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S.T.A.L.K.E.R. - Shadow of Chernobyl

Der Fluch des Reaktors

Der 26. April 1986 markierte das Ende der Atom-Romantik. In den 50er und 60er Jahren noch zum Heilsbringer der Energiepolitik hochgejubelt, verschwand diese Vorstellung mit dem Super-Gau von Tschernobyl in einer gewaltigen radioaktiven Wolke, die ganz Nordeuropa in Angst und Schrecken versetzte. Selbst heute, nach knapp 21 Jahren, schwelt in dem ausgebrannten Reaktor ein tödliches Feuer, dass nur mit einem gewaltigen Beton-Sarkophag unter Kontrolle gehalten wird. Die komplette Umgebung samt der verlassenen Trabantenstädte ist noch auf viele weitere Jahrzehnte verstrahlt und sorgt unter der ukrainischen Bevölkerung für zahlreiche schlaflose Nächte. Das ideale Schreckens-Szenario also für eines der ambitioniertesten Spieleprojekte der letzten Jahre.

Beinahe wäre es allerdings an den eigenen Visionen gescheitert. S.T.A.L.K.E.R. geisterte über sechs Jahre durch die Presselandschaft, wurde hochgejubelt und abgeschrieben, bekam neue Features und verlor andere, wechselte den Producer und das halbe Team. So schien es unmöglich, dass die Geschichte ein gutes Ende findet. Doch nun läuft die Review-Fassung in unseren Laufwerken und wir tauchen mit Euch gemeinsam in der Zone unter.

Oblivion meets HL 2

Sensationell: Solch Landschaftsgemälde lassen selbst Unreal III atmosphärisch alt aussehen.

1. Mai 2012: Ich weiß nichts mehr. Ich weiß nicht einmal mehr meinen Namen. Ich weiß nur, dass ich Strelok töten muss. Doch wer ist er überhaupt? Auf meiner einzigen Habe, einem PDA, stand die Nachricht "Töte Strelok". Meine Tätowierung verrät, dass ich früher einmal ein S.T.A.L.K.E.R. gewesen bin. Ein Abenteurer, der sich in das radioaktiv verseuchte Gebiet rund um den Tschernobyl Reaktor wagt, um wertvolle Gegenstände und spezielle Artefakte zu suchen. Ein anderer S.T.A.L.K.E.R. fand mich neben einem zerstörten Leichentransporter. Alle nennen mich nur den Gezeichneten. Der Händler Sidorowitsch gab mir einen Tipp, wo ich anfangen kann nach Strelok zu suchen. Nun habe ich eine Waffe und einen Auftrag. Die Jagd kann beginnen.

S.T.A.L.K.E.R. besitzt ein einmaliges Spielprinzip. Die russischen Entwickler von GSC Games World haben einen Shooter erschaffen, der mit seinen Rollenspiel-Elementen und seinen gigantischen Spielwelt nicht umsonst an Elder Scrolls IV: Oblivion erinnert. Neben einer Haupt-Quest, die sich wie ein roter Faden durch das gesamte Spiel zieht, gibt es Dutzende Nebenaufträge und versteckte Orte zu entdecken. Die Welt wird dabei im Gegensatz zu Oblivion in einzelne Abschnitte eingeteilt, wobei diese wirklich gewaltige Ausmaße annehmen. Wie bei Farcry könnt Ihr selbst bestimmen, wie Ihr Euch einem Missionsziel nähert. Dies ist gerade bei den höheren Schwierigkeitsgraden von enormer Bedeutung. Um den steigenden Anforderungen in der Zone um den Reaktor gerecht zu werden, sammelt Ihr kontinuierlich Waffen und Ausrüstungsgegenstände.

Ähnlich einem Rollenspiel besitzt Ihr ein Inventar und eine festgelegte Tragelast. So müsst Ihr kontinuierlich abwägen, welche Gegenstände Ihr behalten wollt und was Ihr mitten im Feld von Euch werft. Seid Ihr überladen, könnt Ihr nur kurze Strecken rennen und bleibt sogar am Ende ganz stehen. Fatal in den Kämpfen gegen die agilen Mutationen, die durch das zerstörte Land ziehen.

Während dieser Scharmützel kämpft Ihr zudem immer mit der Munitionsknappheit. Die gebräuchliche "Magazine an jeder Ecke und Kante"-Schiene kommt hier nicht zum Tragen. Euch bleibt also nichts anderes übrig, als jede Leiche nach brauchbaren Utensilien durchzusehen. Und da die Soldaten vornehmlich einen anderen Waffentyp verwenden, müsst Ihr Eure Lieblingswaffe sogar des Öfteren im Halfter stecken lassen. Etwaige Objekte zieht Ihr meist per lästiger Handarbeit ins Inventar. Selbst beim Essen beschreitet Ihr einen Umweg über den Ausrüstungsbildschirm. Gleiches gilt dann auch für die Waffenwahl: Wollt Ihr Eure Schießprügel austauschen, führt kein Weg an den Menüs vorbei. Das Einstellen der Schussfrequenz, die Munitionsauswahl und die Zusatzfunktionen werden umständlich auf die unterschiedlichsten Tasten gelegt. Statt Komfort erwartet Euch bei S.T.A.L.K.E.R. eben ein hartes Stück Arbeit.

Perfekte Lebenssim und viele RPG-Elemente

Tödlich: Diese Mutanten sind in spärlich beleuchteten Innenräumen nur schwer zu bezwingen.

3. Mai, 2012: Ich habe mir etwas Ausrüstung erkämpft. Neben besseren Waffen besitze ich nun einen Schutzanzug, der mich sowohl im Kampf als auch bei den Anomalien beschützt. Gestern habe ich gesehen, was eine Vortex-Anomalie mit einem Menschen machen kann. Die Energieerruption hob einen meiner Gegner in die Luft und zerriss ihn wie ein Stück Papier. Die Suche nach Strelok führt mich immer tiefer in die Zone. Auf einer gewaltigen Müllhalde habe ich mich einem Team von Stalkern angeschlossen und einen Angriff von Banditen abgewehrt. In dem Agropom Forschungsinstitut bin ich zum ersten Mal auf echte Mutanten gestoßen. Einen widerwärtigen Blutsauger, der sich auch noch unsichtbar machen konnte. Die Regierungssoldaten machen mir zwar mehr zu schaffen, aber diese Monster verfolgen mich bis in meinen Schlaf. Ich begebe mich jetzt nach Jantar, um einen Schutz gegen die PSI-Emissionen zu finden, die mein Eindringen in die Zone verhindern.

Alle wichtigen Charakter-Werte werden durch die Ausrüstung und die so genannten Artefakte bestimmt. Diese überwiegend radioaktiven Elemente, die Ihr Euch an den Gürtel hängen könnt, bescheren positive und negative Auswirkungen. Zum Teil schützen sie genau wie die Anzüge vor den Anomalien, die durch die radioaktive Strahlung entstanden sind. Gleichzeitig sorgen sie für ein erhöhtes Strahlungsniveau oder eine größere Verletzungsanfälligkeit. Einige Anomalien zeigen sich in elektrischen Entladungen oder Feuereruptionen. Andere dagegen wirbeln Gegner in die Lüfte oder schleudern Gegenstände auf Euch. Auch Säure und Explosionen bringen Euch zum Schwitzen. So verkommt jeder Marsch durch die freie Natur zu einem Spießrutenlauf, der Eure ständige Aufmerksamkeit erfordert.

Aggressiv: Die Blutsauger können sich unsichtbar machen und verfolgen Euch bis zu ihrem Tod.

Aber nicht nur die Anomalien gestalten Eure Reisen zu einem Wagnis. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist das A-Life-System, das die schaurig-schöne Landschaft mit Lebewesen beseelt und die Anwesenheit von Mutanten, Banditen und anderen Stalkern in Eurer Nähe steuert. An bestimmten Schlüsselpositionen gibt es zwar weiterhin geskriptete Aktivitäten, doch davon abgesehen müsst Ihr Euch bei jedem Neustart auf eine andere Situation einstellen. Leider führt dieses nette Feature nicht nur zu einem abwechslungsreichen Verlauf, sondern beschert außerdem einen schwankenden Schwierigkeitsgrad, der wahre Restart-Orgien auf den Plan ruft. Mangels Quick- und Auto-Saving-Funktion geht Ihr jedes Mal den Weg über das System-Menü. Um Euch ein ungefähres Gefühl zu vermitteln: Im Testverlauf mussten wir über 100-mal per Hand speichern.

Übrigens: Wie die unterschiedlichen Fraktionen auf Euch reagieren, hängt davon ab, ob Ihr für sie Aufträge erfüllt. Wer zum Beispiel einen Wächter tötet, bekommt Applaus von den Freiheitskämpfern, wird danach jedoch rigoros von den Aufpassern verfolgt.