StarCraft II
Innovation vs. Balancing
Einige Features wurden direkt von WarCraft III übernommen. So gibt es Abkürzungen, die durch Barrikaden geschützt werden. Um den Gegner zu überraschen, könnt ihr diese langsam zerstören und ihm in den Rücken fallen. Xel'Naga-Wachtürme verscheuchen dagegen so lange den Nebel des Krieges, wie ihr eine Einheit daneben positioniert. Außerdem finden sich spezielle Areale ein, die durch Rauch oder Gestrüpp eine Einsicht verhindern. Ideal, um zum Beispiel einen Hinterhalt zu legen. Die Gefechte werden dadurch noch abwechslungsreicher und verwandeln sich schnell in ein blitzschnelles Katz-und-Mausspiel.
Weniger gelungen wirken dagegen einige Einheiten, wie der Thor-Mech der Terraner oder der Ultralisk der Zerg. Nicht nur das Design der beiden Einheiten passt irgendwie nicht zum Rest der Truppe, sondern auch ihre Größe wird zu einem echten Problem. Die überdimensionierten Monster wollen sich nicht so recht in den kleinen Bildausschnitt zwängen. Ihr könnt kaum heraus zoomen, was vor allem Anfängern das Leben schwer macht. Profis verlassen sich deshalb auf die kaum veränderte Mini-Map und nutzen die große Ansicht nur zum Micro-Managment.
Hier spielt Blizzard übrigens seine langjährige Echtzeitstrategie-Erfahrung aus. Wie schon bei den anderen Titeln ist nahezu jeder Schuss und jeder Schlag spielentscheidend. Treffen zwei Profis aufeinander, beginnt ein tödlicher Tanz. Mit über 100 Klicks pro Minute werden gegnerische Einheiten blockiert, eingekreist und aus der Entfernung auseinandergenommen. Ohne Zufallselemente entscheidet beim blitzschnellen Gameplay das bessere Taktikverständnis und die richtige Reaktion. Für jede Taktik gibt es eine Gegentaktik, für jede Einheit einen Konter. Gleichzeitig erleichtert StarCraft II den Einstieg ohne den Anspruch zu senken. Ein Gratwanderung, die scheinbar aufgeht.
Bei Optik und Inszenierung muss man dafür im Multiplayer Abstriche machen. Um die Spieler nicht zu verwirren, wurden die Spezialeffekte zurückgefahren. Die Einheiten sind relativ detailarm, auf Physik wurde vollkommen verzichtet und die Inszenierung ist im Vergleich zu einem Dawn of War 2 höchstens zweitklassig. Doch was auf den ersten Blick wie ein Manko aussieht, ist in Wirklichkeit der Schlüssel zum Erfolg.
Blizzard möchte StarCraft II einer großen Zielgruppe zugänglich machen. Dies kann nur über niedrige Hardware-Anforderungen gewährleistet werden. Deshalb wird die Grafik bewusst auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert. Die Zwischensequenzen der Kampagne zeigen, was die Engine auf dem Kasten hat, die Amerikaner verzichten bewusst auf Grafik-Firlefanz, um vor allem den Multiplayer perfekt spielbar zu machen. Vielleicht werden die Details in den Singleplayer-Missionen noch nach oben geschraubt. Fakt ist auch: Render-Sequenzen und Character Design sind über jeden Zweifel erhaben. Zumindest in der Kampagne wird StarCraft II wahrscheinlich ganz großes Kino.
Nachdem ich meine erste Enttäuschung überwunden hatte, fiel bei mir ein Mech-großer Groschen. Der Multiplayer soll vor allem Esportler glücklich machen. Dank augenscheinlich perfektem Balancing, einer fordernden Spielmechanik und der punktgenauen Steuerung geht für Profis ein Traum in Erfüllung. Mit genug taktischem Verständnis kann jeder Gegner besiegt werden, egal welche Rasse man einsetzt. Brachial inszenierte Gefechte wie bei der Konkurrenz würden hier nur unnötig ablenken. Blizzard setzt ganz bewusst auf eine Erweiterung der alten Mechanik. Das erleichtert den Einstieg und garantiert spannende Gefechte.
Für Innovationen ist die Kampagne zuständig. Die neue, nicht-lineare Struktur und die Zusatz-Elemente, wie der Upgrade-Kauf bei den Terranern, der Rollenspiel-Aspekt bei den Zerg und die Diplomatie bei den Protoss, sorgen für taktische Vielfalt. Perfekt inszeniert und mit bombastischen Render-Sequenzen unterlegt, scheint StarCraft II vor allem beim Storytelling neue Maßstäbe zu setzen. Persönlich, episch und mit viel Emotionen. So werden im Prinzip beide Lager bedient. Wer wie ich auf frische Ideen steht, wird im Singleplayer glücklich, während Multiplayer-Profis sich über ihr altes, aber konsequent verbessertes Spielgefühl freuen. Kein schlechter Deal.
Für Starcraft II: Wings of Liberty gibt es immer noch keinen festen Release-Termin. Angesichts der bald starteten Beta, die 3-6 Monate dauern soll, ist ein Release vor Dezember 2009/Frühjahr 2010 unwahrscheinlich. Vielleicht liefert die BlizzCon im August neue Informationen. Auch bezüglich der LAN-Problematik.