Silent Hill: Shattered Memories
Die Vergangenheit ist relativ
Als eine Version von Silent Hill für die Wii angekündigt wurde, befürchteten Fans (also ich) das Schlimmste: Ein uninspirierter Krankenschwestern-Rail-Shooter? Ein langweiliges Point-&-Click-Adventure mit recycelten PS1-Grafiken? Ein liebloses Remake mit unnötigen Schlag- und Schüttel-Einlagen? Das könnte böse enden.
“Aber“, denkt man sich dann ganz sozialdemokratisch, „Veränderung ist immer gut“, und sein wir mal ehrlich, die letzten Ausflüge in die zweitwichtigste Survival-Horrorserie der Welt waren eher guter Durchschnitt als bahnbrechender Grusel-Trip. Nicht dass es schlechte Spiele waren - die Storys (vor allem in Teil 5: Homecoming, ich sag nur: Mutter) besaßen immer noch geniale Momente. Doch nach dem die ersten drei Teile die komplette Spiele-Landschaft deutlich veränderten, konnten die Nachfolger eher nur enttäuschen. Zu aufgewärmt, zu ähnlich und voller Selbstzitate. Frischer Wind war dringend nötig, vor allem nach dem erfolgreichen Reboot der Resident-Evil-Reihe und Adoptivkindern wie Dead Space.
So ist die jetzige Situation nicht ganz ironiefrei. Denn nach dem Anspielen von Silent Hill: Shattered Memories auf der gamescom ist klar, dass die vielgeforderte Erneuerung des Gameplays, also quasi die Orientierung in die Next-Gen, genau auf der Konsole passiert, die technisch Last-Gen ist. Die Konsole, die eher für hektische Ports großer Toptitel bekannt ist, als für Innovation.
Inhaltlich ist Silent Hill: Shattered Memories theoretisch noch mal der erste Teil, ohne aber ein simples Remake zu sein. Das Ganze ist eher, so die offizielle Aussagen, eine Art Neuinterpretation. Harry, ein Mann im besten Alter, wacht nach einem Autounfall in einer seltsamen Stadt namens Silent Hill auf und sucht seine Tochter Cheryl, die gerade noch neben ihm auf dem Beifahrersitz saß. Dabei irrt er durch leere Straßen, trifft auf merkwürdige Menschen und noch merkwürdigere Monster. So weit bekannt. Da es aber, wie gesagt, eine Neuinterpretation ist, sind die Namen und das Setup der Geschichte auch alles, auf das man sich hier verlassen kann.
Es geht los mit der Perspektive und der Steuerung. Wir schauen Protagonist Harry über die Schulter und die Wiimote ist dabei seine Taschenlampe, die jede Bewegung eins zu eins umsetzt. Wo ihr hinzeigt, ist Licht, alles andere ist dunkel. Drückt man die A-Taste, führt der Held keinen Kick oder Schlag aus, wie man erwarten würde. Stattdessen ruft er verzweifelt nach seiner verlorene Tochter. "Cheryl!?" Der erste offizielle Gänsehaut-Moment der gamescom 2009.
Denn die größte Veränderung ist der Verzicht auf jegliche Form von Kampf, womit Entwickler Climax kurzerhand einen der Hauptkritikpunkte der Serie entfernt. Vielmehr gilt es jetzt, vor den Monstern wegzulaufen, sie abzuschütteln oder erst gar nicht von ihnen entdeckt zu werden. Mehr Horror und Spannung also und weniger Brecheisen auf mutierte Köpfe schlagen.
Aber die Neuerungen gehen noch tiefer. Denn auch wenn Harrys Unfall der Anfang der Story ist, er ist nicht der Anfang des eigentlichen Spiels. Los geht es im Zimmer eines Psychologen, der ein paar beruhigende Worte für mich parat hat. Er wird der Sache auf den Grund gehen, versichert er mir, besser als mein letzter Arzt. Dann muss ich zum Warmwerden einen Persönlichkeitsfragebogen ausfüllen. Trinkst du gerne? Hast du deinen Partner schon mal betrogen? Moment. Was geht das Konami an? Aber hier ist der Trick. Die Antworten sollen das Spiel aktiv beeinflussen. Basierend auf dem Ergebnis dieses Fragebogens erstellt Silent Hill ein Profil von mir, dem Spieler.