchgestaltung angeht oder eine manuelle Spielauswahl (zusätzlich zu der lahmen, automatischen) wären toll gewesen. Aber auch so fühlt sich Fasas Spätwerk sehr frisch an.
Natürlich bedeutet das, dass Shadowrun sehr viel Luft nach oben hat. Allerdings heisst es auch, dass es das gewisse Etwas besitzt: Eine einzigartige Qualität, die selbst Skeptiker und abgebrühte Online-Zocker dazu bringt, sich mit großen Augen darauf einzulassen. Eine massive, lockere, unumstößliche 8 für alle Teamplayer ohne großartige Weltherrschafts- oder Clan-Pläne also. Zwei bis fünf Punkte abziehen dürfen (in dieser Reihenfolge): Leute mit zwei linken Daumen (Klar - nur bewegen, nicht umschauen!), Menschen ohne Internet (die diese Warnung leider nicht lesen!), meine Mutter und zu guter letzt alle überkorrekten "Aber"-Sager.
Aber was soll man schon von Leuten halten, deren Blasen an den Fingern nicht vom Zocken kommen, sondern von den kleinlichen Meckereien, die sie sicherlich auch über das keineswegs perfekte, aber immerhin sehr liebenswerte Shadowrun in ihre Tastaturen hacken werden. Die faire Konsequenz? Genau: Gute 7 Punkte!
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