SHIFT 2: Unleashed
Like a Virgin
Ganz im Gegensatz zum Driften. Die gute Nachricht hier heißt wohl, dass es im Gegensatz zu SHIFT nicht mehr unspielbar ist und man sogar mit einem Pad minimale Chance hat, eines dieser Rennen mit einem Rest an Würde zu bestreiten. Mit einem Lenkrad macht das Gerutsche sogar fast Spaß. Fast. Ich betrachte es immer als nervige Bürde, die sich dank des Levelsystems umgehen lässt. Wer das anders sieht, kann sich freuen, dass es besser wurde.
Das Levelsystem kennt man bereits in ähnlicher Form aus Need for Speed: Hot Pursuit, nur dass hier für gutes Fahren statt Straßenrowdytum die Punkte vergeben werden. Überholmanöver, Drafting, Drifting, Ideallinie und ohne Bande gefahrene Runden bringen ein paar Punkte. Spezielle Aufgaben in jedem Rennen - jede der Kurven gut nehmen, komplett auf Ideallinie fahren oder eine Runde lang das Feld anführen - füllen das Konto, und gute Positionierungen sowieso. Auf diese Weise ist selbst in verlorenes Rennen nicht umsonst gefahren worden, levelt man sich doch langsam aber beständig hoch. Die einzelnen Rennklassen werden abhängig vom Level freigeschaltet, sodass man die nervigen Driftrennen einfach überspringen kann, indem man in den restlichen Disziplinen ein wenig mehr glänzt.
Diese Level, Erfahrungen, Leistungen und Herausforderungen werden direkt in das ebenfalls aus Hot Pursuit bekannte Autolog-System eingebunden. Seid ihr online angemeldet, werden direkt Bestzeiten verglichen und vor dem Start angezeigt. Die Trennung im Menü zwischen Online-Rennen und der Karriere besteht trotzdem, eine Einflechtung des Multiplayers in den Singleplayer gibt es nicht. Was die Multiplayer-Modi angeht, gibt es denkbar wenige Überraschungen. Rennen und Eliminator mit verschiedenen Voraussetzungen, Fahrzeugklassen und Teilnehmerzahlen sind das, was man erwartet, aber einen vollständigen Online-Turnier-Modus sucht man vergeblich. Wie gut das Matchmaking funktioniert, lässt sich jetzt leider noch nicht mit Bestimmung sagen, aber sollte es das von SHIFT erreichen, dann gibt es wenig zu befürchten.
Soundtechnisch liegt SHIFT 2 vor praktisch jedem anderen Rennspiel derzeit. Ein Crash ist hier ein kurzes Donnerinferno, die Motoren dröhnen und geben dem Subwoofer ordentlich Arbeit. Beinahe jedes der Modelle zeichnet sich durch sein eigenes Klackern und Klacken beim Schalten oder Bremsen aus. Viel realistischeren Sound, der auch mit der Lautstärke bei steigenden Geschwindigkeiten arbeitet, bekommt ihr derzeit nirgends.
Bei der Grafik baut man auf der SHIFT-Engine auf und fährt damit sprichwörtlich sehr gut. Den größten Nachteil dürfte dabei die 30-Hz-Framerate auf den Konsolen darstellen, welche die PC-Version wieder verdoppelt und damit als einzige so flüssig läuft wie ein Rennspiel das tun sollte. Die Spielbarkeit beeinflusst dies schon leicht, man spürt im Vergleich zu Forza und Turismo bei schwierigen Kurven, dass hier zwar mit 360-Hz-Physik-Engine gearbeitet wird, die visuelle Umsetzung aber einfach ein paar Sachen mehr auslässt. Dafür jedoch können sich die Landschaften sehen lassen, zeigen viele Details und auch Effekte wie das Verschwimmen des Blickfeldes bei heftigen Crashs runden den hervorragenden Gesamteindruck ab.
Die SHIFT-Reihe wird ab jetzt ohne das Need-for-Speed-Logo auskommen und das ist angesichts von SHIFT 2: Unleashed nur konsequent. Das hier hat nichts mehr mit den locker-flockigen Rasern der Serienvergangenheit zu tun, gleichzeitig jedoch ist man vom absoluten Sim-Hardcore-Anspruch ein Stückchen entfernt. Das Spiel setzt sich mit seinem extrem hohen Anspruch an den Spieler und den Kompromissen an die Wirklichkeit zwischen die Stühle. Oder besser: Man fand dort noch einen unbesetzten Platz, denn SHIFT 2 ist genau das Richtige für alle, denen Forza und Turismo zu lahm, GTR aber wieder zu realistisch fährt.
Das große Hindernis könnte dabei die Hürde des Einstiegs sein. Es wird nicht wenige geben, die hinter dem Namen einfach etwas anderes erwarten als die vielleicht bissigste KI auf dem Markt, gegen die man wirklich für jeden einzelnen Platz auf dem Podest, und sei es nur ein dritter Platz, bis aufs Messer kämpfen muss. Ich persönlich finde es extrem reizvoll, selbst wenn die Grenze zum Frust selbst auf Leicht gelegentlich erreicht wird. Trotzdem kann ich mich an kein Rennspiel der letzten Jahre erinnern, bei dem ich mich so in einzelne Rennen hineingekniet habe und trotzdem den Spaß daran nie verlor.
Das Feld der Action-Sim-Racer wird von SHIFT 2: Unleashed bereichert. Es setzt sich eben mit seinen Herausforderungen gegenüber Forza und Gran Turismo positiv ab, fast mehr noch, als es das eigentlich neue Feature der Helmkamera tut. Stellt ihr euch auch dieser Aufgabe, dann werdet ihr hier das erste Mal im Genre wirklich bis an die Grenzen gefordert werden. Seid also nicht geschockt, wenn ihr realisiert, dass ein dritter Platz ein großer Sieg sein kann und nehmt den Fehdehandschuh auf.
SHIFT 2: Unleashed ist ab sofort für Xbox 360, PS3 und PC erhältlich.