Spore
Schön vs. Schade
In den letzten drei Wochen, in denen ich zahlreichen Kreaturen in Spore Leben einhauchte und mit ihnen zum wiederholten Male die Evolutionsleiter erklomm, stellte ich mir immer und immer wieder die gleichen drei Fragen: Was genau ist Spore eigentlich? An wen richtet es sich? Und ist es in seiner Gesamtheit jetzt ein gutes, mittelprächtiges oder schlechtes Spiel?
So ganz schlüssig bin ich mir bei den Antworten nicht. Fakt ist, im Gegenzug zu anderen Spielen kann man Spore nicht einfach einen Stempel aufdrücken. Auf jeden wirkt Will Wrights neue „Vision“ anders, jeder sucht sich in ihr eine andere Motivation. Der eine ist lediglich von den Anfängen verzückt, vergnügt sich stundenlang damit, durch die Ursuppe zu flitzen und seiner Kreation an Land mehr und mehr Gestalt zu verleihen. Der nächste lässt das Gekrabbel sowie das nachfolgende Zivilisieren schnell hinter sich, wundert sich währenddessen ob der fehlenden Herausforderung und findet schließlich in der endlos scheinenden Weltraumphase seine Erfüllung. Und Spieler Nr. 3 erlebt die fünf Phasen als einen in sich greifenden Verlauf und betrachtet Spore als großes Ganzes.
Ich für meinen Teil zähle vermutlich zu einer vierten Gruppe. Zu jenen, die mit Spore einige unterhaltsame Stunden verbringen, es für geraume Zeit in seiner ideenreichen, wenn auch grafisch zweckmäßigen Pracht genießen. Schlussendlich aber das Gefühl verspüren, als wäre vieles von dem, was hier nach unendlichen Möglichkeiten aussieht und sich in schillernden Farben präsentiert, mehr Schein als Sein. Vorwiegend auch deshalb, weil jede Phase, so faszinierend und spaßig die Hälfte davon sein mag, maximal eine Handvoll von relativ seichten Gameplay-Elementen offeriert.
Nehmen wir nur einmal die Zellenphase, die derart simpel gestrickt und in der Bedienung einfach ist, dass selbst ein Kleinkind daran seine wahre Freude haben könnte. Überleben, Fressen, der Kreatur zu neuen Gliedmaßen verhelfen – alles funktioniert über einen einzigen Mausklick und mehr steht im Grunde nicht auf dem Programm. Und so widersprüchlich es jetzt auch klingen muss: Mehr braucht es in diesem Abschnitt nicht, um einen an den Bildschirm zu fesseln, einen die „Magie“ fühlen zu lassen, von der Lucy Bradshaw, ausführende Produzentin, seinerzeit in unserem Interview zu Spore sprach.
Teils, weil sich das Szenario so farbenfroh, so unglaublich verspielt gibt. Teils, weil man mit dem steten Heranwachsen seiner Schöpfung plötzlich erkennt, dass das, was zu Beginn die trübe Brühe an manchen Stellen dunkel färbte, nichts anderes ist, als riesige Kreaturen, die im Hintergrund schwammen. Und teils natürlich, da es einen unwiderstehlichen Reiz ausübt, all die Körperpartien für seine Schöpfung zu ergattern und obendrein einen Erfolg in der Sporepädie-Sammlung freizuschalten. Also befasst man sich minutenlang mit dem, was einen in der Entwicklung nach oben bugsiert.
Man labt sich an Plankton beziehungsweise den Überresten anderer Amöben, füllt dabei stetig und ungemein schnell das DNA-Punktekonto und die Evolutionsanzeige und hält Ausschau nach DNA-Strukturen. Kommt eine in Sichtweite, sei es durch das Anknabbern anderer Kollegen oder durch den Umstand, dass in der Nähe jäh ein Leben beendet wurde, übt man sich im Paarungsruf und wechselt in den Editor. Ein neuer Stachel hier, schon steht die Abwehr. Eine Giftdrüse dort, um nahende Feinde zu schädigen. Eine Flosse, damit das Kerlchen die Kehrtwende beherrscht. Einfach etwas auswählen, an den Körper heften, fertig. Einsteigerfreundlicher und intuitiver kann man so etwas gar nicht gestalten.
Und obwohl die Gegebenheiten in dieser frühen Form des Editors noch ungemein begrenzt sind, man lediglich ein Dutzend Körperteile vorfindet, wird deutlich, wohin das Schiff Spore treiben soll, welche Kapitäne es anvisiert. Nämlich all jene, die schon in Die Sims unzählige Abende damit verbrachten, sich an immer neuen Gestaltungsmöglichkeiten zu erfreuen.