The Conduit
Halbgare Verschwörung
„Wir lassen unseren Worten Taten und folgen und sagen laut und deutlich: Ja. Es gibt ein Publikum für qualitative Shooter auf der Wii. Sie haben einfach keinen, den sie kaufen könnten...“
High Voltage Softwares Eric Nofsinger im April diesen Jahres.
Prinzipiell hat er damit nicht unrecht, es gibt zweifellos ein Publikum für qualitativ gute Shooter. Und viele Wii-Umsetzungen können steuerungstechnisch nicht das Maximum aus Nintendos Konsole rausholen, was vermutlich daran liegt, dass es eben einfach nur Portierungen sind. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an das Wii-exklusive, mit zig Vorschusslorbeeren bedachte The Conduit. Wenn man es genau nimmt, kann man Nofsingers Aussage aber auch nach dem Release des Shooters so stehen lassen.
Und das, obwohl High Voltage Software einige Dinge in The Conduit wirklich mit Bravour löst. Zum Beispiel den Multiplayer-Modus, der auf der Wii derzeit seinesgleichen sucht. Bis zu zwölf Spieler toben sich größtenteils lagfrei in den diversen abwechslungsreichen Spielmodi auf insgesamt sieben Karten aus. Damit die Partien nicht langweilig werden, stehen zusätzlich verschiedene Varianten und Optionen zur Verfügung, mit denen man das Deathmatch beispielsweise nur mit Menschen- oder Alienwaffen bestreitet.
Gänzlich ohne Schießeisen muss derjenige auskommen, der beim ASA-Football das „Alles sehende Auge“ durch die Gegend schleppt. Je länger man es herumträgt, desto mehr Punkte wandern aufs eigene Konto. Währenddessen ist man aber selbstverständlich das bevorzugte Ziel aller anderen Teilnehmer. Speziell auf kleineren Karten wechselt die Kugel nahezu alle zehn Sekunden den Besitzer, hier entstehen regelrechte Massenschlachten um das kleine, leuchtende Teil.
Kleiner Dämpfer: Die Schlachtfelder, die grundsätzlich auf den Arealen der Kampagne basieren, bieten wenig taktische Möglichkeiten, keine kleinen Winkel, aus denen man seinen Gegner überraschen kann. Alles ist sehr geradlinig gehalten, wodurch man aber andererseits auch an fast jeder Ecke auf Gesellschaft stößt und keine Monotonie aufkommt. Die Gefechte gestalten sich trotz der vergleichsweise langsamen Laufgeschwindigkeit der Recken generell sehr dynamisch und flott. Die Nutzung des unterstützen Zuberhörteils WiiSpeak beschränkt sich indes lediglich auf Unterhaltungen mit Freunden, Rangaufstiege sind ebenfalls nur ein optisches Gimmick.
Zweiter großer Pluspunkt des Spiels ist die Technik. Optisch ist The Conduit – ausgehend von den Möglichkeiten der Wii-Hardware – ein echter Leckerbissen, bietet scharfe Texturen und eine beständig stabile Framerate. Allen voran ist aber die Steuerung das wahre Highlight. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass The Conduit über die wohl beste Shooterkontrolle auf den Konsolen verfügt – nebst Metroid Prime natürlich. Ob man sich nun in aller Ruhe umschaut, äußerst präzise Feinde aufs Korn nimmt oder per Nunchuck zum punktgenauen Granatwurf ausholt, die Kombination aus Fernbedienung und Anhängsel ist zwar von der reinen Konzeption nicht wirklich anders als in jedem anderen Spiel dieses Genres, fühlt sich hier aber einfach sehr natürlich an. Diese angenehme Unkompliziertheit und Genauigkeit ist es, die man sonst oftmals schmerzlich vermisst.
Falls das den eigenen Ansprüchen nicht genügt, erlauben die Macher eine umfangreiche Individualisierung von praktisch allen Bestandteilen der Steuerung. Man kann die Tastenbelegung ändern, den Bereich vergrößern oder verkleinern, in dem sich die Kamera dreht, oder das Interface/HUD verschieben. Wenn man sich etwa daran stört, dass man für eine Nahkampfattacke die Wiimote schwingen muss und so möglicherweise die Perspektive ungünstig verändert, dann legt man diese Aktion einfach auf eine andere Taste. Der Spieler hat die Freiheit und kann selbst herausfinden, was er am liebsten mag.
Wäre The Conduit als reiner Multiplayer-Shooter mit dieser Steuerung konzipiert, wäre die Sache eine recht einfache. "Gelungen" wäre das abschließende Urteil. Aber es gibt da leider noch die andere Seite der Medaille, den Einzelspieler-Part. Anfangs beginnt die Geschichte recht vielversprechend, bedient sich eines Stilmittels, das in den vergangenen Jahren oftmals in TV-Serien verwendet wurde. Man zeigt bis zu einem gewissen Punkt ein Ereignis aus der Zukunft, nur um dann plötzlich wieder in die Vergangenheit zu wechseln und die Vorgeschichte bis dahin zu erzählen.