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The Witcher

Sex, Drugs & Fantasy

Gleich der Einstieg beginnt mit einer groß angelegten Belagerung einer Hexer-Festung, wo der noch etwas verwirrte Geralt gegen plumpe Schwertkämpfer, einen mächtigen Zauberer und ein gewaltiges Insektenmonster antreten muss. Die Entwickler bringen dem Spieler dabei gleich das innovative Kampf- und das eher rudimentäre Magiesystem näher. Während man Zauber einfach per rechter Maustaste auslöst, kommt es beim Schwertkampf darauf an, neben der richtigen Klinge auch den passenden Kampfstil einzusetzen.

Die Grundregeln sind dabei recht übersichtlich: Das Silberschwert ist für den Einsatz gegen Monster gedacht, das Stahlschwert gegen Menschen. Mit dem starken Angriffsstil wird man mit schwerfälligen Gegnern fertig, mit schnellen Stößen erwischt man flinke Kämpfer und den Gruppenstil packt man bei Unterzahl aus. Zusätzlich muss man den richtigen Rhythmus finden, um die Angriffsserien nicht zu unterbrechen.

Mit dem ersten Klick löst man mehrere erstklassig animierte Schläge aus, die man durch das richtige Timing ständig erweitern kann. Das erfordert Konzentration und hebt sich erfrischend von anderen Rollenspiel-Systemen ab. Leider reagiert Geralt manchmal etwas träge und der Gruppenstil erscheint auf den ersten Blick zu mächtig. Wenn man den Dreh aber erst einmal heraus hat, schnetzelt man sich vergnügt durch die Gegnerhorden und lässt sich von diesen kleinen Fehlern nicht beeindrucken.

In den Zwischensequenzen werden Spezialeffekte eingesetzt, die Ati Karten in die Knie zwingen.

Ebenso erfrischend ist das Upgrade-System. Attribute und Fähigkeiten sind hier nicht klar getrennt. Investiert man in einen zusätzlichen Schlag, gibt es obendrein einen Bonus auf andere Bereiche. Wirkliches 'Verskillen' fällt somit also fast flach. Bei der Herstellung von Drogen und Tränken könnt Ihr ebenfalls Eurer Kreativität freien Lauf lassen. Wenn Ihr Euch nicht an die Rezepte haltet, springen dabei zwar auch echte Giftbrühen raus, doch ein Hexer steckt das eigentlich ganz gut weg. Auch bei lustigen Minispielchen, wie einem Wettsaufen, verändert sich Euer Gesundheitszustand. Erst ist alles verschwommen, dann kippt Ihr bewusstlos nach hinten weg – ganz wie in der Realität.

Habt Ihr den ersten Level überstanden, wird die Welt deutlich weitläufiger, auch wenn sie nie mit einem Oblivion oder Gothic mithalten kann. Ihr bewegt Euch auf recht engen Pfaden und müsst auch mit Zäunen und Büschen als Levelbegrenzung leben. Scheinbar musste hier der alten Grafikengine Tribut gezollt werden und die Bewegungsfreiheit wurde stark eingeschränkt. Zu allem Überfluss müsst Ihr mit häufigen und oft langen Ladezeiten leben, die das sonst recht flotte Gameplay immer wieder aus dem Tritt bringen.

Würfelpoker ist ein netter Zeitvertreib, aber nicht sonderlich anspruchsvoll.

Wer aber die Geduld aufbringt, wird im Gegenzug mit einer bombastischen Grafik belohnt, die vor allem in punkto Design die erwähnte Konkurrenz deutlich in den Schatten stellt. Die vorgerenderten Zwischensequenzen, die glaubhaften Gebäude, die fantasievollen Monstern und die herrliche Ausleuchtung versprühen eine solche Wertigkeit, dass sich viele etablierte Entwickler eine gehörige Scheibe davon abschneiden sollten. Fällt zartes in eine dunkle Kloake ein und spiegelt sich eine mittelalterliche Festungsanlage im Burggraben, wähnt man sich sofort mitten in diesem einmaligen Fantasy-Szenario.

Besonders atmosphärisch ist hier die Schulterperspektive, die sich nicht nur deutlich einfacher steuert als die klassische Iso-Ansicht, sondern die Charaktere in all ihrer Pracht viel näher an das Geschehen heran holt. Einziger Wermutstropfen: Die NPCs sind nicht variantenreich genug.