Stronghold 3
Festungen feiern, wie sie fallen
So viel zum Thema Klischees. Von wegen, Echtzeitstrategie- und Mittelalter-Spiele seien eine ur-deutsche Angelegenheit. Mit der Stronghold-Serie entsteht seit über zehn Jahren eine der vermeintlich teutonischsten Spielereihen in London bei den Firefly Studios. Chef-Denker der Spieleschmiede, Simon Bradbury, ist ein Brite wie er im Buche steht und ist sich dieses speziellen Stereotyps bewusst.
Zugegeben, tatsächlich ist Deutschland seit jeher einer der stärksten Absatzmärkte für sein Spiel – vor allem der erste Teil mit seinen zahllosen Erweiterungen erfreut sich trotz seines fortgeschrittenen Alters noch immer großer Beliebtheit unter Strategie-Fans. Wie Bradbury uns aber am letzten Montag auf einem Lokaltermin in der angesichts der sozialen Unruhen angespannt und nervös wirkenden Themse-Metropole erzählte, ist Stronghold für ihn auch ein sehr englisches Spiel.
Vor allem in der Architektur der Festungen spiegele sich das wieder. Anhand von Satellitenbildern virtuell neu errichtete englische Originalburgen für den Skirmish-Modus und die ans englische Mittelalter angelehnte Bauweise der fiktiven Kampagnen-Steinkolosse machen es möglich. Bradbury selbst ist schon seit frühester Kindheit von Sclössern fasziniert, schaute sich mit seinem Vater rekonstruierte Festungen an und zeigt sie mittlerweile auch seinen eigenen Kindern – hier hat jemand seine Leidenschaft zum Beruf gemacht.
Und das ist auch schon eine treffende Erklärung, warum Firefly mit dem zweiten Teil anno 2005 über das Ziel hinausgeschossen ist. Hier wollte jemand das Treiben innerhalb einer Burg ein bisschen zu lebensecht simulieren. Sehr selbstkritisch referiert Bradbury etwa über das Kriminalitäts-System, das dafür sorgte, dass zum Beispiel Apfelbauern die Arbeit einstellten, auf die schiefe Bahn gerieten und nach ihrer Gefangennahme verurteilt und blutig resozialisiert werden mussten. Mehrere Gebäude und Untertanen mussten abgestellt, ein kompletter separater "Justiz-Wirtschaftskreislauf" errichtet werden, nur damit die Produktion bereits errichteter, bezahlter und besetzter Einrichtungen nicht zum Erliegen kam.
Das war natürlich, gerade was die Ressourcen anging, ein gewaltiger Schlag ins Kontor, zumal inmitten der schützenden Mauern neben Rohstoffen wie Holz, Währung und Stein auch Platz schnell zum kostbaren Gut gerät. In Stronghold hatte man seit Jahr und Tag auch so schon genug zu tun, weshalb solche Kleinigkeiten im Grunde nur ein nervender Knüppel in den Speichen eurer so minutiös errichteten Burgen-Infrastruktur war. Bradbury findet einfachere Worte dafür, wenn er sagt, "es machte einfach keinen Spaß". Mit Stronghold 3 habt ihr zwar wieder die Möglichkeit, ein Herz für Scharfrichter und ihrem Pool an simulierten Folterintrumenten zu zeigen. Allerdings ist das Kriminalitätssystem nun Geschichte. Stattdessen beeinflusst die zur Schau gestellte Quälerei euer Ansehen.
Fürchten sich eure Untertanen vor euch, habt ihr weniger Arbeitsausfall zu befürchten und dadurch eine effektivere Warenproduktion. Allerdings sind hart geknechtete Bürger auch alles andere als spitzenmäßiges Soldatenmaterial. Geliebte Herrscher haben es hier besser, opfern sich doch ihre Gefolgsleute im Kriegsfall mit Feuereifer für euch auf. Insgesamt gilt es ohnehin, die Stimmung in eurer Siedlung genau im Auge zu behalten, was mithilfe eines übersichtlichen Menüs in der oberen Bildschirmecke nun reibungsloser und transparenter funktioniert.
Hier justiert ihr mit nur wenigen Klicks den Umfang der Nahrungsausgabe oder den Steuersatz. Eine Variable, auf die ihr keinen Einfluss habt, sind zufällig auftretende Ereignisse. Kommt etwa der König zu Besuch, ist die Freude unter den Bürgern hoch genug, dass sie es kaum mitbekommen, wenn ihr durch eine Erhöhung der Steuer eure Kasse füllt oder die Versorgung der Ahnungslosen auf Kriegsrationen zurückschraubt, um das Lager gut gefüllt zu halten. Krankheiten und Ernteausfall ziehen dagegen den Zuspruch in der Bevölkerung und damit die Einwohnerzahl Stück um Stück nach unten, was ihr ebenfalls durch entsprechende Anpassungen kompensiert.