Street Fighter X Tekken - Test
Capcom sucht den Nahkampf
Capcom hat mittlerweile einige Erfahrungen mit Crossover-Prügeleien gesammelt. Die Street Fighter klopften sich schon mit den Marvel-Superhelden, den Anime-Heroen aus dem Hause Tatsunoko und ihren zweidimensionalen SNK-Rivalen. Dabei ist es nicht nur spannend, wie sich jetzt Ryu gegen Cyclops oder Chun Li gegen Mai Shiranui schlägt, vor allem die Interpretation bekannter Charaktere durch die Capcom-Künstler ist immer wieder ein Leckerbissen. Kein Wunder, dass die Erwartungshaltung an Street Fighter X Tekken von Anfang an gewaltig war.
Da die herrlich anzusehende Schlägerei komplett unter der Regie von Capcoms kleinem Prügel-Papst Yoshinori Ono entstand, ist schnell klar, dass das Aufeinandertreffen der Namco- und der Capcom-Krieger im großen und ganzen nach den Hausregeln des Gastgebers ausgetragen wird. Alle Figuren kommen im Gameplay-Stil der Street-Fighter-Reihe daher, drei Schlag- und der Trittvarianten verschiedener Härtestufen stellen das spielerische Grundgerüst dar, die meisten Spezialattacken werden durch Viertel- und Halbkreisdrehungen oder kurze Charge-Aktionen initiiert. So fühlen sich alte Bekannte wie Zangief, Dhalsim oder Juri gleich vertraut an, die Tekken-Recken müsst ihr aber erst einmal wieder neu erlernen. Dabei ist es recht hilfreich, dass die sich, beschränkt man sich auf schnelle und mittlere Manöver, zunächst ähnlich wie in den Namco-Titeln spielen. Verlassen solltet ihr euch darauf aber nicht: Wer nicht bald die harten Schläge und die zahlreichen neuen Elemente in seinen Kampfstil einbaut, der wird sich früher oder später eine blutige Polygon-Nase holen.
Da sind zum Beispiel die Juwelen, die euren Kämpfern zeitweise neue Kräfte verleihen. Manche machen euch etwas stärker, andere erhöhen die Verteidigung oder erleichtern das Ausführen von Spezialattacken. Dabei unterscheidet sich auch die Art der Aktivierung. Manche beginnen zu wirken, wenn ihr bestimmte Manöver ausführt, andere werden aktiv, wenn ihr ein paar Schläge eingesteckt habt. Für jede Figur könnt ihr in den Optionen individuelle Juwelen-Anordnungen erstellen. So kann ein Anfänger sich das Leben bedeutend erleichtern, Profis können ihre Lieblings-Figur noch ein wenig mehr für ihren persönlichen Stil optimieren.
Von den zahlreichen neuen Spielelementen ist der sogenannte Cross Rush aber wohl das wichtigste, macht der doch den größten spielerischen Unterschied zu den nächsten Klopper-Verwandten aus. Das funktioniert in der Praxis so. Jede Figur ist in der Lage, relativ einfach schnelle, mittlere und harte Attacken zu Kombos zu verbinden. Bringt ihr einen kompletten Cross-Rush-Lauf von schnell bis hart durch, dann führt das letzte Manöver automatisch zu einem Launcher-Move mit anschließendem Austaggen. Das ist die schnellste und sicherste Variante, im Eifer des Gefechts die Figur zu wechseln. Vollzieht ihr den Wechsel ohne diesen Vorlauf, dann kann ein guter Gegner in dieser kurzen Zeit schon eine mächtige Attacke einleiten. Setzt ihr den Launcher alleine ein, dann solltet ihr dafür besser gutes Timing mitbringen. Geht das Manöver daneben, dann seid ihr offen für harte Konter.
Die Team-Aspekte stehen noch näher als beim Drei-gegen-Drei-Spektakel Ultimate Marvel vs. Capcom 3 im Vordergrund und ähnlich wie in der Tekken-Reihe ist der Nahkampf hier ein ganzes Stück wichtiger.
So wird schnell deutlich, dass der Fokus bei Street Fighter X Tekken ganz anders als bei den anderen Beat 'em ups von Capcom liegt. Die Team-Aspekte stehen noch näher als beim Drei gegen Drei-Spektakel Ultimate Marvel vs. Capcom 3 im Vordergrund und ähnlich wie in der Tekken-Reihe ist der Nahkampf hier ein ganzes Stück wichtiger. Fernkampf-Manöver wie Projektile sind zwar nach wie vor vorhanden, nehmen aber eine weitaus weniger dominierende Rolle als bei anderen Capcom-Produktionen ein. Auch Juggles, also das wiederholte Schlagen eines wehrlosen, sich in der Luft befindlichen Gegners ist hier weit dominanter als in anderen Capcom-Kampfspielen.
Nicht zuletzt werden Capcom-Veteranen von den neuen Sieges-Bedingungen überrascht. Im Gegensatz zu Capcoms anderen Team-Schlägereien genügt es hier, bereits einen Gegner auf die Bretter zu schicken. Das verhindert recht effektiv zu lange, allzu zermürbende Kämpfe und setzt euch von Anfang an mehr unter Druck. Gleichzeitig wurde auch die Regenerationsrate für gerade rastende Recken erhöht, um eine gute Balance zu gewährleisten. All das macht den Umstieg für erfahrene Straßenkämpfer zwar zunächst ein wenig schwieriger, ist aber letzten Endes eine willkommene Abwechslung. Der veränderte Fokus macht Street Fighter X Tekken zu einem eigenständigen Titel und nicht einfach zu einem weiteren Ableger von Street Fighter IV.
Eine wichtige taktische Feinheit bietet der Pandora-Modus. Ist eure Lebensenergie auf weniger als 25% gesunken, dann könnt ihr den aktivieren, indem ihr eine eurer Figuren opfert. Das verschafft euch eine ganze Menge Status-Boni, allerdings halten die nur für zehn Sekunden vor. Habt ihr bis dahin nicht den Sieg errungen, dann kippt euer Kämpfer um und der Gegner gewinnt automatisch. Das ist eine interessante und dem ersten Eindruck nach auch nicht zu mächtige Comeback-Mechanik. Ob die sich natürlich auch langfristig spielerisch bewährt, das wird die Zeit zeigen. Immerhin hat Capcom auch den ähnlich funktionierenden, aber in seiner ersten Inkarnation ungleich mächtigeren X-Factor von Marvel vs. Capcom auf dem Weg zur Ultimate-Fassung ein ganzes Stück entschärft.
Ein Faktor der Street Fighter X Tekken so sympathisch macht, ist der Humor und die Liebe zu den kleinen Details. In den Stages turnen jede Menge bekannter Gesichter herum, in manchen ereignen sich gar kleine Geschichten im Hintergrund während ihr euch vorne gegenseitig weichklopft. Jede Figur kommt mit individuellen Sieges-Kommentaren für ihren jeweiligen Gegner daher und tretet ihr mit einem der Story-Teams wie beispielsweise Ryu und Ken, Asuka und Lili oder Jin und Xiaoyu an, dann wird der Arcade-Modus auch noch von mal witzigen, mal dramatischen Intros und Endsequenzen gerahmt, zwischen den Kämpfen gibt es kleine Dialoge zwischen den nicht immer einmütigen Partnern. Egal ob Ryu und Ken ihre Bromance abfeiern oder Asuka und Lili sich gegenseitig anzicken, hier wird wieder einmal Capcoms Detailversessenheit deutlich. Die Handlung mag nicht allzu clever und spannend sein, aber die Figuren sind halt einfach zu sympathisch, und viele Kampf-Eröffnungen zaubern immer wieder ein Lächeln auf euer Gesicht.
Die Modi-Vielfalt bewegt sich im klassischen Rahmen. Der Arcade-Modus ist keine billige Sparnummer wie im 3DS-Release Tekken 3D, zahlreiche Trial- und Trainings-Modi helfen euch, die neuen Systeme effektiv zu verinnerlichen. Angehende Mode-Designer toben sich derweil im Farb-Editor aus und kolorieren die Outfits ihrer Schützlinge um. Den größten Spaß bringt natürlich genretypisch der Mehrspieler-Modus: Ihr könnt euch hier sogar zu viert in Zweierteams gegenseitig auf den Schädel hauen. Das macht natürlich gemeinsam vor einem ordentlich großen Fernseher den meisten Spaß, aber auch Online könnt ihr in freien Spielen und in Ranglisten-Matches gegeneinander antreten. Über die Qualität des Netzcodes lässt sich allerdings noch keine konkrete Aussage machen, da Online-Duelle erst ab dem Release-Tag möglich sind.