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Silent Hunter 5: Battle of the Atlantic

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Hier verlässt das Spiel scheinbar die Lust, sich um eine neue Zielgruppe zu bemühen. Das Tutorial hat die eigentlich brillante Idee, den Spieler als 1. Offizier erst einmal unter der Anleitung eines Kapitäns lernen zu lassen. Nach einer zehnminütigen Kurzeinführung im Tontaubenschießen auf unbewegliche Frachter geht es zurück in den Hafen und in die Kampagne. Sofort seid ihr auf euch allein gestellt. Macht, was ihr wollt, hier ist ein Ziel. Was zu tun ist, wenn sich ein englisches Kriegsschiff mit 15 Konten nähert, werdet ihr schon schnell allein lernen.

Oder eben auch nicht. Das Handbuch ist ebenfalls keine Hilfe. Bestenfalls notdürftig erklärt es ein paar grundsätzliche Regeln, aber von taktischen Manövern oder ähnlichem Handwerkszeug hält es nichts. Entweder ihr seid dafür Hardcore genug oder ihr lest besser erstmal ein wenig Fachliteratur über Seekriegsführung mit U-Booten. Die Tastaturbelegung wurde nicht als vernünftiger Zettel beigelegt, sondern als fünf mal zwei Zentimeter großer SW-Abdruck eines solchen in Handbuch auf eine halbe Seite verbannt. Englisch beschriftet. Im deutschen Handbuch. Liebevoll. Mann, war Microprose damals super.

Habt ihr all das aber gemeistert oder seid sowieso alte Hasen im Genre, habt die Einspielphase überstanden und die schnarchigen ersten beiden Kampagnenabschnitte hinter euch gebracht, öffnet sich nach und nach die ganze Welt für euch. Das Spiel könnte die Leine nicht länger lassen. Die sieben Meere sind euer Spielplatz. Ihr habt zwar Missionsziele, die euch sagen, wo ihr jagen sollt, aber wie ihr das macht, das ist ganz allein euer Ding. Vom Hafen bis zum erneuten Anlegen seid ihr der Kapitän und habt dabei all dessen Möglichkeiten. Wie ihr sucht, wie ihr kämpft, wann ihr Nachschub holt, es obliegt eurer Verantwortung - und in bester „Über dem Kapitän steht nur Gott“-Manier nutzt ihr euer Boot. Nichts anderes ist es. Euer Boot. Geht gut mit ihm um.

Silent Hunter 5 - Dynamische Kampagne

Dabei ist es natürlich ungemein innovationsfördernd, dass der Kampagnenverlauf zumindest innerhalb einzelner Abschnitte dynamisch funktioniert. Die englische Seedominanz wird angezeigt und verändert sich auch deutlich mit euren Erfolgen und natürlich aus Misserfolgen in den Missionen. Diese Dynamik könnte auch der Grund sein, dass bei langen Seefahrten mit 8.000-facher Zeitbeschleunigung mein eigentlich nicht zu schwächlicher i750 komplett in die Knie geht. Wer weiß, was das alles im Hintergrund und nun plötzlich 8.000 Mal so schnell berechnet wird. Aber eigentlich interessiert es mich erstmal nicht und vor allem nicht dann, wenn die Framerate auf einer 2D-Karte plötzlich einstellig wird und ich nicht mehr zügig die Kommandos anklicken kann. Man lernt mit dieser Macke zu leben, es gibt ja noch Tastatureingaben und beinahe grenzenlose Freiheit halt nun mal ihren Preis. Ich dachte immerm es wäre Wachsamkeit und nicht Rucklen, aber so kann man sich irren.

Wer unter den alten Profis jetzt Sorgen hat, dass Silent Hunter 5 zwar all diese schönen Freiheiten zum Preis des Anspruchs bietet, darf beruhig ausatmen. Stellt einfach den Realismusgrad auf Maximum und plötzlich wird das komplette Set an Winkelmessern für die Seenavigation vom zierenden Beiwerk zur lebenswichtigen Essenz. Torpedos kommen nicht immer an – nicht nur weil die KI ein mieser Schütze ist, ein weiterer Bug -, die Zielmarkierung funktioniert nicht mehr lässig über Mausklick im Periskop. Und auch all die anderen wunderbaren Vereinfachungen bei Angriff oder Flucht machen Platz, damit allein euer Geschick im Umgang mit dem Boot und eure Fähigkeit, taktisch und planend denken zu können, zum Zug kommt. Die Steuerung, einmal verinnerlicht, stellt dem keine Hindernisse in den Weg. Sie nimmt aber auch keine Abkürzungen.

Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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