Street Fighter IV
Kaufen, genießen, lieben
Und auch bei den Special-Moves dürften Euch schnell die Ausreden ausgehen. Wie auch bei Street Fighter II HD trimmte Capcom das Timing und zeigt sich großzügig bei der Erkennung eines Moves. Der Shift im Spiel wird schnell deutlich, schließlich liegt es nicht länger an gottgleicher Geschicklichkeit im letzten Glied Eures Daumens, sondern an gekonnt gewähltem Timing, sobald ein Angriff richtig sitzt.
Auch das Tempo der Kämpfer wurde verändert. Die Großen wurden plötzlich erstaunlich schnell und damit solltet Ihr Euch ab sofort vor Zangief und seinen haarigen Muskelbergen fürchten. Fast ein wenig zu sehr, denn hier kommt mitunter doch das Gefühl auf, dass man ein wenig über das Ziel schoss und dabei die ehemals Unliebsamen ein wenig zu mächtig züchtete.
Ausgleich für solche Ungerechtigkeiten bietet der Fokus Angriff. Haltet die beiden mittleren Knöpfe gedrückt und Euer Kämpfer erwartet mit steigender Spannung für ein bis zwei Sekunden die Attacke des Gegners, bevor sich die wartende Fokus-Abwehr in einen Fokus-Angriff verwandelt und Ihr dem Feind einfach eines überbrazt. Passt Ihr das Aufladen aber richtig ab, fangt Ihr einen gegnerischen Angriff auf, ohne dass dieser Euch von den Beinen holt. Aus einem gegnerischen Fokus könnt Ihr sogar heraus-dashen, um diesen zu canceln. Es ist ein solides System, das Euch die Wahl lässt ob Ihr es nutzen wollt. Solltet Ihr Euch dafür entscheiden, findet Ihr hier viel Spielraum und ein paar fiese Tricks, ohne dass diese zu unfairer Übermacht auftrumpfen würden.
Insgesamt lässt sich dem gesamten System aus Bewegung, Moves, Super Specials, Ultra Combos und Fokus sowohl Einsteigerfreundlichkeit als auch komplexe Tiefe attestieren. Street Fighter IV überfordert den Anfänger nicht mit der Verpflichtung, alles auf einmal zu meistern und lässt Euch nach und nach in die durchaus veritable Tiefe der Mechanik abtauchen.
Hier feilen Profis auch nach langer Zeit noch an der Vollendung ihrer Spielmuster. Für ein klein wenig Optimierung bietet das System immer Luft, so wie auch Luft für Capcom bleibt, die allerletzten kleinen Unpässlichkeit beim Balancing auszubügeln. Ganz ehrlich, ich fürchte mich vor Zangief. Bei der Grundauswahl an Kämpfern besann sich Capcom wie bei fast allen anderen Aspekten auch auf ein so sehr an Street Fighter II angelehntes Feld, dass die vier Neuen erst so richtig herausstechen. Zugegeben, El Fuerte würde aus jeder Gruppe herausstechen. Spanischer Koch aus Passion und Wrestler von Beruf, tritt er mit dem Schlachtruf "Super Extreme Cooking" an. Er will die besten Kämpfer der Welt treffen, um herauszufinden, was sie essen. Um dann das ultimative Powermenü zu kreieren. Oder so.
Der für einen Kung Fu Meister seltsam kugelförmige Rufus bewegt sich für seine Körpermasse überraschend agil und bringt effektive Angriffe aus der Luft mit. Optisch eher unauffällige betritt Abel am leisesten die Bildfläche und Ihr müsst zwischen dem Geschrei der anderen Krieger schon gut hinhören, um seinen belgisch-französischem JCVD-Akzent wahrzunehmen. Den Abschluss macht die Agentin Crimson Viper und ihren Gadget-lastigen Kampfstil behalte ich in eher unangenehmer Erinnerung. Es ist sicher eine persönliche Sache, aber ich kann mit Hilfsmitteln bei den Kämpfern nichts anfangen. Solcher Kram gehört in andere Serien.
Mit freischaltbaren Charakteren knauserte Capcom nicht. Der Weg des weisen Opas Gen reicht gar bis zum allerersten Street Fighter zurück. Cammy, Fei Long und natürlich der unsterbliche Akuma verfolgen ihre Wurzeln auf die Street Fighter II-Serie, während Dan, Sakura und Rose erst seit den Alphas mitprügeln.
Eine echte Premiere feiert Gouken und das, obwohl er praktisch seit den Anfängen hinter Ryu und Ken steht. Überall im Street Fighter-Universum finden sich Referenzen, die auf den Mentor der beiden deuten. Und jetzt dürft Ihr ihn sogar spielen. Ein großer Moment, die Tränen nahen, dass wir das noch erleben durften...Das Feld ist also gut besetzt, die Kampfstile könnten nicht unterschiedlicher sein, die Größenverhältnisse reichen von klein und kugelig bis zu abnormen Muskelbergen und trotzdem, trotz all dieser Unterschiede, bekam Capcom es hin, dieses Feld fair und ausgewogen antreten zu lassen. Nicht nur, dass Ihr hier mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit genau Euren Kämpfer finden werdet, es wird keinen Gegner geben, der Euch gegenüber echte, unüberwindbare Vorteile besäße.