Tom Clancy's H.A.W.X. 2
A-Bomben, Separatisten, Terroristen... Das Übliche halt.
Um dieses Manko auszugleichen, seid ihr meist von einem halben Dutzend Feinde umringt, die alle wie wild Raketen auf euch ballern. Gegen eine solche Übermacht wird rationaler Dogfight sinnlos, also rudert man wie ein Irrer herum und wartet auf einen günstigen Schussmoment. Und wisst ihr was? Das funktioniert super. In der ganzen Kampagne, gespielt auf dem mittleren Härtegrad, wurde ich vielleicht fünf- oder sechsmal abgeschossen. Zumindest bis zum letzten Viertel des Spiels, in dem dann überdeutlich wird, mit was für lobotomisierten Streifenhörnchen ihr euch als Wingmen herumschlagen müsst.
Die KI umkreist euch mit drei bis vier Maschinen auf einmal und zwar grundsätzlich. Schießt ihr eine ab, wird eine weitere ihren Pseudo-Reigen mit dem Freund-KI-Jet abbrechen und sich zu euch gesellen. Diese vier Maschinen halten extrem kurze Distanz, unter einem Kilometer, sodass sich nur selten Gelegenheit bietet, die Zielerfassung der Raketen zu nutzen. Versucht ihr ein wenig Abstand für einen Schuss zu gewinnen oder brecht das wilde Hinterherkurblen auch nur für eine Sekunde ab, zeigt sich, dass die Feinde untereinander weit besser zusammenarbeiten.
So eine gegnerische Übermacht kommt vor und ist legitim, hat man ja bei Top Gun auch gesehen. Iceman wäre komplett hinüber gewesen, nur hatte er einen Wingman dabei, der nicht nur Vogelfutter unter der Schädeldecke hatte. Dieser lenkte die Angreifer a, und schon hat man zwei oder drei Sekunden Spielraum für einen Gegenangriff. Hier hilft euch keiner, selbst wenn ihr in unmittelbarer Nähe seid. Es gibt keine Kommandos, die man geben könnte. Alles was euch bleibt, ist wie ein Bescheuerter zu drehen und wenden und auf den Gelegenheitstreffer mit der Bord-MG zu spekulieren. Das. Macht. Keinen. Spaß.
Sofort habt ihr eine bis drei Raketen am Hintern und, habt ihr keine der wenigen und wertvollen Düppel mehr im Arsenal, müsst ihr schnell zurück in enge Kurven und damit wieder in das Nah-Getümmel. Selbst mit einer Übermacht von vier zu eins wird dieser eine Jet sich nur auf euch konzentrieren und es dauerte geschlagene fünf Minuten, bis meine Flügelmänner ihn endlich abschossen.
Hab ich ausprobiert und auf die Uhr geschaut. Das ist richtig, drei erwachsene Jet-Flieger waren nicht in der Lage, mit zielsuchenden Raketen einen einzelnen Fighter, der sich nicht um sie kümmerte, in weniger als fünf Minuten vom Himmel zu holen. Spät im Spiel könnt ihr sogar Ziele direkt an die Wingmen verteilen. Nur bringt das leider nicht viel. Sie sind einfach zu schlecht.
Das Anvisieren der Feinde bleibt auch ein Fall für sich. Selbst Action-Flusis haben in der Regel eine Möglichkeit, den Feind auf Knopfdruck anzuvisieren, der mir am Nächsten ist, oder von da aus durchzuschalten. Hier wird angepeilt, was euch direkt vor der Nase sitzt. Seid ihr im Tiefflug, um einen Panzer in Moskau auszuschalten, dann passiert es schnell, dass irgendwas in 15 Kilometern Entfernung aufs Korn genommen wird anstatt das Gefährt kurz vor euch. Die Nase drücken empfiehlt sich nicht, also heißt es nach oben, neuen Anflug starten und von vorne. Dabei hätte die Rakete keine Probleme mit dem Winkel gehabt, nur ließ sich halt das Ziel nicht erfassen, ohne den Flieger in das GUM zu setzen.
Neben einigen Abstürzen beim Versuch, doch noch ein eigentlich offensichtliches Ziel mit der Nase des Fliegers anzupeilen, brachten mir die höchste Ausfallquoten nicht die Gegner, sondern die absolute, erbarmungswürdige, unterirdische Unfähigkeit der eigenen Truppen in Verbindung mit willkürlichen Verlustraten und Zeitlimits.
Der Aufbau der großen Missionen läuft in Phasen ab. Die Karte zeigt zuerst rotes Terrain, das sich in Etappen grün färbt, je nachdem, wie weit die Freundverbände am Boden vorrücken konnten. Trotz reger Beteiligung - oder vielmehr Anwesenheit - befreundeter Truppen, hängt dieses Fortkommen nur von euch ab, was so auch richtig ist. Man ist der Spieler, der gewinnen soll, und nicht die KI. Wenn jetzt aber plötzlich und recht willkürlich die Prozentzahl des Zustandes der eigenen Bodeneinheiten, die sich gerade aufreiben lassen, sinken und schließlich Null erreichen, heißt es Game Over. Eine andere, krudere Form eines Zeitlimits, schwer abschätzbar und nervig.
Nervig? Ist nicht vielleicht der Redakteur einfach nur zu doof, rechtzeitig siegreich zu sein? Ja, stellenweise vielleicht schon und eine Aufgabe ist auch da, um gemeistert zu werden. Insoweit ist diese Anti-Beteiligung der eigenen Truppen verzeihlich. Das Problem dabei heißt im Englischen "willing suspension of disbelief" oder, grob und kontextuell übsersetzt, das willentliche Einlassen des Spielers auf unmögliche oder zumindest sehr unwahrscheinliche Vorgaben eines Spiels. Es wird ein "das ist halt so" vorgegeben und der Spieler kann das nun für sich akzeptieren oder auch nicht.
Hier muss ich mich halt innerlich davon überzeugen, dass hochtrainierte und hochspezialisierte Kampfverbände wie die Lemminge vorrücken und sich zu Klump ballern lassen, anstatt in Deckung auf die Luftunterstützung zu warten. So wie es hier transportiert wird, fällt es mir schwer. Selbst mit einem simplen Timer hätte ich besser leben können. So fühle ich mich zu sehr einer unüberschaubaren Willkür ausgesetzt. In einem Verteidigungsszenario habe ich damit kein Problem. Im Angriff kaufe ich dem Spiel das nicht ab und fühle mich massiv verärgert. Zumal ich meine Bewaffnung bei einem solchen Angriffsflug - oder irgendeiner Mission innerhalb der Kampagne - nicht selbst wählen darf. Warum nehme ich zu einem Bodenkampf-Unterstützungs-Einsatz mit gemischten Luft- und Bodenzielen keine Anti-Boden-Waffen mit? Keine Antwort...