Singularity
Seine Zeit wert
In den acht Stunden Spielzeit, die euch Singularity offeriert, wechseln sich actionreiche Abschnitte immer wieder mit solchen ruhigeren Passagen ab, in denen ihr eben ein paar weitere Hintergrundinfos aufschnappt oder ein kleines Rätsel löst. Allzu anspruchsvoll ist keines davon, sie passen aber in diese Welt hinein, wirken nicht aufgesetzt und werden euch nicht lange aufhalten. Raven Software gelingt es aber vermutlich genau dadurch, dass im ganzen Spiel praktisch kein Leerlauf herrscht. Von Anfang bis Ende geht es direkt zur Sache, von Schauplatz zu Schauplatz bis hin zum spektakulären Abschluss, der euch sogar noch mehrere Möglichkeiten offen lässt, die ganze Situation zu lösen.
Singularity hat dabei auch den Vorteil, dass man ein relativ unverbrauchtes Szenario für sich nutzt. An vielen Stellen springt ihr plötzlich zwischen 1955 und 2010 hin und her, stoßt auf Echos der Vergangenheit, die euch zeigen, was an einzelnen Stellen vorgefallen ist. Manche davon werden sogar real, zum Beispiel eine Gruppe russischer Soldaten, die erstmal in Form eines solchen Echos regungslos in einem Raum stehen, auf eurem späteren Rückweg aber in die Gegenwart gerissen werden und euch attackieren.
Wer nach den acht Stunden der Kampagne noch nicht genug gesehen hat, kann sich entweder nochmal dransetzen und die verschiedenen Enden erleben oder in den Multiplayer-Part weiterziehen. Selbiger bietet zwei Spielmodi an: "Extermination" und "Kreaturen gegen Soldaten". Letzteres ist im Grunde genommen ein einfaches Team Deathmatch, in Extermination kämpfen aber beide Gruppen um eine Reihe von Bojen, die auf den Karten zu finden sind. Die Menschen müssen diese mit ihrem ZMG wiederherstellen und dann 20 Sekunden lang halten, bevor der nächste Abschnitt des Schlachtfelds freigegeben wird. Das geht dann immer so weiter bis zur letzten Boje.
Beide Seiten verfügen dabei über verschiedene Charakterklassen mit eigenen Vorzügen. Bei den Menschen hätten wir beispielsweise einen Nahkämpfer, der seinen Feinden mit Schrotflinte und ZMG-Impuls zusetzt. Oder aber den "Blitzer", der ein Maschinengewehr mit sich führt und sich mit Hilfe des ZMGs teleportieren kann. Bei jeder einzelnen Klasse lassen sich zudem noch bestimmte Boni auswählen (ebenso auf Wunsch auch die Waffen), mit denen man dann etwa mehr Schaden anrichtet oder schneller durch die Gegend läuft.
Die Kreaturen steuert man indes aus der Third-Person-Perspektive. Auch hier offerieren sich verschiedene Möglichkeiten. Kleine Phasenzecken sind schwer zu sehen, stürzen sich auf Gegner und können diese dann entweder ausschalten oder deren Soldatenklasse bis zum Tod übernehmen. Andere Viecher "zaubern" sich mit ihrer E99-Energie ein explosives Fass herbei, das sie auf Gegner werfen, oder kotzen den Feind im wahrsten Sinne des Wortes an, woraufhin dessen Sicht verschwimmt und die Geschwindigkeit verringert wird. Wichtig ist dabei insbesondere ein gutes Zusammenspiel, denn das Tempo ist hoch und wer nicht gemeinsam vorgeht, hat praktisch keine Chance im Kampf mit Gegnergruppen. Unterhaltsam und spannend ist es aber auf jeden Fall.
Die allgemeine Unberechenbarkeit des Spiels macht auch einen Teil der Faszination von Singularity aus. Man kann sich nie wirklich sicher sein, ob im nächsten Moment nicht wieder irgendwas passiert, die Zeit durcheinander gebracht wird, ein Monster vor einem aus dem Nichts auftaucht oder was auch immer. Das Spiel lebt von seiner Spannung, dem Wissensdurst der Spieler und dem gelungenen Gameplay, das sich einfach rund und "richtig" anfühlt. Ob man sich jetzt hier und da zu viel von anderen Spielen "ausleiht", allen voran BioShock mit seiner Präsentation der Story, Teilen des Artdesigns und der Kalter-Krieg-Thematik, ist mir übrigens herzlich egal - immerhin nimmt man sich einen der besten Vertreter des Genres zum Vorbild. Es passt letztendlich alles zusammen und ergibt ein stimmiges Gesamtbild. Und das ist für mich persönlich einer der wichtigsten Punkte überhaupt.
In dieser Hinsicht hat mich Ravens jüngstes Werk positiv überrascht, weil ich auch nach dem zwar guten, aber meiner Meinung nach doch etwas uninspirierten Wolfenstein und der Tatsache, dass die Testversion von Singularity erst so spät eintraf, den Titel doch mit etwas gemischten Gefühlen in Angriff nahm. Etwas schade finde ich nur, dass die Zeitmanipulation an Objekten nicht noch umfassender eingesetzt wurde. Die eine oder andere Möglichkeit, Gegner mithilfe der Umgebung aus dem Weg zu räumen, hätte man sich sicherlich noch einfallen lassen können. Schlussendlich bleibt Singularity zwar ein kurzer, aber dafür durchgehend unterhaltsamer Shooter mit unverbrauchter Story. Das perfekte Spiel für alle, die genug vom Zweiten Weltkrieg oder dem Anti-Terror-Kampf haben.
Singularity ist ab sofort für PC, PS3 und Xbox 360 zu haben.